Fachartikel: Meerwasserentsalzung soll den Durst stillen

14.11.2014

Trinkwasser ist ein kostbares Lebenselixier, das aber in einigen Regionen der Welt knapp oder gar nicht vorhanden ist. Unter dem Mangel leiden Mensch und Industrie. Einen Ausweg bietet die Meerwasserentsalzung, die allerdings an die Technologie sehr hohe Ansprüche stellt. Dafür dürstet es die Anlagenhersteller nach widerstandsfähigen und energieeffizienten Pumpen.

Das zu knappe Trinkwasser ist heute schon ein großes Problem für von Trockenheit geplagte Länder. Die Vereinten Nationen schätzen, dass etwa 800 Millionen Menschen keinen Zugriff auf die Ressource haben. Auch die Aussichten sind düster: In den nächsten Jahrzehnten könnte ihre Zahl auf zwei Milliarden ansteigen. Die Gründe sind das Bevölkerungswachstum, der Klimawandel sowie zunehmende Umweltbelastungen des Süßwassers in den Industrienationen.

Meerwasser als Trinkwasserquelle

Genau betrachtet, darf man sich über die Probleme etwas wundern, denn Wasser ist auf dem blauen Planeten im Überfluss vorhanden. Nutzbar sind allerdings nur 0,3 Prozent der gesamten Erdwassermenge. Was wiederum bedeutet, dass es ein Potenzial gibt, das nur gehoben werden muss, und zwar durch Meerwasserentsalzung. Das Meerwasser wird zur Quelle für Trinkwasser – allerdings gehört für einen überzeugenden Sieg der Technologie eine verbesserte Energiebilanz. Hersteller arbeiten bereits fieberhaft daran, diese Hürde zu nehmen.

Meerwasserentsalzungsanlagen haben eine jahrzehntelange Entwicklung hinter sich und setzen sich zunehmend durch. Für Europa begann das Zeitalter der Wasserentsalzung 1964, also vor genau fünfzig Jahren, als die erste Anlage auf der spanischen Kanareninsel Lanzerote errichtet wurde. Und noch immer ist der Bedarf an Meerwasserentsalzungsanlagen nicht gesättigt. Im Gegenteil.

Auch in Ländern des Nahen Ostens und der Golfregion wird durch Entsalzungsanlagen Trinkwasser erzeugt. Heute noch werden Anlagen mit großer Kapazität errichtet. Einen lukrativen Auftrag erhielt zum Beispiel Halberg für Saudi-Arabien: Bis Anfang 2015 wird das Unternehmen fünf große Kondensat-Topfpumpen und zwei Kesselspeisepumpen im Gesamtwert von etwa fünf Millionen Euro für ein Meerwasserentsalzungs-Großprojekt liefern.

Wassermangel in den Südstaaten der USA

Aber selbst westliche Industrienationen benötigen zunehmend verwertbares Trinkwasser. Auf dem Trockenen sitzen vermehrt US-Bundesstaaten wie Kalifornien, Florida und Texas. Die stärker werdende Dürre, steigende Einwohnerzahlen und sich verringernde Wasserressourcen bedrohen die Versorgung von Mensch und Wirtschaft in immer größerem Ausmaß.

Für die Meerwasserentsalzung „bestehen in Texas große Potenziale“, bilanziert „Germany Trade & Invest“ (GT&I), die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland für Außenwirtschaft und Standortmarketing. Die Bevölkerungszahl soll sich bis 2060 beinahe verdoppeln. Gleichzeitig „dürften die Frischwasserressourcen um zehn Prozent zurückgehen“, prognostiziert das Texas Water Development Board (TWBD). Um den Wasserbedarf in den kommenden 175 Jahren zu decken, ist genügend salzhaltiges Grundwasser vorhanden. Dabei setzt das TWBD auf Entsalzungsanlagen: Bis 2060 soll der Anteil des durch Entsalzungsanlagen gewonnenen Trinkwassers in Texas von etwa 0,7 auf dann 3,4 Prozent klettern. Und die Planungen für neue Großprojekte haben bereits begonnen. So investiert zum Beispiel die Stadt San Antonio rund 145 Millionen US-Dollar in eine Grundwasserentsalzungsanlage.

Trend zu Großanlagen bei der Meerwasserentsalzung

„Auch in Florida entwickelt sich der Markt dynamisch“, berichtet GT&I. Bis 2025 werde der Wasserverbrauch gemäß Florida Department of Environmental Protection (DEP) von 6,5 auf 8,5 Milliarden Gallonen pro Tag (gpd) steigen. Der Bundesstaat stellte bereits vor zwei Jahren mit rund 150 die meisten Entsalzungsanlagen für die Trinkwasserversorgung im Land.

