Internationale Wasser- und Abwasserprojekte: Erfolg und Nachhaltigkeit durch Netzwerke

07.12.2011

Wassermangel durch Bevölkerungswachstum, eine zunehmende Industrialisierung und auch die Folgen des Klimawandels mit seinen regional zum Teil erheblichen Auswirkungen auf Temperaturen und Niederschlagsmengen stellen die Wasserwirtschaft in vielen Ländern vor große Herausforderungen.

Internationale Wasser- und Abwasserprojekte: Erfolg und Nachhaltigkeit durch Netzwerke

Fachtagung der German Water Partnership (GWP) und Wilo in Berlin: Mehr als 100 international tätige GWP-Mitgliedsunternehmen nahmen die Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch wahr. (Foto: Wilo)

Hieraus resultieren zugleich erhebliche Marktpotenziale bei Projekten der Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und Abwasserbehandlung.

Wie deutsche Unternehmen vor diesem Hintergrund im internationalen Projektgeschäft erfolgreich sein können, stand im Mittelpunkt einer gemeinsamen Fachtagung der German Water Partnership (GWP) und des Pumpenherstellers Wilo in Berlin. Mehr als 100 international tätige Mitgliedsunternehmen – Ingenieurgesellschaften und Consultants, Forschungseinrichtungen, Anlagenbauer und Komponentenhersteller – nahmen die Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch wahr. Eine der wichtigsten Botschaften war, dass die Wettbewerbsposition der deutschen Wasserwirtschaft auf den weltweiten Zukunftsmärkten durch Kooperationen und die Bündelung von Know-how weiter gestärkt werden kann.

German Water Partnership – eine Erfolgsgeschichte

Grußworte sprach Dr. Michael Beckereit, Geschäftsführer von Hamburg Wasser und Vorstandsvorsitzender der German Water Partnership. Anschließend griff GWP-Vorstandsmitglied Peter Stamm das Leitmotiv der Veranstaltung „Den Wandel im Netzwerk gestalten“ auf. Der Vertriebsleiter Deutschland, Österreich und Schweiz bei Wilo ist Leiter der GWP-Plattform Information, die unter anderem Daten über Märkte und Zielregionen sammelt, aufbereitet und den Mitgliedern bereitgestellt. Stamm ging zunächst auf die aktuellen und künftigen Herausforderungen der deutschen Wasserkompetenz auf internationalen Märkten ein. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Publikationsreihe „Zwischenruf“ der Leibniz-Wissenschaftsgemeinschaft, die aktuell die sekundären Effekte des globalen Wandels beschreibt. „Nahrungssicherung, Hochwasserschutz und die generellen Effekte des Klimawandels auf das Thema Wasser gebieten international koordiniertes zukunftsorientiertes Handeln“, so das GWP-Vorstandsmitglied. Stamm betonte, dass effiziente, erprobte und nachhaltige Lösungen mit dem Gütesiegel „Made in Germany“ dabei hoch im Kurs stehen.

Mit Blick auf die bisherige Erfolgsgeschichte von German Water Partnership hob er hervor: „GWP stellt sich als Organisation und in Form jedes einzelnen Mitgliedes den Aufgaben und gestaltet beispielsweise in den 16 Länderforen proaktiv und in enger Kooperation mit den ‚Wasserverantwortlichen’ von ausgewählten Fokusländern nachhaltig Zukunft. Das GWP Netzwerk leistet seit der Gründung im April 2008 dank eines enormen ehrenamtlichen Engagements bemerkenswerte Beiträge zur Lösung der weltweiten Wasserprobleme.“ Viele Erfolgsbeispiele bestätigen – so Stamm – die beachtliche internationale Wahrnehmung und Anerkennung der inzwischen über 330 Mitglieder von German Water Partnership.

