Bier aus Bag-in-Box-Verpackungen statt aus dem KEG – ein Start-up nutzt bewährte Getränkepumpen von Xylem
Bag-in-Box-Systeme für Getränke sind weitverbreitet. Es gibt sie für Wein, Fruchtsaft und Erfrischungsgetränke. Kohlensäurehaltiges Bier dagegen zapft der Wirt in der Regel aus KEGs. Das könnte sich bald ändern. Mit einem neuartigen System gelang Carbotek Systems die Beer-in-Box-Kombination. Keine Experimente machten die Entwickler bei der Technik für die Zapfanlage – und wählten eine bewährte Xylem-Getränkepumpe Marke Flojet.
Auf großer Fahrt: Drei Kreuzfahrtschiffe nutzen bereits das Beer-in-Box-System. Die Cruiser schenken unter anderem Ankerbräu aus – ein großer Erfolg für die mittelständische Brauerei. (Foto: Xylem)
Bier aus Plastikbeuteln – schmeckt das überhaupt? Auf dem Xylem-Stand auf der Brau Beviale 2016 konnten sich die Besucher überzeugen. Das frisch gezapfte Ankerbräu, egal ob Helles oder Hefeweißbier, ist einwandfrei und irgendwie besonders spritzig. Ein Blick unter die Theke offenbart auch dem Skeptiker: Tatsächlich, hier steht nicht doch ein geheimes Fässchen, aus dem sich der Herr an der Zapfanlage bedient. Sondern eine einfache Pappschachtel mit einem Innenleben aus Kunststoff, ganz so wie man es von Wein, im Gastronomiebereich auch von Fruchtsäften etc. kennt.
Beer-in-Box nennt Florian Koch das System. Er ist einer der Väter der Idee und heute Geschäftsführer der Firma Carbotek Systems aus Nördlingen. Seit 2006 tüftelt er daran, das Bag-in-Box-System auch für kohlensäurehaltige Getränke einsetzen zu können. Wer ihn auf der Brau Beviale 2015 sprechen will, muss sich hinten anstellen. Es sind auffällig viele englischsprachige Besucher, die ihn auf dem Xylem-Stand suchen. Der Pumpenanbieter Xylem bietet seinem Kunden eine Anlaufstelle – und nutzt auch sehr gerne seine Entwicklung für den Messeausschank: die Beer-in-Box-Zapfstelle Marke Carbotek, in der eine zuverlässige, bewährte Xylem-Pumpe des Typs Flojet G55 verbaut ist.
Entgastes Bier für die Reise nach Übersee
Das Carbotek-System mit der „pneumatisch gesteuerten Inline-Carbonisierung“, wie sie der gelernte Brauer Koch nennt, ist nun seit 2009 bereits in einer ersten Variante auf dem Markt. Einer der ersten großen Anwender war TUI Cruises, die auf einem ihrer Kreuzfahrtschiffe Mein Schiff die Beer-in-Box-Technologie einführte. Zum Ausschank kam Ankerbräu. Denn in der mittelständischen Brauerei im Süden Deutschlands entstand die Idee. Man wollte stärker in den Export einsteigen – und suchte nach einer Möglichkeit, auch in Märkte auszuführen, bei denen das Rücknahmesystem mit wiederverwendbaren KEGs hemmend wirkte. Koch, damals Mitglied in der Geschäftsleitung der Ankerbräu, blickt zurück: „Das allererste Mal dachten wir darüber nach, als im heißen Sommer 2003 ein Engpass an KEGs entstand. Nur für die Absatz-Spitzenmonate hätten wir eine ordentliche Menge der wiederbefüllbaren Behälter auf Lager legen müssen. Im Rest des Jahres wäre das totes Kapital.“
2006 schließlich begannen Koch, der nach der Brauerlehre ein Wirtschaftsinformatik-Studium absolvierte, und der damalige Braumeister Fischer die Idee Wirklichkeit werden zu lassen. Mal eben das Bier entgasen – und schließlich wieder Kohlendioxid in der Schankanlage zusetzen, das klingt einfacher als es ist. Nicht nur die Technik zum Zapfen des Bieres, die natürlich ebenso leicht handhabbar und reinigbar wie übliche Schankanlagen-Systeme sein sollte, war zu entwickeln. Auch die Produktionsanlagen für die Brauereien sowie das Verpackungsequipment. Glücklicherweise war die Ankerbräu äußerst erfinderisch. Koch trieb die Entwicklung des Bag-in-Box-Systems voran – und konnte alles sofort testen: Die Entkarbonisierung, die sich an den traditionellen Brauprozess anschließt, eine Pasteurisiereinheit und das Abfüllsystem in 25-l-Bag-in-Box-Behälter. Und vor allem die Akzeptanz der Brauerei-Kunden. Man kann sich vorstellen, dass die Verantwortlichen bei der Ankerbräu auf den Geschäftsabschluss mit Tui mit einigen „Bag-in-Boxes“ angestoßen haben.
