Atlas Copco sponsert Modellfabrik der TU Darmstadt mit Druckluftsystem

03.08.2017

Die ETA-Fabrik an der TU Darmstadt zeigt, dass ein energieoptimiertes Zusammenspiel von Maschinen, technischer Gebäudeausrüstung und Gebäudehülle Einsparungen im hohen zweistelligen Prozentbereich möglich macht. Atlas Copco unterstützt dieses zukunftsweisende Forschungsprojekt mit einem hocheffizienten GA-Schraubenkompressor der neuesten Generation.

„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“ Mit diesem verkürzten Zitat von Aristoteles lässt sich die Idee der ETA-Fabrik an der Technischen Universität Darmstadt gut auf den Punkt bringen. ETA steht für Energieeffizienz, Technologie und Anwendungszentrum – und für die übergreifende Zusammenarbeit der Fachbereiche Architektur, Bauingenieurwesen und Maschinenbau. In der Modellfabrik auf dem Uni-Campus wird seit Anfang 2016 der Produktionsprozess eines Standardwerkstücks aus dem allgemeinen Maschinenbau abgebildet und unter energetischen Gesichtspunkten optimiert. Das Projekt zielt jedoch nicht allein auf die Effizienzmaximierung des Maschinenparks, der technischen Gebäudeausrüstung und der Gebäudehülle, sondern will auch Synergien zwischen den Teilbereichen ausschöpfen.

„Am Fachbereich Maschinenbau haben wir bereits ähnliche Projekte zum Teilsystem ‚Maschine‘ durchgeführt“, erklärt Philipp Schraml, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) an der TU Darmstadt und einer der Forscher im ETA-Fabrik-Projekt. „Das Gleiche gilt für die Bauingenieure und Architekten bezüglich der Teilsysteme ‚Gebäude‘ und ‚Technische Infrastruktur‘. Unsere Idee ist es nun, die bisherige Einzelbetrachtung aufzubrechen, durch eine gesamtheitliche Herangehensweise Synergien zu nutzen und auf diese Weise höhere Energieeinsparungen zu realisieren.“

Forscher sehen energetisches Einsparpotenzial von 40 %

Durch die Vernetzung und Interaktion der Teilbereiche, kombiniert mit Energiecontrolling und -rückgewinnung, können die Forscher in der ETA-Fabrik Einsparpotenziale von etwa 40 % darstellen. Über eine isolierte Optimierung der Teilsysteme sind laut Philipp Schraml lediglich Einsparungen unter 30 % möglich. Motiviert sei das Projekt durch den bislang noch sehr hohen Strom- und damit Kostenbedarf deutscher Industriebetriebe. „Die Industrie ist in Deutschland mit 47 Prozent für den größten Teil des Strombedarfs verantwortlich“, erläutert Schraml. „Wenn man diesen Anteil weiter aufschlüsselt, dann sieht man, wo die Hauptverbraucher liegen. Das ist allem voran die mechanische Energie, das sind Pumpen, dann die Prozesskälte- und -wärmebereitstellung und auf Platz vier mit rund sieben Prozent die Druckluft. Genau diese Themen bearbeiten wir in der ETA-Fabrik!“ Ein Ziel, das offenbar den Nerv der Zeit trifft, denn Unterstützung erhält das auf vier Jahre angesetzte Projekt mit einem Gesamtvolumen von rund 15,5 Millionen Euro nicht nur vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und dem Land Hessen, sondern auch von mehr als 30 Forschungspartnern aus der Industrie.

Atlas Copco unterstützt ETA-Fabrik mit effizientem Schraubenkompressor

Einer der Sponsoren ist die Essener Atlas Copco Kompressoren und Drucklufttechnik GmbH. Das Unternehmen unterstützt das Projekt mit einem öleingespritzten, drehzahlgeregelten Schraubenkompressor des Typs GA 22 VSD+ FF, einem 1000-l-Druckluftspeicher sowie der kompletten Druckluftverteilung, die mit dem innovativen Airnet-System realisiert wurde. Das modulare Konzept besteht aus korrosionsfreien Aluminiumleitungen und leckagesicheren Verbindungsstücken. Es erlaubt eine schnelle Installation und reduziert den Druckabfall im Betrieb auf ein Minimum, wodurch eine sehr hohe Effizienz sichergestellt wird. „Verlegung und Anschluss des Airnet-Systems waren sehr einfach, so dass wir bei der Installation keine Hilfe brauchten“, lobt Schraml. „Bei der Auslegung hat uns Atlas Copco unterstützt.“ Die Rohre und die vorgespannten Anschlussstücke werden in nur wenigen Schritten und ohne schwere Maschinen zusammengesetzt. Airnet lässt sich zudem dank des großen Sortiments an wiederverwendbaren Verbindungsstücken ohne großen Aufwand umrüsten und an Änderungen in der Produktionsstätte anpassen.

Auch der Kompressor aus der Baureihe GA VSD+ gehört zum Effizientesten, was derzeit auf dem Markt im Bereich öleingespritzter Schraubenkompressoren zu finden ist. Seine Drehzahlregelung (VSD = Variable Speed Drive) verringert den Energieverbrauch um bis zu 50 % gegenüber schlecht ausgelasteten Kompressoren mit Last-Leerlauf-Regelung. Gleichzeitig bieten die GA+-Modelle eine um 9 % höhere Luftausbeute bei gleicher Leistung als ihre Vorgängergeneration, zeichnen sich durch einen leisen Betrieb aus und benötigen dank des vertikal angeordneten Antriebsstrangs zum Teil nur so viel Platz wie ein Kühlschrank. Das Kürzel FF steht für die „Full-Feature“-Variante, bei der bereits ab Werk Kältetrockner, Druckluftfilter, Kondensatableiter und -trenner sowie alle Anschlüsse für eine Wärmerückgewinnung in das Kompressorgehäuse integriert sind.

