Fachartikel: Steinbildung in der Trinkwasser-Installation

17.11.2022
Wasser stellt in der Natur ein hervorragendes Lösungs- und Transportmittel dar. Versickert Regenwasser im Boden und trifft dabei auf kalkhaltiges Gestein, gelangen härtebildende Wasserinhaltsstoffe wie Calcium und Magnesium auf ganz natürlichem Wege ins Trinkwasser.
Fachartikel: Steinbildung in der Trinkwasser-Installation

Schematisch dargestellte Wirkungsweise härtestabilisierender Mineralstofflösungen auf Polyphosphatbasis. (Bildquelle: Grünbeck Wasseraufbereitung GmbH)

In der Trinkwasser-Installation von Gebäuden bildet sich daraus Kalk bzw. Kalkstein – mal mehr, mal weniger. Um daraus folgende Schäden zu vermeiden, müssen Anlagenplanung und Anlagenausführung wichtige Fragen berücksichtigen. Dazu gehören neben der Planung und Ausführung der Trinkwasser-Installation, die Betrachtung der örtlich vorliegenden Trinkwasserbeschaffenheit sowie die Berücksichtigung der zu erwartenden Betriebsbedingungen und Temperaturveränderungen. Zum Thema Steinbildung und deren Vermeidung wurde vom DVGW die Information Wasser Nr. 112 entwickelt. Dr. Christina Höckner, Abteilungsleiterin Technisches Labor bei Grünbeck, beschreibt in diesem Fachbeitrag die technisch wissenschaftlichen Hintergründe.

Wasser nimmt im natürlichen Kreislauf verschiedenste Inhaltsstoffe auf. Durch das Lösen von Calciumcarbonat (CaCO3, auch Kalk genannt) bzw. Dolomit (Mischcarbonat aus Calcium und Magnesium) kommt es zur Anreicherung von im Wasser gelösten Hydrogencarbonaten (HCO3-). Die natürlichen Wasserinhaltsstoffe Calcium, Hydrogencarbonat und Kohlenstoffdioxid liegen dabei in einem sensiblen Lösungsgleichgewicht vor, auch Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht genannt. Dieses ist stark temperaturabhängig und beschreibt die Neigung eines Wassers zur Kalkabscheidung und damit zur Steinbildung.

Mit steigender Temperatur, z. B. durch das Erwärmen von Trinkwasser, nimmt die Bildung kristalliner Ablagerungen aufgrund der im Wasser gelösten Calcium- und Hydrogencarbonat-Ionen signifikant zu. In Folge dieser Steinbildung können innerhalb der Trinkwasser-Installation unterschiedliche Funktionsstörungen und Schäden entstehen, da sich die kristallinen, wasserunlöslichen Beläge z. B. auf Wärmeübertragungsflächen absetzen.

Mit zunehmender Steinbildung kommt es in Trinkwassererwärmungsanlagen nachweislich zur Behinderung der Wärmeübertragung. Dies kann insbesondere an den Wärmeüberträgerflächen zu unerwünschten Temperaturerhöhungen führen, mit unterschiedlichen Folgen, die von der Bauart der Trinkwassererwärmer (Funktionsart und Beheizung) abhängen. So kann etwa die Wärmeleistung abnehmen oder gar die gewünschte Austrittstemperatur und/oder der Auslegungsvolumenstrom unterschritten werden. In Versorgungsgebieten mit sehr hartem Trinkwasser ist ein regelrechtes Zusetzen von Leitungen und Rohren durch Steinbildung möglich.  In der Folge führt das zu einer Erhöhung des Strömungswiderstandes und zu Druckverlust im System, verbunden mit einer Verschlechterung des hydraulischen Abgleichs. Ebenso erhöht sich die Verlustleistung der Zirkulationspumpe aufgrund von ablagerungsbedingt rauen Innenwänden der Rohrleitungen. Auch der Energieverbrauch steigt deutlich, was gerade aufgrund der aktuell wichtigen Bemühungen zur Energieeinsparung beachtet werden sollte. Bereits bei einer Kalkschicht von einem Millimeter auf Wärmeübertragungsflächen wird zehn Prozent mehr Energie benötigt. Aus energetischen Gesichtspunkten ist ein verlustarmer Wärmeübergang daher unbedingt anzuraten.