Bewährte Getränkepumpe des Marktführers in der Carbonisieranlage
Heute ist die Carbotek mit Florian Koch an der Spitze rechtlich aus der Ankerbräu ausgegliedert – und versteht sich als kleines, agiles Start-up mit ehrgeizigen Zielen. Das Interesse für das Beer-in-Box-System ist groß. Und natürlich läuft längst nicht mehr nur Ankerbräu durch die Zapfanlagen. Was jedoch gleich geblieben ist, ist die Pumpenart, die Kochs Mitarbeiter dort verbauen. Florian Koch begründet die Entscheidung für die Xylem-Pumpe: „Die Marke Flojet ist äußerst bekannt. Das von uns gewählte Modell G55 ist eine eingeführte Getränkepumpe, die sich in zahlreichen Schankanlagen für Wein, Sirup und Säfte bewährt. Xylem ist meiner Einschätzung nach mit den Flojet-Pumpen in diesem Sektor Marktführer. Da ist es für uns naheliegend, diese bewährten Allrounder einzusetzen.“ Er wählte ein Modell mit Vakuumschalter, der automatisch abschaltet, wenn der Bag leer ist. Mit ihm darf ordentlich gezapft werden: Laut Herstellerangaben eignet sich die Pumpe zur Förderung von 270.000 Litern bei einer Leistung bis zu 26,5 l/min und einem Förderdruck bis 6,9 bar. Xylem gibt fünf Jahre Garantie darauf. Besonders wichtig für Koch waren aber die Zulassungen nach NSF, FDA, CE und SK. „Wir konnten die Standardausführung der Pumpe einsetzen, die auch unsere Bedingungen an die leichte Reinigbarkeit wie gewohnt erfüllt“, lobt Koch.
Auf „Mein Schiff“ stoßen Kreuzfahrer mit einem zünftigen Beer-in-Box an
Inzwischen gehen Bag-in-Box-Behälter auf Paletten auf die Reise durch die ganze Welt – auf mittlerweile drei der der TUI Cruises Kreuzfahrtschiffen. Das entgaste Bier, verpackt in Beutel statt Kegs, belastet die Schiffsbeladung sehr viel weniger. Und viel leichter und vor allem einfach zu entsorgen sind die leeren Beutel auch.
Derartige Supply-Chain-Überlegungen sind es bei vielen Brauereien und Endabnehmern wie Tui, die sich für Beer-in-Box interessieren. Dass sich das Einwegsystem rechnet, belegt Koch mit einem beispielhaften Kostenvergleich. Natürlich muss zunächst einmal in das Produktions-Equipment in der Brauerei investiert werden. Bei einem Ausstoß von 10.000 hl jährlich setzt Koch dafür Kosten von 1,10 Euro pro Hektoliter an. Hinzu kommen rund 300 Euro für die sogenannte Carbo-Box, bestehend aus Pumpe und Carbonator. Zu berücksichtigen sind auch Verpackungsmaterial und Logistikkosten. Bei all diesen Faktoren schneidet ein KEG-System deutlich teurer ab, besonders signifikant beim Produktionsequipment, beim Verpackungsmaterial und den Logistikkosten über weite Distanzen ab 500 km oder Überseetransport.
