Sauberer Alternativkraftstoff Ammoniak erfordert ausfallsichere und hermetisch dichte Pumpen in der Schiffsindustrie
Für die Fuel Gas Supply Systems (FGSS) in Dual-Fuel-Schiffsantrieben mit NH3 kommen nur Hochdruck-Membranpumpen infrage, die konstruktionsbedingt ohne dynamische Dichtungen arbeiten. (Bildquelle: Hanwha Ocean)
Insgesamt wurden 2021 weltweit rund 11 Milliarden Tonnen Fracht auf dem Seeweg transportiert – das entspricht knapp 90 Prozent aller Handelsgüter1. Mit mehr als 1 Million Tonnen Treibhausgasen verursacht die Schiffsindustrie dabei rund 3 Prozent der globalen Kohlendioxidemissionen pro Jahr². Hinzu kommen weitere Schadstoffe wie Schwefeloxide, Stickoxide, flüchtige organische Verbindungen und ozonabbauende Substanzen (ODS). In vom MARPOL-Übereinkommen definierten Küstengebieten, den sogenannten Emission Control Areas (ECA), unterliegen diese zunehmend verschärften Grenzwerten. Bei der Suche nach sauberen Alternativkraftstoffen zum bisher überwiegend verwendeten Schweröl tritt derzeit Ammoniak (NH3) in den Vordergrund, da dieses im Gegensatz zu LPG und LNG bei Verbrennung kein CO2 ausstößt. Das Gas ist jedoch sowohl für Mensch und Tier giftig als auch stark umweltschädlich. Daher muss die eingesetzte Antriebstechnik für die Verwendung von Ammoniak als Treibstoff hermetisch dicht sein und höchste Betriebssicherheit garantieren. Diese Anforderungen erfüllen die Hochdruck-Membranpumpen von LEWA, die sich aufgrund ihrer Sicherheitsmechanismen selbst bei extremen Betriebszuständen standardmäßig für gefährliche, toxische und umweltschädliche Fluide wie NH3 eignen.
Allein 2018 verursachte die Schiffsindustrie insgesamt 1.076 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen, davon 1.056 Millionen Tonnen CO2.³ Im Vergleich zu 2008 handelt es sich dabei um eine Steigerung von rund 90 Prozent. Wenn sich die Industrie nicht verändert, werden sie in den kommenden 25 Jahren voraussichtlich auf bis zu 130 Prozent der Werte von 2008 ansteigen.4 Um diese Prognosen zu verbessern, hat die International Maritime Organization (IMO) 2018 eine Treibhausgasstrategie entwickelt, welche die Reduktion des Kohlendioxidausstoßes der Schiffsindustrie um 40 Prozent bis 2030 und um insgesamt 70 Prozent bis 2050 vorsieht. Flankierend zu den im MARPOL-Abkommen definierten ECAs, die zukünftig weiter vergrößert werden sollen, regeln der Energy Efficiency Design Index for New Ships (EEDI) und der Ship Energy Efficiency Management Plan (SEEMP) die Energieeffizienz sowie den CO2-Ausstoß neugebauter Schiffe. Ältere Modelle mit mehr als 400 GT müssen dagegen seit 2023 den neuen Regulierungen des Energy Efficiency Design Index for Existing Ships (EEXI) entsprechen.
Ammoniak als zukunftsfähiger Marinekraftstoff
Mit dem Ziel, Emissionen und Kraftstoffverbrauch zu reduzieren, zugleich aber die Leistung zu erhöhen und einen kosteneffizienten Betrieb zu gewährleisten, erobern seit einigen Jahren Dual-Fuel-Antriebe für Zweitakt-Schiffsdieselmotoren den Markt. Sie ermöglichen eine hohe Flexibilität hinsichtlich der eingesetzten Kraftstoffe, vom reinen Schiffsdiesel- oder Schwerölbetrieb bis hin zum Gasbetrieb. Auf der Gasseite werden bisher vor allem LNG und LPG (Propan/Butan) eingesetzt, die sich besonders für Flüssiggastanker anbieten. Allerdings handelt es sich dabei um fossile Gase, die bei der Verbrennung zwar insgesamt weniger Schadstoffe, aber noch immer eine beträchtliche Menge CO2 freisetzen. LNG besteht zudem überwiegend aus Methan (CH4), das rund 25-mal klimaschädlicher als CO2 ist und im Zweitakt-Schiffsdiesel unvermeidbar zu einem geringen Teil austritt – es kommt zum sogenannten Methanslip. Aus diesem Grund handelt es sich bei LNG und LPG lediglich um Brückentechnologien auf dem Weg zum vollständig karbonfreien Schiffsantrieb.
Ein alternativer Treibstoff, der aufgrund einer Dieselknappheit erstmals 1943 als solcher eingesetzt wurde und bei der Verbrennung weder Feinstaubpartikel, noch Stickoxide oder CO2 ausstößt sowie kein Ozonabbaupotential besitzt, ist Ammoniak (NH3). Bisher wurde dieses unter hohem Energieaufwand mithilfe des Haber-Bosch-Verfahrens aus Stickstoff (N2) und Wasserstoff (H2) gewonnen, wobei insbesondere die Wasserstoffherstellung aus Umweltsicht kritisch ist, da H2 bislang aus fossilem Methangas abgespalten wurde. Mit der Entwicklung von Verfahren zur nachhaltigen Herstellung von H2 via Elektrolyse unter Verwendung erneuerbarer Energien im industriellen Maßstab wird NH3 nun jedoch attraktiv als Kraftstoff für saubere und zukunftsfähige Schiffsantriebe. Damit ist auch die wichtige Well-To-Wake (WTW)-Frage positiv beantwortet: Bei der Betrachtung neuer Kraftstoffe ist es ist von entscheidender Bedeutung, nicht nur den Verbrennungsprozess im Schiffsmotor zu berücksichtigen, sondern die gesamte Bilanz der Kraftstoffherstellung. Dank der neuen Verfahren kann NH3 auch hier punkten.
