Spezielle Pumpentechnik mit Störmeldeübertragung zur Schachtentleerung eingesetzt
Im Rahmen der Erweiterung des öffentlichen Schmutzwassernetzes im Raum Berlin ist in verschiedenen Rand- und Außenbezirken der Hauptstadt, die nicht mittels Freispiegelkanalisation entwässert werden können, eine Druckentwässerung mittels Pumpentechnik geplant. Bei der Umsetzung entschieden sich die vom Berliner Senat mit dem Projekt beauftragten Berliner Wasserbetriebe (BWB) nach einer EG-weiten Ausschreibung für die Technik der Homa Pumpenfabrik.
Die entsprechenden Kommissionen von Homa werden von Tiefbauunternehmen je nach Baufortschritt gesetzt und an die bereits gelegten Rohrleitungen angeschlossen. (Foto: Homa)
Das Unternehmen aus der Nähe von Köln liefert insgesamt mehr als 350 Druckentwässerungs-Pumpanlagen einschließlich Kunststoff-Pumpenschacht, Tauchmotorpumpe mit Schneideinrichtung, Steuerungstechnik sowie systembedingtem Zubehör und mehr als 12 Druckrohrspülanlagen. Für das Projekt passte der Hersteller seine Entwässerungstechnik eigens an spezifische BWB-Standards an: So wurden Anlagen verbaut, die alle zwei Stunden eine Zwangsentleerung ermöglichen, und eine spezielle, eigens auf das Projekt zugeschnittene Fernwirktechnik zur Steuerung von Doppelpumpanlagen und Spülstationen eingesetzt. Bisher konnten 3.500 m mit der Homa-Technik erschlossen werden, 2014 kommen noch einmal 1.000 m in zwei Gebieten hinzu.
„Wir sind vor einiger Zeit vom Berliner Senat dazu verpflichtet worden, die noch nicht abwassertechnisch erschlossenen Außen- und Randbezirke mit dem Kanalnetz zu verbinden“, so Dipl.-Ing. Peter Schröder, Verantwortlicher für das Projekt bei den Berliner Wasserbetrieben. Da der Bau einer Freispiegelkanalisation in diesen Gebieten nur schwer oder gar nicht möglich war, entschied man sich für eine Druckentwässerung mittels Pumpentechnik. „2010 suchten wir für dieses Projekt einen neuen Partner und haben uns, nach einer genauen Beurteilung des Angebots und einer Besichtigung von Referenzobjekten sowie der Fertigungsstätten für Homa entschieden“, so Schröder.
Spezifische Anforderungen an die Steuerung von Doppelpumpanlagen
Die Abwassertechnik des mittelständischen Herstellers muss für das Berliner Projekt sehr spezifische Anforderungen erfüllen: „Zunächst galt es, 350 Kunststoffschächte aus Polyethylen (PE) zum Sammeln des Abwassers in verschiedenen Ausführungen bereitzustellen. Es handelt sich dabei um Einzel- und Doppelpumpstationen der Reihe SKB mit unterschiedlichen Belastungsklassen in den Schachtgrößen DN 800 bis DN 1500“, so Dipl.-Ing. Daniel Weis-Broja, Projektleiter bei Homa. Dafür wurden die Standardschächte auf die BWB-Werknorm WN 701 hin abgestimmt, die grundsätzliche Anforderungen für Pumpenschächte sowie zur Anordnung des Steuerschrankes und der Lüftung festlegt. Auch einzelne essentielle Vorgaben zu den Pumpen und deren Steuerung sind dort aufgeführt.
So war zum Beispiel für Schachtanlagen mit zwei Pumpen, sogenannte Doppelpumpanlagen, eine Störfernmeldeübertragung zum Leitsystem erforderlich. Hier handelt es sich in der Regel um neuralgische Anlagen, die ständig überwacht werden müssen, um die Funktionstüchtigkeit jederzeit zu gewährleisten: „Da die sonst eingesetzten Einzelpumpen vor allem für Einfamilienhausgebiete geeignet sind, werden Doppelpumpanlagen meist für Objekte mit mehreren Wohneinheiten verwendet“, erklärt Schröder. Diese Anlagen werden mit einer Funkschaltung beziehungsweise Fernsteuerung mittels GSM-Modem ausgestattet. „Der Grund dafür ist einfach: Bei einem 6-Familienhaus beispielsweise kann man sich nicht darauf verlassen, dass eine Störung sofort gemeldet wird, weil es bei den Parteien oft Uneinigkeit darüber gibt, wer zuständig ist“, so Schröder weiter. „Durch die Funkschaltung werden Fehler und Ausfälle dagegen sofort in der BWB-Zentrale angezeigt. Sollten beide Pumpen ausfallen, fährt sofort ein Team hinaus und beseitigt die Störung innerhalb von 24 Stunden.“
Zwangsentleerung zusätzlich zu Niveauschaltung
Alle eingesetzten Pumpen der Baureihen GRP 16 bis GRP 36 D Ex verfügen zudem über eine automatische Spüleinrichtung, die zur Reinigung des Pumpensumpfes und zur Zerstörung von Schwimmdecken dient. Neben der Verminderung von Ablagerungen wird dadurch auch der Sauerstoffeintrag in das Abwasser sichergestellt. Alle verwendeten Pumpen sind explosionsgeschützt und verfügen über eine Schneideinrichtung, die mitgeführte Feststoffe zuverlässig zerkleinert. Die Ausstattung der Schächte mit einer sogenannten hängenden Pumpenaufnahme an einer Traverse und ohne Befestigung am Schachtboden gewährleistet das automatische Einkuppeln der Pumpen über ein Gleitrohr-System am Unterwasser-Kupplungsanschluss. Dabei wurde die Forderung der BWB berücksichtigt, das nach dem Abpumpvorgang verbleibende Restwasser auf ein Minimum zu begrenzen: „Das ist besonders wichtig, um keine Geruchsbelästigung entstehen zu lassen. Vor allem an den Übergabepunkten ins Kanalnetz ist die Gefahr dafür besonders groß“, so Schröder. „Aus diesem Grund haben wir auch Wert darauf gelegt, dass die Anlagen alle zwei Stunden eine Zwangsentleerung durchführen, egal wie viel zugeflossen ist.“ Dieser Vorgang ist unabhängig von der Niveauschaltung, die automatisch ausgelöst wird, sobald ein bestimmter Füllstand erreicht ist.
