Atlas-Copco-Kompressoren als zuverlässige Komponenten von Tunnelbohrmaschinen

08.05.2018

Tunnelbohrmaschinen (TBM) von Herrenknecht sind weltweit bei großen Bauprojekten im Einsatz. Auch am Brenner fahren sie derzeit den Berg auf. Ausgestattet sind die TBM unter anderem mit robusten, öleingespritzten Kompressoren von Atlas Copco. Denn wenn Druckluft im Berg gebraucht wird, muss sie zu hundert Prozent da sein. Der Hersteller ist international aufgestellt und kann weltweit denselben hohen Servicestandard bieten.

Atlas-Copco-Kompressoren als zuverlässige Komponenten von Tunnelbohrmaschinen

Der derzeit „längste Eisenbahntunnel der Welt“ wird am Brenner aufgefahren: Seit 2007 bauen Italien und Österreich am Basistunnel, der 64 km lang werden soll. Mit allen Zufahrtswegen soll die Brennertrasse die Weltrekordlänge von 320 km erreichen. Ziel ist es, 2026 den Bahnverkehrsbetrieb aufzunehmen: Dann erreichen Reisende aus München in drei Stunden die italienische Stadt Verona, heißt es.

So viele Superlative erfordern schon beim Bau technologische Spitzenleistungen. Zur wichtigsten Ausrüstung beim Bau der Trasse gehört die Tunnelvortriebstechnik, die die Herrenknecht AG aus Schwanau am Rande des Schwarzwaldes liefert. Drei Tunnelbohrmaschinen (TBM) sind bereits auf der Baustelle im Einsatz, drei weitere werden in der nächsten Zeit geliefert. „Die TBMs sind fahrende Fabriken im Berg“, erklärt Albert Feißt, Leiter der Fluidtechnik bei Herrenknecht. „Der Bohrkopf rotiert und durchörtert so das Gestein. Das ausbrechende Material wird über verschiedene Förderbänder nach hinten aus dem Tunnel herausbefördert.“ Gesichert wird der Fels mit einer Innenschalung aus Tübbingen: „Mit einem fernbedienten Manipulator, dem Erektor, werden vorgefertigte Segmente aus Stahlbeton gesetzt“, sagt Feißt. „Diese sogenannten Tübbinge bilden einen Ring. Der Ringspalt zwischen Außendurchmesser des Tübbings und dem Berg wird mit Perlkies verfüllt, um diesen frisch gebauten Ring einzubetten und zu stabilisieren.“ Für die Förderung dieses Verfüll-Materials brauche man viel Druckluft, die von den im Nachläufer mitfahrenden Atlas-Copco-Kompressoren erzeugt und abgerufen wird.

100 m lange, fahrende Fabrik mit 10-m-Bohrkopf

Die Tunnelbohrmaschine, die als nächstes zum Brenner geliefert wird, steht bei unserem Besuch Ende 2017 noch in Schwanau. Etwa 100 Meter lang ist diese fahrende Fabrik, der Durchmesser des Bohrkopfs beträgt etwa 10 Meter. Neun Schraubenkompressoren liefern die von der TBM benötigte Druckluft. Sie sind am Ende der Anlage platziert und mit einer Ansaugklappenregelung ausgestattet. Herrenknecht verwendet modifizierte öleingespritzte Schraubenkompressoren aus der GA-Serie von Atlas Copco, meistens mit Wasserkühlung. Auf der „Brenner-Anlage“ sind fünf Maschinen des Typs GA 55 HE sowie vier GA 90 HE installiert. In der Regel genügt einer, um die Grundlast bereitzustellen, sprich, um Fett- und Wasserpumpen, Armaturen mit pneumatischen Antrieben oder auch Druckluftschrauber zu versorgen. Die anderen acht Kompressoren werden schlagartig aktiv, wenn Perlkies hinter die Tübbinge geblasen werden muss. „Wir nutzen im Durchschnitt nur 10 bis 15 Prozent der gesamten Druckluftkapazität“, sagt Feißt. „Aber wenn die Leistung abgerufen wird, muss sie zu hundert Prozent da sein.“ Daher müssten die Kompressoren, die ständig im Stand-by-Modus laufen, absolut zuverlässig sein.

