1. Hofer Wassertage: Neue Entwicklungen in der Abwasserwirtschaft

01.11.2012

Welche Herausforderungen die Abwasserbranche in Zukunft erwartet und mit welchen Konzepten und Innovationen diesen Herausforderungen begegnet werden kann, darüber informierten sich die Teilnehmer der „1. Hofer Wassertage“. Der Einladung zu der Fachtagung am 22. und 23. Oktober in der neu eröffneten Freiheitshalle Hof folgten zahlreiche Betreiber, Ingenieure und Fachplaner aus der Abwasserwirtschaft sowie Vertreter von Umweltbehörden.

1. Hofer Wassertage: Neue Entwicklungen in der Abwasserwirtschaft

Der Einladung zu den Hofer Wassertagen am 22. und 23. Oktober in der neu eröffneten Freiheitshalle Hof folgten Betreiber, Ingenieure und Fachplaner aus der Abwasserwirtschaft sowie Vertreter von Umweltbehörden. (Foto: Wilo)

Als Referenten konnten namhafte Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Forschung, Umweltpolitik und Industrie gewonnen werden. Im Fokus ihrer Vorträge standen zukunftsweisende Prozesse und Technologien für die Abwasserbehandlung sowie Perspektiven für die innovative, nachhaltige und kooperative Wasser- und Abwasserwirtschaft. Neben den Vorträgen bot das Fachsymposium auch Gelegenheit für umfassende Diskussionen, Fachinformationen und zum Erfahrungsaustausch.

Hauptveranstalter war der Pumpenhersteller Wilo. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Dortmund entwickelt und fertigt an seinem Produktionsstandort Hof mit rund 500 Mitarbeitern ein umfassendes Sortiment von Pumpen und Systemen für die Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und Klärwerkstechnik im kommunalen und industriellen Sektor. Mit hochkarätig besetzten Fachtagungen rund um die Wasser- und Abwasserwirtschaft hat Wilo in den vergangenen Jahren den Wissens- und Erfahrungsaustausch innerhalb der Branche kontinuierlich gefördert. Insbesondere die „Wilo-Wassertage“, die 2007 und 2011 stattfanden, und die Wilo-GWP-Tagungen etablierten sich als sehr erfolgreiche Veranstaltungen. Die „1. Hofer Wassertage“ richtete Wilo nun an seinem Werksstandort Hof gemeinsam mit dem Kompetenznetzwerk Wasser, Energie und Umwelt Hof e.V. aus.

Stadt Hof als Kompetenzstandort der Wasserwirtschaft

Die Ausrichtung der „Wassertage“ in Hof begrüßte besonders Dr. Harald Fichtner, Oberbürgermeister der Stadt. Er betonte die Schlüsselrolle, die Hof als Kompetenzzentrum für die Wasserwirtschaft in Deutschland innehabe: „Mit dem Kompetenznetzwerk Wasser, Energie und Umwelt Hof e.V., dem Wasserwirtschaftsamt Hof, der Hochschule, dem Landesamt für Umwelt sowie zahlreichen ansässigen Unternehmen aus der Wasser- und Abwassertechnik bündelt die Stadt Hof wie keine zweite in Deutschland Know-how und Erfahrung in der Wasserwirtschaft“, so Fichtner. Dank der zentralen Lage in Mitteleuropa sei Hof ein idealer Ausgangspunkt für die Bearbeitung aller wichtigen europäischen Märkte. „Zugleich ist Hof durch wirtschaftliche Netzwerke und zahlreiche Projektpartnerschaften auch ein Zentrum internationaler Aktivitäten in der Wasserwirtschaft“, betonte Dr. Fichtner.