Die Füllstandsmessung im Schacht übernimmt eine Edelstahl-Niveausonde (ENS), die empfindliche Keramik-Messzelle wird dabei durch ein PE-Schutzrohr vor Stößen und direkter Verschmutzung geschützt. Die Signale der Sonde werden an die HOMA-HSKB-Steuerung übermittelt, ein Steuergerät mit Mikroprozessor und Leistungsteil, das der füllstandsabhängigen Regulierung und Überwachung der jeweils eingesetzten Pumpen dient. „Die Steueranlagen haben wir gemeinsam mit den BWB auf die speziellen Erfordernisse des Projektes abgestimmt. So wurde zum Beispiel ein zusätzlicher Druckschalter für die unabhängige Erzeugung eines Warnpegels mit Noteinschaltung verwendet, um die Funktionssicherheit zu erhöhen“, erläutert Weis-Broja. Weiterhin wurde eine dreipolige Vorsicherung im separaten ISO-Gehäuse zur Netztrennung vorgesehen sowie eine echte Hand- beziehungsweise Umgehungsschaltung verbaut, um beim Ausfall der Elektronik die Pumpen weiterhin bedienen zu können. Außerdem werden verschiedene Ausführungen der Druckluftspülstationen eingesetzt. Diese auch als Nachblasstationen bezeichneten Anlagen sind eine weitere Maßnahme, um die Bildung von Fäulnis und Ablagerungen zu verhindern, und führen periodisch Druckluft in die Leitungen.
Aktuell 200 Anschlüsse im Bau
Die mittels dieser Technik zu erschließenden Gebiete liegen über das gesamte Berliner Stadtgebiet verteilt. Aktuell sind in der Hackbuschsiedlung in Spandau etwa 120 sowie in der Straße 494 und dem Alten Bernauer Heerweg in Reinickendorf circa 80 Anschlüsse im Bau. „2014 sind weitere 100 Anschlüsse geplant, zusätzlich ist mit Neuanschlüssen ans vorhandene Netz zu rechnen, beispielsweise durch Grundstücksteilungen“, so Schroeder. Zu Beginn einer Erschließung erfolgt zunächst im Vorfeld von Seiten der BWB eine umfangreiche Planung. Unter anderem müssen die Durchleitungsrechte für das Verlegen der Druckrohrleitungen geklärt und die Vorfluter genehmigt und gebaut werden. Anschließend werden den jeweiligen Besitzern der Grundstücke Angebote über eine in Frage kommende Kleinpumpstation unterbreitet.
„Parallel dazu plant Homa die Auslegung der hydraulischen Pumpsysteme und der dazugehörigen Komponenten wie die Druckluftspülstationen anhand der BWB-Vorgaben. Danach erfolgt die Lieferung der bestellten Kommissionen zu den jeweiligen Projekten“, erklärt Weis-Broja. Die Schachtanlagen und zugehörigen Steuerungssysteme gehen an die von den BWB beauftragten Tiefbauunternehmen. Je nach Baufortschritt werden die Segmente gesetzt und an die bereits gelegten Rohrleitungen angeschlossen. „Nach Beendigung der Tiefbauarbeiten werden die fertigen Kleinpumpstationen sukzessive in Betrieb genommen. Die mechanische und elektrische Inbetriebnahme der Anlagen erfolgt durch unseren Servicepartner AVA aus Berlin“, so Weis-Broja weiter. Mit dem Verlauf des Projektes und der Zusammenarbeit mit Homa sind die BWB sehr zufrieden: „Da wir von Anfang an sehr konkrete Vorgaben machen konnten, gab es im Grunde keine technischen Schwierigkeiten. Das Projekt ist gleichzeitig natürlich ein laufender Prozess, in dem immer wieder Abstimmungen notwendig sind, auf die Homa stets kooperativ und flexibel reagiert“, so der Projektverantwortliche weiter. „Im November beispielsweise werden wir an den Spülstationen noch einmal Modifikationen vornehmen.“
Quelle: HOMA Pumpenfabrik GmbH