Netzsch: Mobile Drehkolbenpumpe fördert Abwasser störungsfrei und flüsterleise
Bei rund 100 Dezibel (dB) liegt für die meisten Menschen die Toleranzgrenze, was Lärm betrifft. So laut ist etwa ein Presslufthammer. Gehörschäden können sogar schon ab 85 dB eintreten. Allerdings lassen sich Geräusche in Verbindung mit Bau- und Instandhaltungsarbeiten nicht immer verhindern – vor allem in Wohngebieten ein großes Problem.
Die besonders robuste Drehkolbenpumpe fördert auch aggressives, stückiges Abwasser problemlos. Mehrere Schutzsysteme, wie Druck-, Temperatur- und Leckage Überwachung, sorgen zudem für eine hohe Betriebssicherheit. (Quelle: Netzsch Pumpen & Systeme)
Einer der größten Abwasserbetriebe Deutschlands ließ daher für die Wartung seiner Pumpstationen ein spezielles Überbrückungssystem entwickeln, das nur maximal 52 dB erzeugt. Das Aggregat wird außerdem bei Kanalwartungsarbeiten als s.g. Bypass, also der Umleitung des Abwassers während der Revision des Kanals, eingesetzt. Die dafür verwendete Tornado Drehkolbenpumpe der Netzsch Pumpen & Systeme wurde samt Dieselmotor auf einem Hänger montiert, um einen flexiblen Transport zu den Einsatzorten zu ermöglich. Mehrere Sicherheitskomponenten gewährleisten zudem auch bei Dauerbetrieb eine kontinuierliche Förderung.
Ein Netz aus über 100 Pumpstationen sorgt dafür, dass jährlich Millionen Kubikmeter Abwasser in die Kläranlagen des Unternehmens geleitet werden können. Ausfälle gilt es nach Möglichkeit zu verhindern, denn ein Rückstau des verschmutzten Wassers könnte große Probleme für angrenzende Gebäude und umliegende Grundstücke zur Folge haben. Um das zu verhindern, müssen die Stationen regelmäßig gewartet und in der Zeit durch mobile Fördersysteme ersetzt werden. Die dadurch entstehende Lärmbelastung allerdings wäre vor allem in Wohngebieten untragbar gewesen. Der Betreiber schrieb daher die Entwicklung einer schallgedämmten, mobilen und robusten Pumpeneinheit bundesweit aus.
Hohe Ansprüche an Leistung und Lautstärke
Um unabhängig von Strom- und anderen Anschlüssen arbeiten zu können, sollte die neue Anlage per Dieselaggregat betrieben werden. Gleichzeitig durften aus Lärmschutzgründen aber im Betrieb maximal 52 dB erzeugt werden – die Untergrenze dessen, was technisch überhaupt machbar ist. Damit sich der Einsatz möglichst einfach gestaltet, sollte die Pumpe vollautomatisch geregelt werden, die Förderleistung sollte bei einer maximalen geodätischen Saughöhe von 6 m bei bis zu 220 m3/h liegen. Weitere Auflagen waren ein Gesamtgewicht von 3.000 kg und eine Dauerbetriebszeit von mindestens acht Stunden.
Die Entscheidung fiel auf eine Tornado XLB-4, eine Verdrängerpumpe, die aufgrund ihrer Robustheit vielfach im Abwasser- und Klärbereich eingesetzt wird: Die Förderkammern zwischen ihren mehrflügelig gewendelten Drehkolben zeichnen sich durch einen großen Kugeldurchgang aus, weshalb auch stückige, mit Feststoffen durchsetzte Medien ohne Verstopfungsgefahr gefördert werden können. Die Kolben selbst sind mit verschleißbeständigem Nitrilkautschuk gummiert, der auch abrasiven Flüssigkeiten lange widersteht und so eine dauerhaft stabile Dichtlinie zwischen Saug- und Druckseite gewährleistet. Diese Dichtheit ist nicht nur für die Förderleistung entscheidend, sie erlaubt es der Pumpe ebenfalls einen Unterdruck zu erzeugen, durch den das Abwasser auch über größere Höhen selbsttätig und ohne Förderabriss angesaugt werden kann.