Konzepte und Technologien nachhaltiger Wasserwirtschaft

Die Bedeutung von Netzwerkarbeit und Projektpartnerschaften für die Wasserwirtschaft hob auch Peter Stamm, Generalbevollmächtigter der Wilo SE und Vorstandsmitglied der German Water Partnership (GWP) sowie der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA), hervor. Er wies in diesem Zusammenhang auf die aktuellen und künftigen Herausforderungen für die deutsche wasserwirtschaftliche Kompetenz auf internationalem Parkett hin. So erforderten etwa die Effekte des Klimawandels und der Energiewende auf Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungs-Infrastrukturen weltweit ein koordiniertes, zukunftsorientiertes und verantwortungsbewusstes Handeln aller Akteure. „Effiziente, erprobte und vor allem nachhaltige Lösungen mit dem Gütesiegel ‚Made in Germany’ spielen hierbei eine zunehmend bedeutende Rolle“, so Stamms Überzeugung. Dank energieeffizienter und innovativer Technologien bestehe schon heute ein großes Optimierungspotenzial für Anlagen der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. So habe Wilo beispielsweise in den vergangenen Jahren durch stete Weiterentwicklung bedarfsgerechter Pumpen- und Systemtechnik den gestiegenen Anforderungen in der Abwasserwirtschaft Rechnung getragen. Stamm verwies hier auf das umfassende Programm energieeffizienter Tauchmotorpumpen und Rührwerke für die kommunale Abwasserentsorgung und Klärwerkstechnik. Als jüngste Meilensteine in der unternehmenseigenen Entwicklung nannte Stamm die Laufradbaureihe Solid für den wirkungsgradoptimierten Einsatz in stark feststoffhaltigen Rohabwässern sowie besonders energiesparende und wirtschaftliche IE3-Motoren für Tauchmotorrührwerke. Auch neue Feststoff-Trennsysteme sorgten für mehr Betriebssicherheit und neue Dimensionen der Energieeffizienz.

Wasserwirtschaftliche Herausforderungen

Auf die globalen Zusammenhänge wasserwirtschaftlicher Mechanismen wies Prof. Dr. Martin Grambow hin, Abteilungsleiter für Wasserwirtschaft im Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit. „Demographische, klimatische oder wirtschaftliche Ereignisse und Veränderungen, die zunächst in einem ganz anderen Teil der Erde ablaufen, können beispielsweise über Agrarmärkte, Rohstoffknappheit oder wirtschaftliche Funktionen indirekt und direkt auf Deutschland, seine Regionen und Wirtschaftssysteme einwirken“, erklärte der Experte. So seien etwa auch die regionalen Wasserwirtschaften in Deutschland von globalen Veränderungen wie dem Klimawandel stark beeinflusst. Häufig sei das virtuelle Wasser eine Maßzahl für diese Abhängigkeiten, aber das sei bei weitem noch nicht alles. „Antworten auf die zukünftigen Herausforderungen für die Wasserwirtschaft liegen im vorsorgenden Gewässerschutz, intelligenten Hochwasserschutz und Erhalt der funktionierenden staatlichen und kommunalen Strukturen“, so Professor Grambow weiter. Die deutsche Wasserwirtschaft sei hier sowohl auf technischer als auch auf administrativer Ebene qualitativ gut aufgestellt und könne unter den Stichworten „Sustainability“ und „Good Governance“ wiederum Vorbildcharakter für andere Länder haben. Bevor jedoch allzu große Zufriedenheit einkehre, mahnte Grambow: „Wir sind schon ziemlich nachhaltig. Aber es gibt noch viel zu tun, wenn wir sicher sein wollen, dass unsere lebenswichtigen Gemeingüter auch für zukünftige Generationen erhalten bleiben.“

Klärschlamm – Wertstoff oder Schadstoff?

Den Aspekt der Nachhaltigkeit griff Dr. Michael Pollak auf, Geschäftsführer der wpa Beratende Ingenieure GmbH in Wien. Er erwog in seinem Vortrag die Potenziale der Klärschlammverwertung. Denn, so Pollak, die Nutzung von Klärschlamm als Phosphorquelle stehe heute im Fokus der Stoffstromwirtschaft. Unter den Aspekten Ressourceneffizienz und Umweltschutz seien Verwertungskonzepte gefragt, die eine unbedenkliche direkte Nutzung in der Landwirtschaft oder die Rückgewinnung von Phosphor und dessen Einsatz in der Düngemittelherstellung sicherstellten. Der Weg dorthin führe über die Forschung und Entwicklung, mittelfristige Überbrückungslösungen wie der Zwischenlagerung von Klärschlammaschen sowie den Ausstieg aus der Mitverbrennung und aus der Verwendung von Klärschlamm auf Flächen ohne Phosphorbedarf. Wesentlich sei in diesem Zusammenhang die Implementierung von Qualitätssicherungssystemen für alle Düngestoffe, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden sollen.