Neben Maßnahmen wie fachgerechte Anlagenplanung und Installation sowie bestimmungsgemäßem Betrieb und Instandhaltung der Trinkwasser-Installation nach DIN EN 806, DIN 1988 und DIN EN 1717, wird auch der örtlichen Trinkwasserbeschaffenheit und den langjährigen Betriebserfahrungen mit eben jener Trinkwasserzusammensetzung ein hoher Stellenwert eingeräumt. Ist eine kritische Steinbildung zu erwarten, raten Experten explizit zu einer dezentralen Behandlung des Trinkwassers, um Bauteile, Apparate und Geräte vor einem Funktionsverlust zu schützen.

Denn Steinbildung kann sich direkt negativ auf die Nutzungsdauer der Trinkwasser-Installation und der angeschlossenen Haushaltsgeräte auswirken. Daher wird eine Wasserbehandlung nicht nur für das Warmwasser, sondern auch das Kaltwasser empfohlen. Werden entsprechende Maßnahmen an zentraler Stelle der Trinkwasser-Installation realisiert, so liegt der entscheidende Vorteil in der gleichzeitig durchgeführten Behandlung sowohl für kaltes als auch erwärmtes Trinkwasser. Wie beschrieben, neigt Warmwasser zwar stärker zur Steinbildung als Kaltwasser, bei technischen Anwendungen wird in der Regel das Kaltwasser jedoch erst im Gerät erwärmt (z. B. Wasch- und Spülmaschine, Wasserkocher, Dampfgarer) und erfordert deshalb ebenfalls Schutz vor Steinbildung. Weiterhin werden die in Waschmitteln enthaltenen waschaktiven Substanzen (Tenside) durch die Härtebildner Calcium und Magnesium gebunden. Deshalb wird während des Waschvorgangs umso mehr Waschmittel benötigt, je mehr Calcium- und Magnesiumionen im Wasser vorhanden sind. Dies führt zu einer unnötigen Überdosierung an Wasch- und Reinigungsmitteln mit negativer Auswirkung auf die Umwelt.

Neben gängigen Planungsprämissen sollten Wasserbehandlungsmaßnahmen zur Verminderung von schädlichen Ablagerungen auch in Betracht gezogen werden, wenn diese durch spezielle Herstellervorgaben (z. B. Sanitärarmaturen, Haushaltsgeräte etc.) oder vom Verbraucher oder Betreiber der Trinkwasser-Installation als erforderlich erachtet werden.

Vermeidung schädlicher Steinbildung
Die Behandlung von Trinkwasser zur Vermeidung schädlicher Steinbildung kann nach DIN 1988-200 entweder mittels Wasserenthärtung durch Ionenaustausch, mittels Dosierung härtestabilisierender Mineralstofflösungen oder mittels Kalkschutzgeräten erfolgen.

Bei der Enthärtung von Trinkwasser mittels Kationenaustausch werden die im Trinkwasser enthaltenen härtebildenden Calcium- und Magnesiumionen gegen Natriumionen ausgetauscht. Dieser Austauschprozess findet so lange statt, bis das Kationenaustauscherharz erschöpft ist und keine Natriumionen mehr zur Verfügung stehen. Zur Regeneration des Harzes, lässt sich der Vorgang einfach umkehren: Mittels Sole wird dem Austauscher eine hohe Konzentration an Natriumionen zugeführt. Durch die damit erzwungene Überzahl an Natriumionen werden die Calcium- und Magnesiumionen verdrängt. Der Ausgangszustand ist wieder hergestellt und das Kationenaustauscherharz ist regeneriert, also erneut betriebsbereit.

Andere Wasserinhaltsstoffe wie Sulfat-, Nitrat- oder Chloridionen sowie Parameter wie pH-Wert, Leitfähigkeit oder TOC (total organic carbon) werden verfahrensbedingt durch eine Enthärtungsanlage nach dem Kationenaustauschprinzip nicht beeinflusst. Der Grund: Die Enthärtung des Trinkwassers erfolgt hierbei mittels eines speziellen mit Natriumionen beladenen Harzes. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes stark saures Kationenaustauscherharz in der Natriumform (SAC-Na). Damit werden lediglich Natriumionen ins Trinkwasser abgegeben und gegen Calcium und Magnesiumionen ausgetauscht. Es kommt also zu keiner Veränderung des pH-Wertes im Trinkwasser.

