6. OWL Abwassertag bei Pentair Jung Pumpen
130 Zuhörer haben am 7. November 2013 am 6. OWL Abwassertag im Forum von Jung Pumpen in Steinhagen teilgenommen. Im Zentrum der Tagung standen die künftigen Herausforderungen für die Abwasserwirtschaft unter dem Motto „Abwasser im Wandel“. Dabei spielte auch die viel diskutierte Dichtheitsprüfung von Grundstücksentwässerungsanlagen eine wesentliche Rolle.
Die Diskussion über den Sinn und Zweck, die Fristen sowie die finanzielle Angemessenheit der Dichtheitsprüfung ist in den vergangenen Jahren heftig und leider wenig sachlich geführt worden. Dem Thema „Dichtheitsprüfung“ (oder besser: „Zustands- und Funktionsprüfung“) wurde - auch bedingt durch die Landtagswahl 2012 in NRW - seitens der Kommunen wenig Beachtung geschenkt. Nach der Neuformierung des Landtages wurde aber wieder aktiv an einer Neuregelung gearbeitet, die im März 2013 in Kraft getreten ist.
Dichtheitsprüfung – ein reizbares Thema
Im einleitenden Vortrag stellte RBD Dipl.-Ing. Bert Schumacher, Hauptdezernent für Abfallwirtschaft von der Bezirksregierung Detmold, die neuen rechtlichen Regelungen zur Zustandserfassung von Grundstücksentwässerungsleitungen vor. Neben den bekannten Modifikationen im Gesetz, so z.B. dass vor allem Rohrleitungen in Wasserschutzgebieten unter Fristsetzungen zu prüfen sind, wurde deutlich gemacht, dass die Kommunen die Freiheit erhalten, per Satzung eigene Vorgaben auch außerhalb von Wasserschutzzonen zu machen. Von diesen „Freiheiten“ soll dann Gebrauch gemacht werden, wenn durch Fremdwasser eine zu starke Belastung auf den Kläranlagen besteht.
Allein dieser Sachverhalt markierte im Laufe der Veranstaltung ein Spannungsfeld zwischen den Referenten. Zwischen dem zuständigen Dezernenten für Wasserwirtschaft im Regierungsbezirk Detmold Bert Schumacher und der Rechtsanwältin für Umweltrecht Daniela Deifuß-Kruse kam es zu einem inhaltlich interessanten Schlagabtausch, in dem die Anwältin mehrere Schwachstellen als „handwerkliche Fehler“ im neuen Gesetz aufdeckte. Im Rahmen ihres Vortrages nahm sie die rechtlichen Aspekte dieser neuen Verordnung, vor allem in Hinblick auf die Durchsetzung und daraus abgeleiteten Rechte und Pflichten für Kommunen, unter die Lupe.
Fremdwasser – ein schwer zu erfassendes Medium
Neben der Exfiltration von Abwasser in unser Grundwasser ist die Infiltration von Grundwasser (Fremdwasser) in das schadhafte Abwasserleitungssystem einer der beiden grundsätzlichen Ansätze für die seit Jahren laufende fachliche Auseinandersetzung mit dieser Thematik. In diesem Zusammenhang ist die Fremdwasserproblematik ein wesentlicher Punkt und wurde ebenfalls durch weitere Vorträge veranschaulicht.
Professorin Dr.-Ing. Austermann-Haun von der Hochschule OWL stellte die Auswirkungen von Fremdwasser auf den Kanal und die verfahrenstechnischen Anlagen auf Kläranlagen dar. So wurden anhand von diversen Untersuchungen auf unterschiedlichen Kläranlagen die Veränderungen und negativen Auswirkungen von Fremdwasser auf Abwassertemperatur, Nitratfracht, Zulaufkonzentrationen, Säurekapazität und letztlich auch auf die Reinigungsleistung (C-, N-, P-Elimination) der Kläranlage verdeutlicht.
In seinem zweiten Vortrag ging RBD Dipl.-Ing. Bert Schumacher speziell auf die Problematik im Umgang mit Drainagewasser auf privaten Grundstücken ein. Drainageanschlüsse sind ein wichtiger Teilaspekt des Fremdwasserproblems und stellen unabhängig vom Landeswassergesetz NRW ein Problem dar. Beim Neubau ist keine Genehmigung für Drainageanschlüsse zu erteilen. Im Bestand befindliche Anschlüsse sind per Satzung i.d.R. nicht erlaubt, aber häufig geduldet, Ausnahmen seien allerdings im Einzelfall erforderlich und vertretbar. Innerhalb von Gebieten mit hoher Fremdwasserproblematik sind kommunale Leitentscheidungen in Abstimmung mit Aufsichtsbehörden über das zukünftige Entwässerungssystem (inkl. DW-Ableitung) erforderlich. Die Leitentscheidung sollte nachhaltige, ressourceneffiziente Lösungen finden und End-of-pipe-Lösungen nur als Ausnahme bei Vorliegen faktischer und monetärer Unverhältnismäßigkeit anderer Lösungsalternativen dulden.