Integratives Flussgebietsmanagement

Als Vorstand des Wupperverbandes sprach Prof. Dipl.-Ing. Bernd Wille im Anschluss über die Bedeutung eines integrativen Flussgebietsmanagements für die Wasserwirtschaft. „Zunehmende menschliche Eingriffe in natürliche Ökosysteme, Interessenskonflikte bei der Nutzung von Oberflächengewässern und Grundwässern sowie die Auswirkungen des Klimawandels, der Energiewende und der demografischen Entwicklung auf die Wasserwirtschaft erfordern eine zunehmende Organisationsdichte und einen erhöhten Managementumfang in der Wasserwirtschaft“, betonte Professor Wille. Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) definiere in diesem Zusammenhang klare Vorgaben für den nachhaltigen Schutz der wertvollen Ressource Wasser. Darunter falle beispielsweise auch die reduzierte Einleitung gefährlicher Stoffe in Oberflächengewässer. Hier liege eine wichtige kooperative Schnittstelle zwischen Wasser- und Abwasserwirtschaft. „Der Wupperverband hat auf Basis dieser Richtlinie ein zukunftsweisendes Flussgebietsmanagementsystem entwickelt, das auf Ganzheitlichkeit, Nachhaltigkeit, Kosteneffizienz, Gemeinsamkeit und Dauerhaftigkeit ausgelegt ist“, erläuterte der Verbandsvorstand. Durch einen integrativen Ansatz solle das Flussgebietsmanagement – in diesem Fall der Wupper – nicht durch die Komplexität und Dynamik der wasser- und abwasserwirtschaftlichen Organisation behindert werden.

Energetische Optimierung von Kläranlagen

Konzepte und Maßnahmen zur Energieeinsparung sowie zur energieoptimierten Kläranlage stellte die Vertreterin der Münchner Stadtentwässerung, Dipl.-Ing. Ute Blotenberg, vor. Sie machte auf den gegenwärtig enormen Energiebedarf in der kommunalen Abwasserbehandlung aufmerksam. Rund ein Fünftel des gesamten Energieverbrauchs der Kommunen werde für deren Abwasserbehandlung benötigt. Zähle man den jährlichen Stromverbrauch aller Kläranlagen in Deutschland zusammen, so summiere sich dieser auf ca. 4.400 GWh/a. Aktuelle Studien wiesen für Klärbetriebe ein hohes Einsparpotenzial auf. Am Beispiel der beiden städtischen Großkläranlagen in München mit einem Gesamtenergiebedarf von rund 88 GWh/a demonstrierte Blotenberg, wie durch Anlagenoptimierung der Stromverbrauch gesenkt und die Energiegewinnung aus Klärschlamm und Klärgas erhöht werden könne. Mit diesen Optimierungsmaßnahmen werde der Grad der Eigenstromversorgung in den nächsten Jahren von aktuell rund 60 Prozent auf gut 80 Prozent gesteigert. Erst mit der zusätzlichen Nutzung weiterer regenerativer Energien könne jedoch der erforderliche Energiebedarf durch die Eigenenergieerzeugung vollständig gedeckt werden. „Mit der energetischen Optimierung ihrer Klärwerke hat die Münchner Stadtentwässerung Vorbildcharakter für kommunale Abwasserbetriebe in Deutschland“, resümierte Blotenberg.

