Wasser zentraler Baustein der Klimaanpassung im urbanen Raum

12.05.2021
Der Klimawandel stellt die Kommunen vor gewaltige Herausforderungen. Überflutungen aufgrund heftiger Starkniederschläge werden häufiger, gleichzeitig drohen langanhaltende Hitze- und –Trockenphasen. Bei der notwendigen Anpassung an den Klimawandel kommt Wasser besonders im urbanen Raum eine zentrale Bedeutung zu.
Wasser zentraler Baustein der Klimaanpassung im urbanen Raum

Zukunftsstadt (Bildquelle: Mathias Uhl, Münster)

Die Schaffung eines natürlichen Wasserhaushalts steht ebenso im Fokus wie ein intelligentes Wassermanagement mit einer blau-grünen Infrastruktur. Die Speicherung von Wasser auf Multifunktionsflächen, in Versickerungsanlagen und mit Dach- und Fassadenbegrünungen schützt nicht nur vor Überflutungen bei ergiebigen Starkniederschlägen, sondern sichert auch die Wasserversorgung von Parkanlagen, Straßenbäumen und innerstädtischen Grünflächen in Trockenphasen. Die Verdunstungskühlung trägt wesentlich zur Minderung von Hitzestress bei. „Wasser und Stadtgrün sind zentrale Bausteine der Klimaanpassung, für eine gesunde und lebenswerte Stadtlandschaft sowie für den Erhalt und die Stärkung der Biodiversität,“ betont Prof. Uli Paetzel, Präsident der DWA Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall, anlässlich der Präsentation der DWA-Position Wasserbewusste Entwicklung unserer Städte.

Die Städte der Zukunft wasserbewusst zu gestalten, bedeutet eine gesicherte Versorgung mit Wasser hoher Qualität und ausreichender Menge, eine intensivierte Begrünung als Hitze- und Klimavorsorge und eine am natürlichen Wasserhaushalt orientierte Bewirtschaftung des Niederschlagswassers mit blau-grüner Infrastruktur und multifunktionaler Flächennutzung. Die wasserbewusste Zukunftsstadt vereint funktional und gestalterisch geschickt die Belange der Wasserwirtschaft, des Städtebaus, der Straßen- und Freiraumplanung und der Klimavorsorge. Ökologisch aufgewertete Gewässer, Ufer und Auen sind Teil einer attraktiven Stadtlandschaft.

„Entsprechende Maßnahmen zum Stadtumbau sind technisch machbar, ökonomisch und ökologisch vorteilhaft und rechtlich möglich, so Prof. Mathias Uhl, Vorsitzender der DWA-Koordinierungsgruppe „Wasserbewusste Zukunftsstadt“. Dies wurde bundesweit in zahlreichen Pilotprojekten unter Beweis gestellt. Die Realisierung in der Fläche scheitert aber häufig an einer mangelnden Zusammenarbeit zwischen den möglichen Projektpartnern, an rechtlichen Unsicherheiten und unscharfen Definitionen der finanziellen Zuständigkeiten.

Ein Schwerpunkt der wasserbewussten Zukunftsstadt ist der natürliche Wasserhaushalt. Grundwasserneubildung und Verdunstung müssen gestärkt, der Abfluss aus der Stadt auf das landschaftstypische Maß begrenzt werden. Flächensparende Erschließungsformen, wasserdurchlässige Flächenbeläge, Versickerungsanlagen, Straßen- und Gebäudegrün, Zisternen sowie Rückhaltegräben und -becken sind bewährte Maßnahmen zur Regenwasserbewirtschaftung und müssen verstärkt berücksichtigt werden. Starkregen und Hochwasserereignisse erfordern klar erkennbare Notabflusswege im Gelände. Grünflächen, Plätze und Sportanlagen sollen künftig multifunktional, auch zum kurzzeitigen Rückhalt von Niederschlagsabfluss, nutzbar sein. Kleinteilige und nutzbare öffentliche Wasserflächen in Parks und in Straßen oder auch kleine fließende Gewässer, Feuchtgebiete bringen gleichzeitig Aufenthaltsqualität, Kühle und Biodiversität in die Städte. Regenwasser und auch nutzungsspezifisch aufbereitetes, hygienisch unbedenkliches Abwasser können als Wasserdargebot zur Bewässerung verwendet werden. Dach- oder Fassadenbegrünungen, Baumpflanzungen oder die Speicherung von Wasser in offenen Retentionsräumen können Feinstaub reduzieren und die Kühlung durch Verdunstung erhöhen. Alternative Wasserressourcen können zur Bewässerung einer gesunden und verdunstungsstarken Vegetation genutzt werden.