Anders sieht es bei schwach sauren Kationenaustauscherharzen in der H+-Form (WAC-H) aus, wie sie in der zentralen Wasseraufbereitung zum Einsatz kommen. Hier werden bei der Wasserbehandlung Wasserstoffionen (H+-Ionen) ins Wasser abgegeben. Diese reagieren mit den im Wasser vorhandenen Hydrogencarbonat-Ionen zu Kohlensäure, welche sofort zu Kohlendioxid und Wasser zerfällt: HCO3- + H+ à CO2 + H2O. Dies führt zu einer massiven Änderung des pH-Wertes. Diese Art von Kationenaustauscherharzen finden jedoch in nach DIN EN 14743 bzw. DIN 19636-100 beschriebenen Enthärtungsanlagen für die Gebäudeinstallation (dezentral) keine Anwendung.

Neben der Abscheidung von Kalk als Calciumcarbonat können auch andere Ablagerungen aus den im Wasser enthaltenen Ionen entstehen, wie z.B. Calciumsulfat. Im Gegensatz zu Calciumcarbonat sind Ablagerungen von Calciumsulfat, wie sie z.B. bei der Vollverdunstung an Oberflächen entstehen (Badfließen, Armaturen, Spülkästen…), mit Säuren oder säurehaltigen Reinigungsmitteln kaum zu entfernen. Auch hier bietet sich eine Wasserbehandlung nach dem Kationenaustauschverfahren an. Die nach der Behandlung entstehenden Ablagerungen bestehen nun nicht mehr aus Calcium- sondern aus Natriumsalzen. Ablagerungen aus Natriumhydrogencarbonat oder Natriumsulfat auf Oberflächen lassen sich leicht entfernen, da sie sehr gut wasserlöslich sind. Die Löslichkeit von Natriumhydrogencarbonat ist ca. 10.000-fach größer als diejenige von Calciumcarbonat. Die von Natriumsulfat ist immer noch um das 100-Fache größer als diejenige von Calciumsulfat.

Fazit:
Grundsätzlich kann Steinbildung aufgrund der im Wasser enthaltenen Härtebestandteile nicht vollständig vermieden werden. Es können jedoch Maßnahmen zum Schutz von Bauteilen und Apparaten in der Trinkwasser-Installation ergriffen werden, um unerwünschte Nebeneffekte schädlicher Steinbildung zu verringern. Dazu gehört beispielsweise die Behinderung der Wärmeübertragung in Trinkwassererwärmungsanlagen und damit einhergehend ein deutlich steigender Energiebedarf. Lagert sich etwa nur 1 mm Kalk auf Wärmeübertragungsflächen ab, steigt der Energieverbrauch um circa 10 Prozent.

Neben regelmäßiger Prüfung des Trinkwassererwärmers sowie regelmäßiger Entkalkung der Wärmeübertragerflächen ist daher häufig die Installation einer Wasserbehandlung zu empfehlen. Diese sollte an zentraler Stelle der Trinkwasser-Installation realisiert werden, um auch Geräte zu schützen, in welchen das Kaltwasser erst im Gerät selbst erwärmt wird (z. B. Wasch- und Spülmaschine). Hierbei ist sich beispielsweise eine Mineralstoffdosierung zur Härtestabilisierung des Trinkwassers oder eine Wasserenthärtung mittels Ionenaustausch (dezentral) anzuraten. Letzteres Verfahren bietet dabei nicht nur den Vorteil eines verlustarmen Wärmeübergangs durch Verringerung schädlicher Steinbildung. Ohne andere Wasserinhaltsstoffe oder Parameter wie den pH-Wert zu beeinflussen, wird durch den Austausch härtebildender Calcium- und Magnesiumionen gegen Natriumionen auch die Menge an benötigten Wasch- und Reinigungsmitteln deutlich verringert. Dies gilt sowohl während des Waschvorgangs in der Waschmaschine als auch beim Entfernen von Ablagerungen an Oberflächen, was neben energetischen Vorteilen auch positive Auswirkungen auf die Umwelt hat.

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