Ende 2023 kam in diesem Zuge das weltweit erste Ammoniak-Projekt für Bulk Carrier ins Rollen: In einer Vier-Parteien-Vereinbarung beauftragte der belgische Schüttgutfrachterbetreiber CMB.TECH den Schiffsantriebshersteller WinGD sowie CSSC Qingdao Beihai Shipbuilding (QBS) und CSSC Engine Co (CSE) mit der Produktion der ersten acht 210.000 DWT-Bulk Carriers mit NH3-Antrieb. Diese sollen im Laufe der nächsten drei Jahre geliefert werden.
Hermetisch dichte Pumpentechnik in NH3-Dual-Fuel-Antrieben
Auch der Antriebshersteller MAN Energy Solutions rechnet bis 2030 mit einem raschen Anstieg des Treibstoffs auf rund 40 Prozent des gesamten Kraftstoffmixes für Dual-Fuel-Zweitaktmotoren. Vor dem Hintergrund dieser vielversprechenden Prognosen ist es nur wenig verwunderlich, dass der Auftrag für die ersten Ammoniak-Frachtschiffe bereits erteilt wurde, obwohl sich die Schiffsmotoren für diesen Anwendungsfall noch in der Entwicklung befinden. Denn im Vergleich zu LPG oder LNG bringt NH3 als Treibstoff ganz eigene Herausforderungen mit sich: Das geruchsintensive Gas ist bereits in sehr geringen Mengen für Mensch und Tier stark toxisch und bildet durch eine Reaktion mit anderen Luftschadstoffen in der Atmosphäre unerwünschten Feinstaub.
Um NH3 im Schiff sicher und zuverlässig zu bewegen sowie präzise in den Antrieb einzuspritzen, ist daher eine ausfallsichere, hermetisch dichte Pumpentechnik notwendig. Die Herausforderung dabei: Herkömmliche Kolbenpumpen, die üblicherweise für derartige Hochdruckanwendungen eingesetzt werden, weisen an der Kolbenabdichtung konstruktionsbedingt eine Leckage auf. Für die Fuel Gas Supply Systems (FGSS) in Dual-Fuel-Schiffsantrieben mit NH3 kommen daher nur Hochdruck-Membranpumpen infrage, die konstruktionsbedingt ohne dynamische Dichtungen arbeiten. Dadurch entsteht ein hermetisch dichter Arbeitsraum, der Emissionen ausschließt.
LEWA triplex Membranpumpen für FGSS
Dank ihrer robusten Konstruktion bei höchster Betriebssicherheit bewähren sich die pulsationsarmen LEWA triplex Membranpumpen als Kraftstoffpumpen in FGSS bisher vor allem für LPG – doch dem Einsatz mit NH3 steht nichts im Wege. Die erforderlichen Drücke von ca. 85 bar können mit LEWA triplex Membranpumpen sehr einfach realisiert werden. Für die seit vielen Jahren bewährten Pumpenköpfe der M900-Reihe liegt dieser Wert sogar im unteren Bereich des möglichen Leistungsspektrums, das bis 500 bar reicht. Auch Partikel oder Ölrückstände im Treibstoff können problemlos mitgefördert werden. Da die Membranpumpen unbegrenzt trockenlaufsicher sind, kann es auch bei anderweitigen Fehlern im FGSS nicht zu kostspieligen Ausfällen kommen. Zudem sind die Systeme so konstruiert, dass sie sich mit einfachen Mitteln direkt an Bord durch die Crew warten und reparieren lassen.
Die patentierte Sandwichmembran mit integriertem Überwachungssystem sorgt dafür, dass die LEWA triplex Membranpumpen selbst bei einer Beschädigung der Membran hermetisch dicht bleiben. So kann auch bei extremen Betriebszuständen garantiert kein gefährliches NH3 austreten. Ein integrierter Überdruckschutz sowie die optionale Pumpenüberwachung durch LEWA Smart Monitoring ergänzen die hohen Standards in puncto Betriebssicherheit. Intelligente Monitoring-Systeme werden in der Schiffsindustrie in den nächsten Jahren generell an Relevanz gewinnen, denn die Digitalisierung wird auch hier vorangetrieben, was neugebaute Frachter bereits jetzt immer „smarter“ macht. Da es sich bei NH3 um einen langfristig sauberen und zukunftsfähigen Marinekraftstoff handelt, können entsprechende Antriebe in den kommenden Jahrzehnten auch bei der Entwicklung von autonom fahrenden Smart Ships eine Rolle spielen.
1 Statista.
² Fourth IMO GHG Study 2020, International Maritime Organization, 2021.
³ Ebd.
4 Ebd.
Autor: Thomas Bökenbrink, Lead Product Manager Pumps bei LEWA
Quelle: LEWA GmbH