Projektbezogener Maschinen- und Anlagenbau: So lassen sich 4.500 Arbeitsstunden pro Jahr einsparen
Digitale Lieferantendokumentation. (Bildquelle: Tom Werner via GettyImages)
Der wirtschaftliche Druck auf deutsche Maschinen- und Anlagenbauer ist bekanntlich sehr hoch. Um ihre internationale Spitzenposition zu erhalten, setzen immer mehr heimische Anbieter auf moderne Technologien rund um das Themenfeld digitale Transformation. Das Spektrum reicht von Initiativen in Bereichen wie Internet of Things (IoT) mit seinen vernetzten Anlagen und Maschinen, Industrie 4.0 und Smart Factory bis hin zu Big Data und Künstlicher Intelligenz.
Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. In der IMU-Studie „Digitale Transformation im Maschinen- und Anlagenbau“ wird dem Produktionsbereich der Maschinen- und Anlagenbauer zwar ein gutes Zeugnis ausgestellt, bei der Digitalisierung von Verwaltungsprozessen aber hinken viele Unternehmen hinterher.
Nicht oder nur mangelhaft digitalisierte Prozesse wirken sich besonders im Projektmanagement aus. Zeitliche Verzögerungen führen nicht nur zu Unzufriedenheit beim Kunden, sondern bei Verletzung von Vertragspflichten auch zu unnötigen Zusatzkosten – etwa in Form von Konventionalstrafen. Das gilt insbesondere für große Anlagen oder Spezialmaschinen, an denen eine große Anzahl von Lieferanten beteiligt sind.
Wie sich eine intelligente Digitalisierung auf interne Prozesse in der Maschinen- und Anlagenbaubranche auswirkt, soll anhand folgender Case Study illustriert werden.
Auf der Suche nach einer End-to-end-Digitalisierung
Der KSB Konzern zählt zu den führenden Anbietern von hochwertigen Pumpen, Armaturen und zugehörigen Systemen. Das 1871 in Frankenthal gegründete Unternehmen ist mit seinen mehr als 15.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf allen Kontinenten vertreten.
Vor der Einführung einer cloudbasierten Lieferantendokumentation tauschten die Projektpartner und Lieferanten von KSB Informationen per E-Mail und Dateianhängen aus. Eine konzernweite Ablagestruktur, die zentral gesteuert werden konnte, existierte nicht. Stattdessen waren wichtige Auftragsinformationen in diversen Postfächern oder in abteilungsinternen Systemen gespeichert. Das brachte folgende Nachteile mit sich: Für die Projektbeteiligten war es oft sehr aufwendig und zeitintensiv, bestimmte Informationen zu finden. Auch war es schwierig, den aktuellen Status von notwendigen Dokumentationen zu ermitteln.
Dies ging so weit, dass Vertragsstrafen drohten, weil nicht sofort ersichtlich war, dass Lieferanten bei der Bereitstellung von benötigten Unterlagen säumig waren. Um die Situation in den Griff zu bekommen, waren umfangreiche manuelle Kontrollen notwendig, die in der Regel sehr viel Zeit kosteten. So betrug allein der Aufwand für die Terminverfolgung zur Beschaffung der benötigten Unterlagen für jedes einzelne Projekt rund 130 Stunden.
Angesichts dieser Situation entschloss sich KSB, eine cloudbasierte Plattform einzuführen, die unter anderem folgende Aufgaben erfüllen sollte:
- zentrale Steuerung der Lieferantendokumentation mit möglichst transparenten und schlanken Prozessen
- Anbindung an das vorhandene SAP-System, um Kundenauftrags- und Bestellnummer mit der Dokumentation zu verknüpfen
- automatische Terminverfolgung mit Erinnerungsfunktion
- Auswertungsmöglichkeit der Lieferperformance und Termintreue der Lieferanten, um das Risiko zu minimieren und mögliche Vertragsstrafen zu vermeiden
- moderne Benutzeroberfläche und einfache Bedienung
Insgesamt wollte man Lieferanten besser in den Prozess einbinden, um zeitgerecht auf mögliche Probleme aufmerksam machen zu können. Die neue Lösung sollte außerdem KSB dabei unterstützen, die Transparenz gegenüber dem Kunden zu erhöhen und die eigene Performance besser abzubilden.
Um die von KSB formulierten Ziele zu erreichen, braucht es eine Lösung, die die gewünschten Funktionen vereint – und das optimalerweise als Teil des Standardprodukts. Zu den wichtigsten Säulen eines modernen Lieferantendokumentationssystems gehören folgende Aspekte:
Eine digitale Lieferantendokumentation sollte auf einer Cloud basieren, um die nahtlose Zusammenarbeit über Länder-, Unternehmens- und Abteilungsgrenzen hinweg zu garantieren, wobei alle Projektbeteiligten entlang der Supply-Chain in einem einzigen System integriert sind.
Alle Informationen sind an einem zentralen Ort in der Cloud gespeichert. Durch klare Ablagestrukturen, Statusanzeige und integriertes Fristenmanagement behalten alle Projektbeteiligten je nach Berechtigungsstufe jederzeit den Gesamtüberblick über Dokumentationsstand, anstehende Aufgaben und Abgabetermine. Zudem kann jede Bearbeitung und Freigabe von Dokumenten – internen, wie auch externen – revisionssicher festgehalten werden.