Energiegewinnung aus Abwasser und Abfall

Einige erfolgreiche Konzepte zur Energiegewinnung aus Abwässern und Abfallprodukten stellte Dipl.-Ing. Cristina Pop vor, Leiterin des Tiefbauamtes der Stadt Straubing. Anhand von Praxisbeispielen der Stadt Straubing zeigte sie auf, wie sich der Primärenergieverbrauch und CO2-Ausstoß technisch und wirtschaftlich sinnvoll reduzieren und wertvolle Rohstoffe aus vermeintlichen Reststoffen zurückgewinnen lassen. So habe sich die Stadt in der jüngsten Vergangenheit verstärkt auf alternative Energiegewinnung aus Abwasser und Abfall konzentriert, z.B. durch Abwärmenutzung aus dem Abwasser, Co-Fermentation von Reststoffen aus der Abwasserreinigung und Abfallwirtschaft und Klärschlammverbrennung. Zudem betreibe die Stadt Projekte zur Rückgewinnung von Phosphor und Stickstoff als Maßnahme des Ressourcenschutzes.

Phosphatrückgewinnung aus Klärschlamm

An das Thema Phosphatrückgewinnung schloss unmittelbar der Vortrag von Dipl.-Ing. Sebastian Petzet an. Der Wissenschaftler vom Institut IWAR an der Technischen Universität Darmstadt zeigte verschiedene Möglichkeiten zur Rückgewinnung von Phosphat aus Klärschlämmen auf. „Die Phosphatrückgewinnung ist aufgrund der weltweit begrenzten Vorkommen eine wichtige Maßnahme zum Schutz dieser endlichen Ressource“, erklärte Petzet. „Bei der Abwasserreinigung wird viel Phosphat aus dem Abwasser entfernt und gelangt zusammen mit Schadstoffen in den Klärschlamm. Dennoch ist eine vollständige Nutzung des Phosphats machbar“, so der Experte für Abwassertechnik weiter. Zum Beispiel ließen sich Klärschlämme mit geringen Schwermetallgehalten ohne weitere Vorbehandlung als Dünger in der Landwirtschaft verwenden. Stärker belastete Klärschlämme, die sich nicht unmittelbar recyceln lassen, könnten thermisch aufbereitet und das Phosphat aus den dabei entstehenden Aschen zurückgewonnen werden.

Notwendigkeit zur Instandhaltung der Abwassernetze

„Die Abwassernetze in Deutschland sind über Generationen hin entstanden und dementsprechend durch Alterungsprozesse sowie innere und äußere Einwirkungen vielfach nicht mehr in bestem Zustand“, eröffnete Univ. Prof. Dr.-Ing. F. Wolfgang Günthert seinen Vortrag. Der Experte für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik am Institut für Wasserwesen der Universität der Bundeswehr München, der auch als Moderator durch die Hofer Wassertage führte, wies damit auf die Dringlichkeit der Sanierung von Abwasserinfrastrukturen hin. „Über schadhafte Kanäle können ungereinigte Abwässer in Boden und Grundwasser gelangen“, betonte Professor Günthert die negativen ökologischen Folgen. In die Kanäle eindringendes Grundwasser belaste wiederum die Abwasseranlagen und führe zu weiteren Schäden und höheren Betriebskosten. Im schlimmsten Fall könne es zu Systemversagen und Funktionsausfall der betroffenen Infrastrukturen kommen. Einem jährlichen Sanierungsbedarf von zwei bis drei Prozent stünden jedoch deutlich geringere Sanierungsraten gegenüber. Zudem müsse bei Bau und Sanierung öffentlicher wie privater Abwassernetze auf eine qualitativ hochwertige Ausführung geachtet werden. „Die Kanäle müssen ausreichend hydraulisch dimensioniert und durch entsprechende Materialauswahl dauerhaft abgedichtet sein, um den hygienischen, hochwasserschutztechnischen und ökologischen Anforderungen im urbanen Raum zu entsprechen“, erläuterte Professor Günthert. Außerdem seien Kanäle regelmäßig zu inspizieren, um frühzeitig einen Sanierungsbedarf festzustellen.

Quelle: WILO SE

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