Speziell für Herrenknecht hat Atlas Copco die Volllast-Leerlauf-Kompressoren mit einer mechanischen Volumenstromregelung über Klappen ausgestattet. Die Luft wird hierdurch in der jeweils benötigten Menge geliefert. „Wir konnten durch die Ansaugklappenregelung Windkessel einsparen und damit ein Platzproblem lösen“, begründet Feißt. Ebenfalls aus Platzgründen sind die GA-Kompressoren für Herrenknecht kompakter gestaltet als die Standard-Serie. Wegen der rauen Umgebung und des Grubenstaubs haben die Atlas-Copco-Experten außerdem Heavy-Duty-Ansaugfilter eingebaut, die verhindern, dass Schmutz in die Kompressoren gelangt. Außerdem verfügen sie über einen speziellen Regler für das Temperaturmanagement, da sie leistungsmäßig überdimensioniert sind. „Wir bauen bewusst in alle Komponenten unserer TBMs 20 Prozent Redundanz ein, denn im Berg müssen sich alle auf die Sicherheit und Zuverlässigkeit der eingesetzten Maschinen verlassen können“, betont Feißt. Weil die Kompressoren nicht regelmäßig ihrer Leistung entsprechend gefordert werden, erreicht das Öl, das sie zur Schmierung benötigen, nicht die erforderliche Betriebstemperatur. Infolgedessen würde sich Wasser im Öl anreichern, da es nicht durch die Temperatur abgesondert würde. „Die Maschinen verfügen daher über ein spezielles Kühlwassermanagement“, sagt Feißt.

Komponenten müssen robust und zuverlässig sein

Das Geschäft mit Tunnelbaumaschinen boomt, die weltweite Urbanisierung hilft enorm: Straßen-, Eisenbahn- oder Wassertunnel werden benötigt, in Schwellenländern genauso wie in Europa. „Jedes Jahr liegt der Schwerpunkt woanders“, erklärt Josef Gruseck, Mitglied der Geschäftsleitung Traffic Tunnelling der Herrenknecht AG. „Mal ist es der Gotthard, dann der Brenner, parallel laufen große Projekte in London, Paris oder Doha. Auch in Asien wird viel gebaut.“ Insbesondere in Europa aber sei der Investitionsstau im Bereich der Infrastrukturprojekte gigantisch.

Herrenknecht konstruiere jede TBM speziell für ihren individuellen Einsatz; trotzdem sei der Standardisierungsgrad der Ausrüstung hoch. Das breite Portfolio der Schwanauer reicht von kleinen Rohrvortrieben von etwa 100 bis 200 mm bis zu großen Tunnelvortriebsanlagen mit Bohrköpfen, die einen Durchmesser von an die 18 m haben. Die größten Herausforderungen für die Tunnelvortriebstechnik seien dabei die immer größer werdenden Durchmesser. Während früher viele Tunnel mit nur zwei Spuren pro Richtung gebaut wurden, müssten heute immer häufiger nicht nur mehrere Fahrstreifen, Begegnungsspuren, Haltebuchten und Fluchtwege, sondern oft auch weitere Etagen zum Beispiel für den Schienenverkehr untergebracht werden, erklärt Feißt. „Auch die Sicherheitsvorschriften und Sicherheitsanforderungen werden immer umfangreicher.“

Bei den Komponenten für seine TBM greife Herrenknecht auf Standardprodukte zurück, um die Lieferzeiten überschaubar zu halten und sicher zu sein, eine bewährte Technik einzusetzen. Auch die Kompressoren von Atlas Copco seien solche Standardkomponenten, die zur TBM gehörten: „Für uns zählt vor allem Robustheit und Zuverlässigkeit“, betont Feißt. Die Extras an den Kompressoren zählten mittlerweile ebenfalls schon zu den Standards, auf die sich Atlas Copco für seinen Kunden eingestellt hat.

