Die richtige Anwendung der MBBR und IFAS Technologie in der biologischen Wasserreinigung

10.07.2017

Tücken stecken in der Detailplanung von Anlagen und Fehler nach der Ausführung sind kaum reparabel.

Die richtige Anwendung der MBBR und IFAS Technologie in der biologischen Wasserreinigung

Multi Umwelttechnologie AG

Warum? Die MBBR/IFAS Technologie wird vermehrt weltweit für die biologische Wasserreinigung eingesetzt. Für die Planung solcher Anlagen gibt es kompetente, verfahrenstechnische Biotechnologen mit dem fachspezifischen Know-how. Nicht selten versuchen jedoch unerfahrene Anlagenbauer und auch Kunststoffproduzenten ohne verfahrenstechnisches Know-how aus gesammelten Informationen diese Technologie zu realisieren oder schlicht gesagt, zu kopieren.

MBBR steht für Moving Bed Biofilm Reaktor und IFAS steht für Integrated Fixed film Activated sludge System. Auf den ersten Blick erscheint es einfach – es gibt einen Reaktionsbehälter in welchen ein Carrier aus Kunststoff eingefüllt und im Wasser oder Wasser-Schlammgemisch durchmischt wird. Der Unterschied zwischen MBBR und IFAS liegt darin, dass in dem IFAS zusätzlich der Belebtschlamm aus der Schlammrückführung genutzt wird und damit die Kombination aus Biofilm und Belebtschlamm in ein- und demselben Reaktionsvolumen zur Anwendung kommt.

Worauf kommt es an? Zunächst ist die richtige und vollständige Aufgabenstellung für die Bearbeitung des Projektes erforderlich. Neben den räumlichen Gegebenheiten und Anforderungen ist die genaue Bestimmung der Abwasser- Zulauf- und der Ablaufparameter erforderlich.

Die Größe der MBBR/IFAS Behälter und das Füllvolumen an Carrier wird anhand der Frachten und unter Berücksichtigung spezifischer Produktfaktoren des Trägermediums bestimmt. Die Frachten werden aus dem nominalen Zulauf (m³/h / m³/d) und den einzelnen Konzentrationen wie z.B. CSB (mg/l) berechnet. Die Wassertemperatur im Auslegungspunkt, der Yield und die produktspezifischen Umsatzraten -Leistungsfähigkeit- des ausgewählten Trägermaterials sind die wesentlichen Faktoren für die Bemessung der MBBR/IFAS Anlagen.

Warum ist die Wassertemperatur wichtig? Zur Berechnung oder auch im Angebotsvergleich von Auslegungen von verschiedenen Anbietern ist die Betrachtung der Wassertemperatur im MBBR/IFAS besonders wichtig. Eine falsche Temperaurannahme hat folgende Auswirkungen:

Wird die Auslegungstemperatur in der Berechnung hoch angesetzt, wie z.B. 35°C dann wird mit einer hohen biologischen Umsatzrate gerechnet und dabei wird das Reaktionsvolumen und auch der Bedarf an Carrier klein (niedriger Angebotspreis).

Das kann im Regelbetrieb zur Folge haben, dass bei niedrigeren Temperaturen wie z.B. 25°C das Reaktionsvolumen und die Menge des Trägermaterials zur Einhaltung der Ablaufanforderungen nicht ausreicht und weiteres Trägermaterial nachgefüllt werden muss, soweit dies überhaupt vom zulässigen Füllvolumen (max. ca. 50 - 70 Prozent) möglich ist.

Wird die Auslegungstemperatur niedrig angesetzt, wie z.B. 10°C, dann erhalten Sie größere Behälter- und Trägermaterialvolumen, obwohl die Temperatur in der Realität wahrscheinlich höher liegt. Größere Behälter mit größerem Füllvolumen sind zwar nicht negativ für die biologischen Eigenschaften, erhöhen aber die Investitionskosten (hoher Angebotspreis).

Um die richtige Auslegung Ihrer MBBR/IFAS Anlagen zu erhalten, ist es also unbedingt erforderlich, die minimalen und maximalen Auslegungstemperaturen festzulegen und darauf zu achten, dass diese Festlegung wirklich berücksichtigt wurde.

Zur „Wettbewerbsfähigkeit“ bleiben nicht selten die realen Anforderungen unberücksichtigt, deshalb ist eine Prüfung und ein Vergleich unabdingbar, oder bei fehlenden Angaben werden die für den Bieter günstigsten Annahmen getroffen, ohne explizit nachzufragen.

Sollte der Sauerstoffbedarf zur Auslegung des Belüftungssystems bestimmt werden, dann ist darauf zu achten, dass hierzu die hohe Wassertemperatur in Ansatz gebracht wurde, weil die Sauerstofflöslichkeit in warmem Wasser schlechter ist als in niedrigeren Temperaturbereichern. Diese Reaktion ist also genau umgekehrt von der Umsatzberechnung.