Nachhaltige Wasserwirtschaft – eine globale Herausforderung

Anschließend beleuchtete Dr. Helge Wendenburg vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) die Aussichten der deutschen Wasserwirtschaft auf dem wachsenden Weltmarkt. Dieser wird im Jahr 2020 mit einem Volumen von rund 800 Mrd. mehr als doppelt so groß sein als 2007. „Der jetzige Anteil der deutschen Wasserwirtschaft am Weltmarkt ist mit zur Zeit rund 10 Prozent sicherlich noch ausbaufähig“, ergänzte Dr. Wendenburg in diesem Zusammenhang. Mit der Gründung von German Water Partnership habe die deutsche Wasserwirtschaft auf diese Chance und Herausforderung reagiert.

„Die unterschiedliche demographische Entwicklung, die unterschiedliche wirtschaftliche Dynamik in Industrie- und Entwicklungsstaaten sowie die regional spezifischen Auswirkungen des Klimawandels stellen uns vor große Herausforderungen“, stellte der Vertreter des Bundesumweltministeriums fest. Hier sei internationale Kooperation auf allen Ebenen genauso gefragt wie die Entwicklung und Umsetzung lokal angepasster Lösungen. Er betonte, dass die Erreichung der Entwicklungsziele in den Bereichen Energieversorgung, Ernährungssicherheit und Wasserbewirtschaftung wesentlich davon abhängen, ob Wasser in ausreichender Quantität und Qualität verfügbar ist. Die Integration verschiedener Politikfelder mit Querbezügen zu Wasser müsse daher national und international unbedingt weiter vorangetrieben werden.

Entwicklungszusammenarbeit und Wasserwirtschaft

„Die Kooperationserfahrungen zwischen deutscher Wasserwirtschaft und deutscher Entwicklungszusammenarbeit sind positiv – dies gilt es auszubauen“, lautete der Appell von Cornelia Richter, Leiterin des Fach- und Methodenbereichs in der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Dabei führte sie drei Gründe an. So werden zunächst über Entwicklungspartnerschaften und andere Kooperationsformen Präzedenzfälle und Lernerfahrungen in den Partnerländern geschaffen. Außerdem werden so technologische Neuerungen bekannt und die Produkte der deutschen Wirtschaft in Ländern nachgefragt, in denen der Markt dafür noch nicht vorhanden war. Dies zeige sich beispielsweise in der Nachfrage nach effizienter Wasserpumpentechnologie in Jordanien, wo die GIZ unter anderem mit Wilo kooperiert habe. Hinzu komme das Engagement der Wirtschaft in den Partnerländern selbst. Hier eröffnen sich, so Richter, Kooperationsmöglichkeiten jenseits staatlicher Strukturen: In vielen Fällen können deutsche Firmen Partner im lokalen Privatsektor finden und Synergien zwischen Technologieanbietern und Kennern lokaler Marktmechanismen nutzen. Außerdem sei es für Anbieter der deutschen Wasserwirtschaft möglich, beispielsweise in Kooperationen mit der GIZ ihre Lösungen dort anzubringen, wo sie konkret benötigt werden: „Hier sind Lokalkenntnis und Zugang der GIZ zu Entscheidungsträgern entscheidende Vorteile, die genutzt werden können“, so Richters Angebot an die Teilnehmer.

Wasserressourcen-Projekte in Ecuador

Welche Projektpotenziale das Land Ecuador bietet, erläuterte Jorge Jurado, Botschafter der auf dem Äquator gelegenen südamerikanischen Republik. Er hob zunächst die hohe Verfügbarkeit der Ressource Wasser für Energiegewinnung und Landwirtschaft hervor. In den vergangenen fünf Jahren habe die Regierung Ecuadors eine ganzheitliche Wassernutzungsstrategie entwickelt, damit das Wasser in den verschiedenen Umwandlungs- und Verbrauchsbereichen optimal verwendet werden kann. Neben Wasserkraftprojekten zur Erzeugung von Energie werden dabei vor allem Hydraulikprojekte zur Regulierung der Wassermenge umgesetzt. Ihr Ziel ist, in den verschiedenen Regionen des Landes ganzjährig eine landwirtschaftliche Produktion zu ermöglichen. Im Mittelpunkt stehen dabei – so Jurado – Projekte zur Regulierung der Wassermenge, zur Dränage und zur Umleitung zwischen unterschiedlichen Flussbecken. Die erforderliche Gesamtinvestitionssumme beläuft sich auf 1,33 Mrd. US-Dollar. „Im städtischen Raum besteht Bedarf an technischem Know-how bezüglich der Trinkwasser- sowie Abwasseraufbereitung, aber auch bei der Finanzierung. Diese Projekte wurden als strategisch bewertet und sind Teil des Planungsprogramms des ecuadorianischen Staates“, erläuterte der Botschafter. Er lud die Mitglieder von German Water Partnership ein, Ecuador als Land zu entdecken, welches im Rahmen seiner nachhaltigen Entwicklung sehr gute Geschäftsmöglichkeiten bietet.