Herrenknecht habe sich für Atlas Copco als Lieferanten unter anderem wegen der internationalen Ausrichtung entschieden, sagt Manager Josef Gruseck: „Wir liefern unsere Maschinen in die ganze Welt und garantieren dafür, dass unsere Komponenten laufen. Das müssen unsere Lieferanten durch ihren Service sicherstellen.“ Meistens könnten Wartungseinsätze rechtzeitig geplant werden; aber wenn etwas Ungeplantes passiere, müsse der Servicetechniker in kürzester Zeit vor Ort sein. „Bei Atlas Copco gibt es für uns sozusagen ein ‚rotes Telefon‘, das wir in Notfällen anrufen. Im Tunnelbau können wir uns keine Verzögerungen leisten, die dadurch zustande kommen, dass Komponenten ausfallen“, streicht Gruseck heraus.

Bohrtechnik richtet sich nach der Geologie

Während es bei der Förderung von Perlkies ein vorwiegend finanzielles Problem wäre, wenn die Druckluft ausfiele, ist sie an anderer Stelle überlebenswichtig. „Beim Werkzeugwechsel am Bohrkopf werden die Techniker in Druckluftkammern ein- und ausgeschleust“, erklärt Albert Feißt. Hierzu würde die Druckluft zu Atemluft aufbereitet. „Wenn es um Leib und Leben geht, darf es unter gar keinen Umständen Probleme mit der Technik geben.“ Der Brenner sei zwar ein großes Projekt; in anderen Projekten gebe es aber weit extremere Anforderungen an die Bohrtechnik, wenn zum Beispiel am Bosporus unter dem Meer bei 12 bar Außendruck gebohrt werde. „Je nach Geologie werden andere Techniken eingesetzt“, erklärt Feißt. In weichen Böden würden zum Beispiel Vortriebsmaschinen mit Erddruckstützung verwendet. Bei diesen Erddruckschilden diene eine Art Brei aus konditionierter Erde als Stützmedium. „Hier nutzen wir die Druckluft dazu, das Bohrgut mit Hilfe von Schaum zu konditionieren.“ Der unter Druck erzeugte, formstabile Schaum entstehe aus Wasser, einem Tensid und Luft. Er reduziere den Verschleiß und erzeuge ein gut zu transportierendes, pastöses Fördergut und behindere das Eindringen von Wasser aus dem Erdreich. „Der Schaum verhindert also, dass Erde unkontrolliert in die Maschine eindringt“, klärt der Fluidtechniker auf. In atmosphärischem Druck löse sich dieser Schaum wieder auf.

„Für die Drucklufterzeugung ist die Art der Tunnelbohrmaschine aber nicht wichtig“, sagt Feißt. „Wir verwenden für alle unsere Maschinen Kompressoren von Atlas Copco.“ Die meisten Verdichter seien maximal zwei bis drei Jahre im Einsatz. Um Ressourcen zu schonen, würden die Kompressoren nach Möglichkeit – wenn die ersten Einsätze nur kurz waren – aufgearbeitet und auf einer anderen fahrenden Fabrik wiederverwendet. „Der ökologische Fußabdruck unseres Unternehmens ist uns wichtig“, sagt Josef Gruseck. „Aber bei der Zuverlässigkeit machen wir keinerlei Abstriche.“

Autorin: Ulrike Preuß, Journalistin in Hennef

Bild: Die modifizierten GA-Kompressoren sind kompakter als die Standardmaschinen und für die Arbeit im Berg besonders gegen Staub geschützt. "HE" weist auf die Heavy-Duty-Ausstattung mit Hochleistungs-Ansaugfilter hin, damit kein Schmutz in die Verdichtungsstufe gelangt. (Foto: Atlas Copco Kompressoren und Drucklufttechnik)

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