In Kalifornien „zeichnet sich ein Trend ab hin zu Großanlagen für die Meerwasserentsalzung“, so die GT&I. Im Süden des US-Bundesstaates würden Frischwasserquellen aber durch eindringendes salzhaltiges Wasser zunehmend gefährdet. Auch verliere der Colorado River als wichtige Quelle an Volumen. Gefahr erkannt und schon bald gebannt? Jedenfalls investiert die Poseidon Resources Corp. ca. eine Milliarde US-Dollar in ein Megaprojekt, das eine Kapazität von 50 Millionen gpd besitzen soll. „Im Jahr 2016 soll der Trinkwasserbedarf des San Diego County zu rund sieben Prozent abgedeckt werden.“

Die in den USA vorherrschende Entsalzungstechnologie ist die Umkehrosmose. Pumpen pressen Meerwasser durch Membrane und sondern das Salz ab. „Von Seiten der Anlagenbetreiber steigt der Bedarf an effizienten Pumpen und widerstandsfähigen Membranen“, analysiert GT&I. „Hochdruckpumpen zur Beschickung der Membrane mit Meerwasser bilden ein Kernstück von Umkehrosmoseanlagen“, erläutert „Düchting Pumpen“. Um optimale Wirkungsgrade zu erreichen, seien speziell ausgelegte Hydrauliken wichtig.

Energieeffizienz besitzt bei Pumpen hohe Priorität

Als zentrale Aufgabenstellung für neue Entsalzungsanlagen gilt die Energieeffizienz und damit ein wirtschaftlicher Betrieb. Ein Beispiel: Am Ende des Prozesses steht noch ein Konzentratstrom mit hoher Druckenergie zur Verfügung, „der zur Energierückgewinnung und somit zur Minderung des Gesamtenergiebedarfs des Umkehrosmoseverfahrens genutzt werden kann“, so Düchting. Mittels einer Peltonturbine werde die entstehende Druckenergie durch direkte Kupplung der Turbinenwelle mit der Pumpenwelle dem Gesamtsystem wieder zugeführt „und senkt so die zu installierende Antriebsleistung der Hochdruckpumpe.“

Eine hohe Priorität hat die Energieeffizienz auch bei Grundfos. Das deutsche Unternehmen rüstet ein- und zweistufige Umkehrosmoseanlagen mit Pumpensystemen aus. Indem die im nicht genutzten Rohwasser verbleibende Druckenergie zurückgewonnen wird, sinkt der Stromverbrauch. Umgesetzt wird dies durch eine auf der Druckseite installierte Pumpenturbine.

Meerwasser wird, so Grundfos, bevorzugt direkt an der Quelle aufbereitet, um ein Abführen des Konzentrats zu ermöglichen und die Korrosionsgefahr zu reduzieren. Je nach Wasserbedarf und Salzgehalt könne die Meerwasserentnahme mehrere hundert Meter vom Ufer entfernt aus dem Meer oder an Land über einen am Ufer errichteten Brunnen erfolgen. „Die landgestützte Meerwasserentnahme hat den Vorteil, dass die Korrosionsgefahr geringer ist und das Wasser bereits vorgefiltert wird.“ Für diesen Anwendungsbereich gebe es sowohl Unterwasserpumpen als auch trocken aufgestellte Pumpen.

Unterdruck lässt Wasser verdampfen

Nach dem Verdampfungsprinzip arbeiten zahlreiche Entsalzungsanlagen am Persischen Golf, wo das Meerwasser bis zu 45 Gramm Salz pro Liter enthält. Das Meerwasser wird bis zum Siedepunkt erhitzt und dann in 20 Meter lange und vier Meter breite Kammern geleitet. „Durch Unterdruck in den Kammern verdampft das Wasser“, erläutert Clemens Wolters von Bilfinger Deutsche Babcock Middle East. Der Dampf kondensiere an Tausenden dünnen Kühlrohren. „Diese Süßwassertropfen sind der Schatz, der abgeführt und gesammelt wird.“ 15 bis 20 solcher Kammern mit immer größerem Unterdruck sind hintereinandergeschaltet, um möglichst viel Süßwasser zu gewinnen.

Auch durch Kühlrohre fließt Salzwasser – zunächst sorgt das Meerwasser in den Rohren als Kühlmedium dafür, dass der Dampf in den Kammern kondensiert. Wolters: „Dann wird das Salzwasser außerhalb der Kammern weiter bis zum Sieden erhitzt und zum Verdampfen wieder in die Kammern geleitet.“

„Bypässe“ entlasten die Pumpen

Um den Prozess effizienter zu machen, müsse das Salzwasser mit einer höheren Geschwindigkeit durch die Verdampfungskammern geschickt werden, was allerdings Probleme bereitet: „Wenn das Wasser durch die Abertausende kleinen Kühlwasserrohre gedrückt wird, nimmt der Reibungswiderstand extrem zu“, so Wolters. Weder Rohre noch Pumpen könnten das lange mitmachen.