Mittelgroße Brauereien setzen Beer-in-Box schneller ein – besonders in England
Eine große Idee, die überzeugt – aber ihre Zeit braucht. Mittelständische Brauereien seien schneller bereit, von Kegs auf Beer-in-Box umzustellen oder beides nebeneinander zu betreiben, so die Erfahrung des Carbotek-Geschäftsführers. „Bei den Großkonzernen dauern diese Entscheidungen sehr lange, da viele Abteilungen daran beteiligt sind. Und auch deutsche Brauereien tun sich schwer mit der Umstellung.“ Großprojekte finden sich daher bislang vor allem in Übersee, in Brasilien beispielsweise. Besonders gut entwickelt sich der englische Markt, für den die Beer-in-Box-Lösung auch für den Inlandsversand gerne genutzt wird. In der Regel befindet sich das Zapfsystem mit Carbonator und Pumpe dort für zwei oder drei Biersorten im Einsatz hinterm Tresen, einträchtig neben konventionellen KEG-Zapfanlagen.
Den Brauereien, die die Carbotek-Lösung einsetzen, empfiehlt Koch eine Füller-Lösung des Anlagenbauers Alfa Laval. Wählt die Brauerei aber ein Füllersystem eines anderen Anlagenbauers, unterstützt Carbotek ebenfalls bei eventuell nötigen Anpassungen. Das Nördlinger Startup beschränkt sich auf der Produktionsseite jedoch auf die Engineering-Leistung zur Implementierung der Technik für die Entgasung und Abfüllung.
Qualitätsverbesserung durch elektronische Carbonatoren
Die Carbonisierungstechnik dagegen entsteht in der neuen kleinen Produktion bei Carbotek direkt. Und dort stehen die Zeichen auf Optimierung und Weiterentwicklung. „Die Zukunft sind elektronische Carbonatoren die sehr genaue CO2 Zielwerte ermöglichen“, erläutert Koch bei der Frage nach zukünftigen Weiterentwicklungspotenzialen. Auch könne man den Systemansatz für Bag-in-Box auf andere schaumbildende Getränke erweitern, etwa Cider. Und auch das Zusammenführen mehrerer Flüssigkeitsströme und Gase ist denkbar. „Das heute schon in vielen Brauereien erzeugte High Gravity-Beer könnte man somit in Beer-in-Box-Verpackungen ausliefern und erst vor Ort durch die Zugabe von Wasser und CO2 fertigstellen“, konkretisiert der Carbotek-Geschäftsführer eine weitere Idee.
Xylem – ein Wunschpartner für die weitere Entwicklung
Bei all diesen Entwicklungsideen möchte er einen starken strategischen Partner wie Xylem gerne ins Boot nehmen. Die Entwicklungsabteilungen dort – in USA und England – sowie der Xylem-Partner ISG, spezialisiert auf Food & Beverage-Lösungen, könnten beim Wachsen der Carbotek-Idee hilfreich sein. So kann es bald vielen Brauereien so gehen, wie der, bei der Beer-in-Box einst Premiere hatte. Bei Ankerbräu laufen inzwischen rund 35 Prozent der Jahresproduktion über das Carbotek-System – die Box ist ein äußerst wichtiger Gebindebaustein für den Export. Und das Bier ist nicht nur durch die Kehlen 1000er Kreuzfahrer gelaufen. Auch die angehenden Braumeister aus Weihenstephan haben Beer-in-Box in einer Blindverkostung für gut befunden.