MENA-Region: Chancen und Herausforderungen im Wassersektor

Investitionen in den Wassersektor im Nahen und Mittleren Osten sowie in Nordafrika standen im Mittelpunkt des Vortrags von Martin Kalhöfer. Er ist Bereichsleiter Afrika/Nahost bei Germany Trade & Invest (gtai), der Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Bundesrepublik Deutschland. Zur so genannten MENA-Region (Middle East & North Africa) zählen rund 20 Länder, die sich von der Abhängigkeit von Öl und Gas lösen wollen und verstärkt auf den Aufbau von Industrie und Dienstleistungen setzen. Ein weiterer wichtiger Wachstumstreiber ist die hohe Bevölkerungszunahme. Dabei haben Trinkwassergewinnung, nachhaltiges Ressourcen-Management und Abwasserbehandlung elementare Bedeutung.

Technologien und Anlagen deutscher Unternehmen, so Kalhöfer, besitzen dabei einen ausgezeichneten Ruf. Er wies allerdings darauf hin, dass die deutschen Ausfuhren von Maschinen für die Filterung und Reinigung von Wasser in die MENA-Länder in den letzten beiden Jahren stark zurückgegangen sind. Vor allem in der Golfregion, so der Experte, kam es im Zuge der Finanzkrise zu einem Einbruch. Insgesamt gingen zwischen 2008 und 2010 die deutschen Exporte von Wassertechnik in die MENA-Region von 72 Mrd. Euro auf 56 Mio. Euro zurück. „Doch die Branche kann optimistisch in die Zukunft blicken“, so sein Ausblick. In allen Ländern seien Projekte bei der Meerwasserentsalzung sowie bei Wasserversorgung, -aufbereitung und dem Netzausbau geplant. Ein Schwergewicht liege derzeit unter anderem in Saudi-Arabien, wo sich allein wasserwirtschaftliche Projekte im Wert von etwa 18 Mrd. US-Dollar in der Durchführungsphase bzw. in Vorbereitung befinden. Den Anbietern empfiehlt Kalhöfer eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit den ausschreibenden Stellen und die Bildung von Netzwerken.

Erfolgreiche Projektdurchführung in der MENA Region

Einen Überblick zur konkreten Projektdurchführung in der MENA-Region gab anschließend Dieter Jakob von der IGIP Ingenieurgesellschaft für Internationale Planungsaufgaben. Er verwies auf eine Vielzahl laufender und geplanter Wasserversorgungs- und Abwasserprojekte. Nach Angaben der Weltbank wird der Investmentbedarf auch ohne die Golfstaaten in der Region für die nächsten zehn Jahre auf 40 Mrd. US-Dollar geschätzt. Jakob gab vor dem Hintergrund der regionalen Besonderheiten Empfehlungen für die erfolgreiche Teilnahme an Ausschreibungen, zur Bildung von Netzwerken und zur Lösung von Konfliktsituationen.