Eine moderne Lieferantendokumentation sollte Anlagen- und Maschinenbauern die Möglichkeit eröffnen, effizient die Dokumentationen ihrer Lieferanten zu überprüfen und diese zu einer normen- und richtlinienkonformen Gesamtdokumentation zusammenzufügen. Die regelbasierte Vollständigkeitskontrolle und automatisierte Fristenverwaltung sorgen dafür, dass alle Aufgaben rechtzeitig erledigt werden. Damit gehört der umständliche E-Mail-Austausch der Vergangenheit an.
Eine digitalisierte End-to-end-Lösung sollte über einen grafischen Prozesseditor verfügen, mit dem sich maßgeschneiderte und unternehmensübergreifende Prozesse erstellen lassen – und das optimalerweise ohne Programmierkenntnisse. Auf diese Weise können Lieferanten und Kunden unkompliziert in Prozesse integriert werden.
Sind die Prozesse einmal definiert, sorgen automatisch versendete Terminerinnerungen dafür, dass Aufgaben rechtzeitig erledigt und keine Fristen und Abgabetermine versäumt werden.
Das Produkt einer modernen Lieferantendokumentationslösung sollte von Haus aus über zahlreiche standardisierte Schnittstellen zur Anbindung an bestehende ERP- (SAP), CRM- und PIM-Systeme verfügen. Damit entfällt die manuelle Datenpflege.
Durch Dokumentenvorlagen und zentral verwaltete Textbausteine kann die Erstellung der Gesamtdokumentation unterstützt und beschleunigt werden. Dokumentenvorlagen sorgen zudem für ein einheitliches Erscheinungsbild. Fertige Textbausteine, die direkt im Textverarbeitungsprogramm verwendet werden können, unterstützen bei der Konsistenz von Formulierungen wie Warnhinweisen.
Da in vielen Fällen mit sensiblen Daten hantiert wird, sollte ein ausgeklügeltes Rollen- und Rechtekonzept kombiniert mit einer Zwei-Faktor-Authentifizierung beim Login dafür sorgen, dass nur befugte Personen auf Informationen und Dokumente zugreifen können. Damit ist klar geregelt, wer welche Inhalte sehen, bearbeiten, prüfen oder freigeben darf. Sämtliche Zugriffe auf Dokumente werden zudem protokolliert.
Last but not least sorgt eine intuitive, webbasierte Benutzeroberfläche, die in mehreren Sprachen verfügbar sein sollte, für eine hohe Usability.
So profitiert KSB von einer modernen Lösung
Mit der Einführung eines prozessorientierten Lieferantendokumentationssystems auf Cloud-Basis konnte KSB die formulierten Ziele erreichen. Als eine der Kernanforderungen sind nun die Projektunterlagen zentral abgelegt und weltweit verfügbar. Das bedeutet unter anderem, dass alle Personen, die an einem Auftrag beteiligt sind, sowie die Lieferanten den aktuellen Dokumentationsstand je nach Berechtigungsstufe abrufen können. Eine weitere Stärke des neuen Systems ist die hohe Usability: ein Webbrowser mit Internetverbindung genügt für die vollständige Nutzung.
Christian Strobl, Operativer Einkauf Pumpen & Systeme Pegnitz KSB SE & Co. KGaA, beschreibt die Vorteile wie folgt: „Der Zugriff auf die digitale Lieferantendokumentation ist flexibel handhabbar. Wenn wir einen neuen Zulieferer beispielsweise aus Chile hinzufügen, kann sich dieser genauso einfach anmelden wie der Zulieferer aus Frankreich – ohne Software installieren zu müssen.“
Dank eines intelligenten Massenuploads lässt sich auch bei der Erstellung der Kundendokumentation viel Zeit einsparen. Der Upload funktioniert so: Die Dokumente des Kunden werden nach den Vorgaben von KSB automatisch unbenannt und gemeinsam mit den Kommentaren den jeweiligen Bestellpositionen des Auftrags zugeordnet. Zuvor mussten diese Aufgaben manuell erledigt werden.
Ein weiteres Beispiel dafür, wie die neue Plattform die Effizienz und Qualität im Projektmanagement verbessert, bieten die zahlreichen Funktionen im Bereich Zusammenarbeit. So sind beispielsweise Anmerkungen zu Dokumenten möglich, die entweder nur für KSB-Mitarbeiter lesbar sind oder für alle Beteiligten.
Kurz gesagt: Mit der neuen prozessorientierten Lieferantendokumentation auf Cloud-Basis existiert bei KSB nur noch eine weltweite Plattform für die gesamte Kommunikation, Dokumentensteuerung und -bearbeitung mit Lieferanten und Kunden.
Autor: Andreas Dangl ist Business Unit Executive für Cloud-Services bei Fabasoft. In seiner Funktion ist er für die strategische Positionierung der Fabasoft Cloud zuständig. Darüber hinaus berät und unterstützt er Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen bei der Einführung von Cloud-Lösungen.