Bereits auf der Grundlage des geltenden Rechts sind die entsprechenden Maßnahmen möglich. Das Abwasserrecht des Wasserhaushaltsgesetzes und der Landeswassergesetze erkennt der dezentralen Niederschlagswasserbewirtschaftung Priorität zu. Die meisten Länder haben konkrete Anforderungen an die Zulässigkeit bzw. Erlaubnisfreiheit der Niederschlagswasserversickerung normiert und die Gemeinden ermächtigt, eine dezentrale Niederschlagswasserbeseitigung anzuordnen. Das Baugesetzbuch eröffnet weitreichende Möglichkeiten, städtische Grünzüge auch zu Zwecken der wasserbewussten Stadtentwicklung zu planen und in Bezug auf neue Bebauung die nötigen Grünflächen und Bepflanzungen verbindlich, auch als naturschutzrechtlichen Eingriffsausgleich, festzusetzen. Durch städtebauliche Verträge bestehen bei Großvorhaben weitreichende Möglichkeiten, die wasserbewusste Ausgestaltung zu regeln.

Obwohl das bestehende Recht bereits viele Möglichkeiten eröffnet, muss es noch weiter im Sinne einer wasserbewussten Zukunftsstadt optimiert werden. Unter anderem sollte im Wasserhaushaltsgesetz ein klarer gesetzlicher Auftrag zur Entwicklung der dezentralen Niederschlagsbewirtschaftung normiert werden. Ergänzend sollten wasserrechtlich Möglichkeiten der Entgelt- beziehungsweise Gebühren(mit)finanzierung des Starkregenrisikomanagements von den Bundesländern geschaffen werden. Diese Möglichkeit sehen die Landeswassergesetze noch nicht ausreichend vor. Zudem müssen sowohl für Planung und Bau der entsprechenden blau-grünen Infrastruktur als auch für deren langfristigen Betrieb ausreichend finanzielle Mittel bereitgestellt werden.

Weitere Artikel zum Thema

Teilnehmende aus 73 Ländern bei den BLUE PLANET Berlin Water Dialogues

18.12.2024 -

Am 28. November 2024 fanden die BLUE PLANET Berlin Water Dialogues unter dem Thema „Urban Water Resilience – Reshaping Our Cities“ statt. Die Veranstaltung zog knapp 700 registrierte Teilnehmende aus 73 Ländern an und machte durch die Mitwirkung zahlreicher internationaler Expert:innen deutlich, dass nachhaltiges Wassermanagement weltweit von größter Bedeutung ist.

Mehr lesen

Gemeinsam gegen den Klimawandel: Klima-Wetter-Wasser Forum 2024 in Bad Salzuflen

30.10.2024 -

Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Wasserwirtschaft stehen im Mittelpunkt des diesjährigen Klima-Wetter-Wasser Forums, das am 13. November 2024 im Netzwerk Veranstaltungszentrum Bad Salzuflen stattfindet. Das Forum wird von Xylem sowie den Stadtwerken Bad Salzuflen organisiert und bietet eine Plattform für Expert:innen und Interessierte, um sich über die zunehmenden Herausforderungen auszutauschen.

Mehr lesen

BLUE PLANET Berlin Water Dialogues 2024 zu “Urban Water Resilience – Reshaping Our Cities”

29.07.2024 -

Unter dem Titel „Urban Water Resilience – Reshaping Our Cities“ konzentrieren sich die diesjährigen BLUE PLANET Berlin Water Dialogues am 28. November auf die Notwendigkeit, die Wasser-Resilienz in urbanen Räumen angesichts des Klimawandels zu verbessern. Nachdem im letzten Jahr der Fokus auf der Wasserkreislaufwirtschaft lag, wird sich die diesjährige Ausgabe mit dem Zusammenspiel von blauer, grüner und grauer Infrastruktur zur Stärkung urbaner Wasserresilienz beschäftigen.

Mehr lesen

VDMA macht sich für eine europaweit einheitliche Trinkwasserregulierung stark

28.05.2024 -

„Sauberes Trinkwasser ist ein Menschenrecht. Und es zählt zu den wichtigsten Zukunftsthemen unserer Zeit“, sagt Dr. Laura Dorfer, Geschäftsführerin des VDMA Fachverbandes Armaturen. Die Armaturenindustrie leistet mit der Verwendung trinkwasserhygienisch geeigneter und zugelassener Werkstoffe und wassereffizienter Technologien einen wesentlichen Beitrag zum verantwortungsvollen Umgang mit dieser wichtigen Ressource und zur Sicherung sauberen Trinkwassers.

Mehr lesen

Wasser für den Frieden: Der Weltwassertag 2024

22.03.2024 -

Am 22. März 2024 steht die Welt erneut im Zeichen des Weltwassertags. Unter dem diesjährigen Motto „Wasser für den Frieden“ rufen die Vereinten Nationen zu Aktionen auf, die verdeutlichen, wie nachhaltiges Wassermanagement zur Schaffung von Frieden und Stabilität weltweit beitragen kann.

Mehr lesen