Zunächst komme es darauf an, sich möglichst früh über geplante Projekte zu informieren, so beispielsweise durch die Nachrichten für den Außenhandel (NfA), durch German Water Partnership und vor allem über lokale Netzwerke. Für die Ausschreibungsphase selbst gab Jakob konkrete Hinweise zu Ausschreibungsstandards, Bearbeitung und Personalanforderungen. Zudem empfahl er, möglichst Arbeitsgemeinschaften mit lokalen Partnern zu bilden, um von deren Vor-Ort-Präsenz sowie Kenntnissen von Sprache und lokalen Rahmenbedingungen zu profitieren. In Konfliktsituationen seien die Verhandlungsmöglichkeiten oft besser als in Deutschland, eine gemeinsame Suche nach einem Kompromiss meist sinnvoll. Wichtig sei auch die Beachtung regionaler Besonderheiten, beispielsweise im Fastenmonat Ramadan.

AKIZ – Abwasserkonzepte für Industriezonen in Vietnam

Prof. Dr. Dr. Karl-Ulrich Rudolph vom Institut für Umwelttechnik und Management an der Universität Witten/Herdecke lenkte den Blick nach Südostasien. Er berichtete von einem deutsch-vietnamesischen Gemeinschaftsprojekt. Sein Ziel ist eine verbesserte Abwasserreinigung in den wachsenden Industriezonen des Landes. Dabei bestehe der Engpass weniger in einem Mangel an geeigneten Technologien oder an fehlenden Finanzierungsmitteln für die Investition. Vielmehr mangele es an Überwachung und Vollzug der Umweltgesetze und daraus resultierend am ordnungsgemäßen Betrieb, so der Experte.

Vor diesem Hintergrund haben das Bundesministerium für Bildung und Forschung und das Vietnamesische Ministerium für Wissenschaft und Technologie das Verbundvorhaben AKIZ (Abwasserkonzepte für Industriezonen) mit einem Gesamtbudget von über 10 Mio. € bewilligt. „AKIZ soll ein Gesamtkonzept entwickeln, welches als integrierte Lösung alle wesentlichen technologischen und ökonomischen Komponenten bis hin zum Finanzierungsmodell umfasst“, so Prof. Rudolph. Es soll die optimale Kombination aus dezentralen Abwasservorbehandlungsmaßnahmen für ausgewählte Fabriken und der zentralen Abwasserendbehandlung der Industriezonen aufzeigen. Insgesamt sechs Teilprojekte beschäftigen sich unter anderem mit dem übergreifenden Managementkonzept und technologischen Einzelfragen wie der dezentralen Abwasserentgiftung oder auch der Energiegewinnung aus organisch hochkonzentrierten Teilabwässern. An AKIZ sind zahlreiche Partner aus Wissenschaft und Industrie aus Deutschland beteiligt. Sie kooperieren jeweils mit einem wissenschaftlichen Partner aus Vietnam.

Assistance for Implementation: Umsetzungschancen von FuE-Projekten in Entwicklungs- und Schwellenländern steigern

Ein weiteres Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) ist das Begleitvorhaben „Assistance for Implementation (AIM)“. Es wurde den Teilnehmern von Dr. Andreas Suthhof vom Internationalen Büro des BMBF im Projektträger beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. vorgestellt. Mit AIM will das Ministerium die Implementierungschancen von Lösungen aus geförderten Forschungs- und Entwicklungsprojekten in Schwellen- und Entwicklungsländern verbessern. Schwerpunkte sind dabei das Integrierte Wasserressourcen-Management („IWRM“) sowie nachhaltige Umwelt- und Klimaschutztechnologien und -dienstleistungen („CLIENT“).

„Die Einbeziehung relevanter Entscheidungsträger im Partnerland spielt dabei eine entscheidende Rolle“, hob Dr. Suthhof in diesem Zusammenhang hervor. AIM unterstützt die Vorhaben daher insbesondere im Hinblick auf die Interessen und Planungen der dort zuständigen Regierungsstellen. Zur Umsetzung von innovativen Lösungen beispielsweise in der Abwasserentsorgung werden oft erhebliche Infrastrukturinvestitionen benötigt. Der öffentliche oder der private Sektor in den Partnerländern kann die entsprechenden Mittel jedoch häufig nicht allein aufbringen. Hier zeigt AIM mögliche Synergien mit den Programmen von Entwicklungsbanken und multilateralen Organisationen auf.

Quelle: WILO SE

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