Somit gilt die allgemeine Regel

  • für Reaktions- und Trägermaterialvolumen ist die niedrigere ↓ Temperatur zu berücksichtigen
  • für die Auslegung des Sauerstoffeintrags ist die höhere ↑ Temperatur erforderlich

Warum ist der Yield von Bedeutung? Er ist für die Bemessung der MBBR/IFAS ein weiterer stark beeinflussender Faktor für Behältergröße/Trägermaterialvolumen und Sauerstoffeintrag. Mit dem Yield wird der Biomassezuwachs in den Berechnungen berücksichtigt. Der Yield ist ein „Erfahrungswert“ aus Pilotierungen, Referenzanlagen und ist je Abwasserherkunft unterschiedlich. Ein falsch gewählter Yield kann die Ursache für eine falsche Auslegungsgröße von MBBR/IFAS Anlagen haben. Eine weitere Ausführung über den Yield würde hier den Rahmen sprengen.

Warum müssen Umsatzraten festgelegt werden? Wie bereits erwähnt tragen die Träger in MBBR/IFAS Anlagen wesentlich am Stoffumsatz, also zur Reduzierung der Abwasserbelastung bei. Sie sind sozusagen das „Kernstück“ für die optimale Leistung. Die für die Auslegung von MBBR/IFAS erforderlichen Umsatzraten sind das Maß der „Leistungsfähigkeit“. Der Produzent muss i.d.R. die Leistungsfähigkeit seines Trägermaterials kennen, weil er ansonsten alle Risiken auf seine Kunden verlagert. Die Umsatzraten sind langjährige Betriebserfahrungen mit dem Produkt „Carrier“ in Großanlagen, Pilotierungen oder labortechnische Untersuchungen. Abwasserherkunft, Zusammensetzung, Temperatur, Nährstoffversorgung, Sauerstoffeintrag etc. spielen dabei eine große beeinflussende Rolle der Leistung. Eine Pauschalisierung, oder das Kopieren von Umsatzraten von anderen Typen ist unverantwortlich.

Hierzu sollte man noch weitere Differenzierungen treffen. Seit Jahrzehnten werden in MBBR/IFAS Anlagen bestimmte Hohlkörper verwendet und aus Veröffentlichungen stehen hierzu Umsatzraten zur Verfügung. Auf Grund verschiedener Nachteile dieser Hohlkörper wurden in den letzten 10 Jahren weitere Entwicklungen betrieben und z.B. die porösen PE-Schaumträger in Chipform entwickelt.

Der technologische Marktführer und Hersteller Multi Umwelttechnologie AG hat in dieser Zeit parallel mit der Produktentwicklung und Optimierung auch die verfahrenstechnische Anwendung in vielen Abwasserarten und Anwendungen mit hohem Aufwand betrieben, damit für dieses spezielle Produkt auch zuverlässige Aussagen über die Leistungsfähigkeit getroffen werden können.

An Hohlkörpern siedeln sich die Organismen an den zur Verfügung stehenden Flächen bis zur Abscherung an und damit ist eine Vergleichsmöglichkeit über die theoretisch ermittelte Oberfläche möglich. Deshalb der Flächenvergleich verschiedener Produktformen und Hersteller.

Bei einem geschäumten Material mit Porensystem ist dieser Flächenvergleich nicht oder nur bedingt aussagefähig weil die Leistungsfähigkeit von der Menge an aktiver Biomasse unter den verschiedensten Bedingungen - wie bereits erörtert - der Fläche allein abhängig ist. Ein Vergleich der Flächen für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit kann nur nach Langzeit-Vergleichstests unter absolut gleichen Milieubedingungen für das spezielle Abwassermedium durchgeführt werden. Hätte der Chip aus 2008 (siehe Bild oben, Mitte) mit seinem Porensystem die gleiche Leistungsfähigkeit erwiesen, dann wäre die Produktoptimierung zum Mutag BioChip blue™ mit 25 mm Durchmesser sicherlich nicht erforderlich. Umfangreiche Untersuchungen bei der Mutag und in einigen Instituten/Universitäten haben die Optimierung des Porensystems mit hoher aktiver Biomasseansiedlung bestätigt.

Fazit: Für die Leistungsfähigkeit ist nicht die Fläche im Vergleich der porösen Chips, sondern die Aufnahme der aktiven Biomasse ausschlaggebend. In der Leistungsfähigkeit gibt es bei Porensystemen erhebliche Unterschiede und ein reiner Vergleich von Flächen kann fatale Auswirkungen in der Anlagenkonzeptionierung haben. Zur Minimierung von Risiken einer falschen Anlagengröße muss die Leistungsfähigkeit von porösen Trägern unbedingt in dem jeweils zu behandelnden Abwassers für den ausgewählten Träger verbindlich nachgewiesen sein, bzw. der Bieter oder Kunststofflieferant muss über die Kenntnis der realen Leistungsdaten für den speziellen Anwendungsfall mit dem zuletzt ausgewählten Trägermaterial verfügen.

Annahmen oder Schätzungen helfen Ihnen letztendlich nicht und nur ein Flächenvergleich ist nicht zuverlässig.

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