Widerstandsfähiges Material und mehrere Schutzsysteme für hohe Betriebssicherheit
Um Wartung und Instandhaltung der Anlage möglichst einfach zu gestalten, ist die Pumpe so aufgebaut, dass die Demontage des Deckels freien Zugriff auf den gesamten Förderraum eröffnet. Die Drehkolben können auf diese Weise bei Bedarf mitsamt der Gleitringdichtungen unproblematisch ausgewechselt werden. Spezialwerkzeug oder ein Werkstattaufenthalt sind dazu nicht nötig. Und auch die Reinigung fällt dank des offenen Zugangs deutlich leichter als bei anderen Bauformen. Da die Pumpe vornehmlich im mobilen Außeneinsatz gebraucht wird, ist diese Servicefreundlichkeit ein wichtiger Vorteil für die Mitarbeiter des Abwasserbetriebs, von denen Netzsch rund 20 vorab in Handhabung und Wartung der Anlage schulte.
Im Hinblick auf die Betriebssicherheit sind zudem Pump- und Getrieberaum der Tornado konstruktiv streng voneinander getrennt, was ein Eindringen des Mediums in das Gleichlaufgetriebe ausschließt. So wird verhindert, dass etwa ein Versagen der Wellenabdichtung gleich zum wirtschaftlichen Totalschaden der Pumpe führt, wie es ohne diese Absicherung höchstwahrscheinlich der Fall wäre. Darüber hinaus wurde die Förderanlage für diese Anwendung mit weiteren Schutzsystemen ausgestattet, um die Ausfallsicherheit noch zu erhöhen: So überwachen Kontaktmanometer die herrschenden Druckverhältnisse und regeln die Pumpe bei Über- oder Unterdruck automatisch nach. Des Weiteren wurde ein Leckage-Detektor eingebaut sowie ein Temperaturfühler, der jederzeit die Hitzeentwicklung im Pumpraum kontrolliert. Beginnender Trockenlauf wird damit sofort erkannt, woraufhin die Anlage selbstständig abschaltet.
Schallisolierter Pumpenhänger läuft seit Inbetriebnahme störungsfrei
Dank ihrer kompakten Abmessungen konnte die Drehkolbenpumpe mitsamt eines extraleisen Dieselmotors auf einen einachsigen Anhänger montiert werden. Hohle Elemente im Trägerrahmen dienen dabei als Kraftstofftank mit einem Fassungsvermögen von 120 l. Damit der Dauereinsatz des Dieselaggregats in Wohngegenden nicht zu einem Abgasproblem führt, wurde der Auspuff nach unten abgeführt und mit einer Steckverbindung ausgestattet. Daran lässt sich im Bedarfsfall ein 2 m langer Schlauch anschließen, über den sich die Abgase in eine beliebige Richtung leiten lassen.
Um den geforderten Lärmgrenzwert von unter 52 dB sicher einzuhalten, wurde über die ganze Konstruktion ein mit 100 mm dicken Mineralfasermatten schallisoliertes Gehäuse gesetzt. Dieses wurde mit Warnschraffierungen und einer orangen Blitzleuchte versehen, da der Hänger im Betrieb meist auf der Straße stehen muss. Zur Kühlung der Maschinen integrierten die Entwickler von Netzsch ein Lüftersystem in die Hülle, außerdem wurden zwei LED-Leuchten verbaut, um bei Bedarf das Wageninnere beleuchten zu können. Gespeist werden Lüfter und LEDs im Betrieb über Batterie und Lichtmaschine, im Ruhestand werden die Batterien über ein externes Ladekabel geladen. Über eine höhenverstellbare Deichsel mit austauschbarem Kugelkopf beziehungsweise Zugöse lassen sich hierfür PKW ebenso verwenden wie LKW. So kann die Tornado flexibel an jeden Einsatzort transportiert werden.
Bereits seit einem Jahr nutzt das Abwasserunternehmen inzwischen den schallgedämmten Pumpenanhänger. Störungen kamen in der Zeit nicht vor. Dazu trägt neben der robusten Konstruktion auch die automatisierte Regulierung mittels einer Brunnensonde bei: Diese misst den Druck, der auf ihr lastet, und ermittelt daraus auf den Meter genau die Höhe der über ihr stehenden Wassersäule. Die Steuerung wählt anhand dessen die entsprechenden Betriebsparameter. Je nach Einstellung der Drehzahl zwi-schen 220 und 430 U/min fördern die Überbrückungspumpen pro Stunde 100 bis 220 m3 Abwasser. Die Anwohner merken davon kaum etwas – weder durch einen Rückstau in der Kanalisation noch durch lärmende Maschinen auf der Straße.