Bürgerinformation – eine kommunale Chance
Abgerundet wurde die Vortragsreihe zur Dichtheitsprüfung durch den Vortrag von Dipl.-Ing. Stefan Buche von der Abwasserbeseitigung Rendsburg. Er berichtete aus dem Blickwinkel der Kommune vom täglichen Umgang mit der Thematik und der daraus resultierenden Unsicherheit und Diskussionen mit den betroffenen Bürgern. Kern der Arbeit mit dem Bürger stellt dabei die allgemeine Information und die umfassende Beratung dar, wobei die Abwasserbeseitigungsbetriebe der Stadt Rendsburg hier nicht nur die Problematik der Dichtheitsprüfung thematisieren. Die Abwasserleitungen werden in Zusammenarbeit mit dem Kunden ganzheitlich unter Berücksichtigung der Aspekte Hygiene, Falsch- und Drainageanschlüsse, Werterhalt, Stand- und Betriebssicherheit, Dokumentation sowie Rückstau- und Überflutungsschutz betrachtet.
Wirkungsgrad versus Zuverlässigkeit
Ein weiterer streitbarer Punkt auf der zukünftigen Agenda der Abwasser-wirtschaft sind die aktuellen Entwicklungen und Gefahren der Energie-Effizienz-Debatte in der EU. Diese Thematik wurde durch Prof. Dr.-Ing. Thamsen von der TU Berlin vorgestellt und diskutiert. Inzwischen liegt der Fokus nicht nur bei Haushaltsgeräten wie Kühlschränken, Waschmaschinen, Staubsaugern oder gar Glühbirnen. Auch die Pumpen-Branche wird kritisch von den EU-Verantwortlichen analysiert. Es gilt sowohl seitens aller Hersteller der Branche als auch seitens der Interessenverbände eine offensive Lobby-Arbeit anzustoßen. Nur so kann eine Abstimmung zwischen Energie-Effizienz auf der einen Seite und maximaler Betriebssicherheit von Pumpen in der Abwassertechnik auf der anderen Seite gesichert werden. Denn dem Betreiber von Abwasseranlagen wird es wenig helfen, wenn die Pumpstation zwar energetisch optimiert betrieben wird, aber die Zuverlässigkeit der Pumpe damit auf der Strecke bleibt. Denn eines muss auch in Zukunft sicher gestellt werden, die Feststoffe müssen ohne Blockade und Verzopfung in der Pumpenhydraulik weitergefördert werden können.
Im abschließenden Vortrag des Tages referierte Dipl.-Ing. Dieter Weismann von der em.consult GmbH über die Planung und den Betrieb von Abwasserfördersystemen bei zukünftig veränderten Rahmenbedingungen. Hierbei wurden die Auswirkungen der Abwasserkonzentration durch verringerte Wasserverbräuche, die demographische Entwicklung, die Veränderungen im Nutzerverhalten (Stichwort: Hygieneartikel) sowie die Abwanderung aus ländlichen Gebieten auf den Betrieb und die Auslegung von Pumpstationen untersucht.
Branchentreff - OWL Abwassertag
Vieles ist in der Abwassertechnik nach wie vor im Wandel. Die Teilnehmer des 6ten OWL Abwassertages konnten sich über aktuelle Neuerungen in der Legislative und Trends in der Branche informieren. Erstmalig wurden die Vorträge durch eine Fachausstellung flankiert. In den Pausen präsentierten die Aussteller Produkte und Verfahren, die im Zusammenhang mit den Vorträgen standen.
Die Chance des Networking haben u.a. auch rund 20 Studentinnen und Studenten der Hochschule Lippe wahrgenommen. Die Teilnehmer/innen konnten damit wertvolle Kontakte zu den Personen aus Wirtschaft und Kommunen knüpfen um ihre eigene berufliche Karriere voran zu treiben.
Am 22. Januar 2015 wird der 7. OWL Abwassertag stattfinden. Die Vorbereitungen haben bereits begonnen, damit das Thema und das Programm spätestens im März 2014 bekanntgegeben werden können.
Bild: Die Veranstalter und Referenten des OWL-Abwassertages: Dr.-Ing. Andreas Kämpf, Dipl.-Ing. Dieter Weismann, Dipl.-Ing. Stefan Buche, Prof. Dr.-Ing. Ute Austermann-Haun, Dipl.-Ing. Bert Schumacher, Daniela Deifuß-Kruse, Prof. Dr.-Ing. Paul Uwe Thamsen, Marco Koch (Foto: Pentair Jung Pumpen)
Quelle: Jung Pumpen GmbH