Bilfinger setzt daher auf „Bypässe“: Die Kühlwasserkammern werden mit großkalibrigen Rohren direkt verbunden, so dass nicht sämtliches Prozesswasser durch die filigranen Kühlwasserrohre gedrückt werden muss. „Dadurch werden Leitungen und Pumpen geschont, während der Wasser- und Dampfdurchsatz erhöht wird.“

Den Energieverbrauch deutlich zu senken, ist auch das Ziel von Siemens. Die Ingenieure des Unternehmens entwickelten eine elektrochemische Meerwasserentsalzung. Dieser Prozess kombiniert die Elektrodialyse und die kontinuierliche Elektrodeionisation. „Beide Technologien arbeiten mit einem elektrischen Feld, um sowohl die Natrium- als auch die Chlorid-Ionen mithilfe von Ionenaustauschmembranen aus dem Wasser zu entfernen“, erläutert Siemens. Da das Wasser selbst nicht durch die Membrane gedrückt werden müsse, lasse sich das Verfahren bei niedrigem Druck und geringem Stromverbrauch betreiben.

Pumpen-Überwachung rund um die Uhr

Ein Pumpensystem einer Meerwasserentsalzungsanlage lässt sich natürlich nicht auf Energieeffizienz reduzieren. Zu beachten ist auch, dass der Betrieb der Anlage sicher ist. Grundfos setzt hierfür in Verbindung mit einem Motorschutzgerät eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung ein: Ein Trockenlauf und eine Überlastung seien so rechtzeitig zu erkennen und zu vermeiden.

Durch eine Mantelkonstruktion, durch die das Medium durch den Mantel am Motor fließt, wird eine Kühlung des Motors erzielt. Außerdem befindet sich bei „Pleuger Polderpumpen“ das Pumpenteil unter dem Motor, was einen tief gelegenen Pumpeneinlauf ermöglicht.

Wichtig bei der Umkehrosmose sei es, Pumpen und Membranen durch eine Feinfiltration gegen Beschädigungen zu schützen, betont AquaCare. Auch der hohe Wasserdruck ist zu bewältigen. Das Unternehmen setzt hierfür Kolbenpumpen ein, die Arbeitsdrücken bis 80 bar widerstehen. „Um die schädigenden Wirkungen des sogenannten Wasserhammers zu unterdrücken, sind die Hauptpumpen mit Frequenzsteuerung ausgestattet, die ein sanftes Anlaufen ermöglicht“, so AquaCare. Zudem sei es machbar, den Arbeitsdruck – abhängig von Temperatur, Salzgehalt und Alter der Membranen – energiesparend durch die Drehzahl der Pumpe einzustellen.

Systemteile mit Reinwasser spülen

Regelmäßig sind während des Betriebs, nach jedem Abschalten oder nach Störungen alle meerwasserberührten Teile mit Reinwasser zu spülen. Das Reinigungssystem sammle während des Betriebs in einem Extratank Wasser, das dann zum Spülen genutzt werde könne. Sei die Anlage abgeschaltet, fördere eine kleine Edelstahlpumpe Reinwasser durch das System, so dass das Meerwasser ersetzt werde. „Diese Prozedur verhindert Faulprozesse an den Membranen und reduziert Korrosion“, erläutert AquaCare.

Apropos Korrosion: Ihre Vermeidung gilt ebenfalls als große Herausforderung für die Pumpenhersteller im Bereich der Meerwasserentsalzungs-Technologie. Ein probates Mittel ist ein widerstandsfähiger Werkstoff. Geeignet sind beispielsweise nickelhaltige Legierungen, austenitische Edelstähle und Nickelbasislegierungen, die nicht nur der Korrosion, sondern auch Bewuchs und Strömungsgeschwindigkeiten trotzen.

Ein geeignetes Material ist bereits für die dem Entsalzungsprozess vorgelagerte Vakuum-Wasserentgasung zu wählen. Corosys verwendete für eine Kolonne den Werkstoff Stahl – innen mit einer hochbeständigen Gummierung ausgekleidet und außen mit einer speziellen Beschichtung aus Versiegelung und Farbe versehen. Die Pumpen stattete das Unternehmen mit Bronzelaufrädern aus; Rohrleitungen und Ventile wurden aus Kunststoff gefertigt.

Umweltfreundlichkeit als Verkaufsargument

Zunehmend entscheidend bei einem Meerwasserentsalzungsprojekt sind Umweltaspekte. Dazu gehört neben der Energieeffizienz der Pumpen auch die Lösung des Problems der Salzlake. Sie bleibt beim Entsalzen zurück und ist etwa doppelt so salzhaltig wie Meerwasser. Eine Entsorgung ist vor allem dort angezeigt, wo die Salzlake auf empfindliche Arten trifft. Umweltschützer befürchten Schäden für Flora und Fauna.

Ein Beispiel für eine umweltfreundliche Entsorgung der Salzlake könnte beispielsweise so aussehen: Einige Entsalzungsanlagen befinden sich in der Nähe von Kraftwerken. Das bietet die Chance, die Salzlake dorthin zu pumpen. Hier wird sie mit dem Kühlwasser vermischt und damit verdünnt.

Pumpenhersteller, die also nicht nur auf die Qualität, sondern ebenfalls auf die Umweltfreundlichkeit ihrer Produkte Wert legen, winken lukrative Aufträge. Werden beide Aspekte erfüllt, ist das Wasser auf die Mühlen der Pumpenhersteller!

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