„Das ‚+‘ bei unseren GA-VSD-Kompressoren steht für einen ölgekühlten Permanentmagnet-Motor und eine besonders hohe Energieeffizienz“, sagt Helmut Bacht, Produktmanager für öleingespritzte Kompressoren bei Atlas Copco in Essen. „Wir betrachten diese Baureihe als wegweisende Innovation für den industriellen Bereich.“ Ein herkömmlicher Kompressor, so Bacht, laufe entweder mit voller Drehzahl oder im Leerlauf. Das koste enorm viel Energie, da der Luftbedarf im Werk praktisch nie der erzeugten Menge entspreche. Eine VSD-Maschine dagegen laufe überhaupt nur, wenn Bedarf bestehe, und dann mit der benötigten Geschwindigkeit. Das senke den Energieverbrauch erheblich.

Prinzipiell wird an jeder Stelle des Produktionsprozesses in der ETA-Fabrik Druckluft benötigt. Der Betriebsdruck liegt derzeit bei 7 bar, soll jedoch noch nach unten optimiert werden. „Jede der Maschinen hat einen Druckluftanschluss“, beschreibt Schraml. „Unter anderem brauchen wir die Druckluft als Sperr- und Spülluft an den Werkzeugmaschinen und für verschiedene Pneumatikanwendungen. Beispielsweise hat unser Ofen für den Härtungsprozess diverse Klappen, die pneumatisch betätigt werden. Auch die Bauteiltrocknung nach der Reinigung erfolgt mit Druckluft.“

Werkstück vereint typische Bearbeitungsprozesse

Die ETA-Fabrik demonstriert mögliche Energieeinsparungen am Beispiel der Produktion von Steuerscheiben für Hydraulikaxialkolbenpumpen. Hier arbeiten die Forscher eng mit Bosch Rexroth zusammen, die die Steuerscheibe serienmäßig produzieren. „Unser Bauteil sollte verschiedene Prozesse abbilden, die im deutschen Maschinenbau weit verbreitet sind“, beschreibt Schraml die Auswahlkriterien. „Bei der Herstellung der Steuerplatte können wir Reinigungs- und Härtungsprozesse sowie eine Weich- und eine Hartbearbeitung darstellen. Und wir können unsere Prozesskette hier an der bei Bosch Rexroth messen.“

Um die hohen Energieeinsparungen zu erreichen, haben die Forscher zum einen die Maschinen selbst energetisch optimiert. Außerdem wurden innovative Steuerungskonzepte für einen konstanten Lastgang entwickelt, um Bedarfsspitzen zu vermeiden. „Für dieses Thema haben wir uns auch das Institut für mechatronische Systeme der TU Darmstadt an Bord geholt“, berichtet Schraml. „Dort wurde ein Schwungradspeicher zur Speicherung von Rotationsenergie entwickelt. Diesen Speicher haben wir am Anschlusspunkt der Fabrik installiert und können nun Lastspitzen, die durch den Betrieb der einzelnen Maschinen entstehen, abpuffern.“

Auf der Maschinenebene gibt es darüber hinaus die Verknüpfung zwischen den Einzelmaschinen, wobei die Werkzeugmaschine als Quelle und die Reinigungsmaschine als Senke thermischer Energie fungieren. Mehrere Speichersysteme entkoppeln Wärmeangebot und Wärmenachfrage. „Normalerweise wird heute die Abwärme in die Halle abgegeben, und dort brauche ich dann für jedes abgegebene Kilowatt noch einmal etwa 300 Watt Kühlleistung, um die Wärme aus der Halle wieder herauszubringen“, erklärt Schraml. „Wir nutzen die Abwärme, um die Maschine für die Bauteilreinigung zu versorgen, aber gleichzeitig auch für die Gebäudeheizung in der kalten Jahreszeit oder zur Kälteerzeugung über unsere Absorptionskältemaschine.“

Heizung und Kühlung über aktivierbare Gebäudehülle

Ein wichtiger Faktor im Heiz- und Kühlkonzept der ETA-Fabrik ist die aktivierbare Gebäudehülle. Diese besteht aus einer hochfesten Betonschicht auf der Außenseite, einer Dämmschicht aus Schaumbeton und einer tragenden Schicht aus Standard-Stahlbeton auf der Innenseite. Die Besonderheit der Konstruktion liegt in zwei Kapillarrohrmatten aus Polyethylen, die – wie eine Fußbodenheizung – in die äußere und innere Betonschicht eingegossen wurden und unabhängig voneinander angesteuert werden können. „In der kalten Jahreszeit heizen wir die Halle über die Gebäudeinnenseite“, erklärt Schraml, „und im Sommer können wir die überflüssige Wärme über die äußere Gebäudehülle abgeben und beispielsweise an den Nachthimmel abstrahlen.“ Darüber hinaus befinde sich auf dem Dach ein kleines Sprinklersystem, das an die Regenwasserzisterne der TU Darmstadt angeschlossen sei. „Das heißt, wir können die Betonplatten da oben aktivieren und die überschüssige Energie hindurchleiten. Durch das Besprenkeln wird dem Gebäudeteil dann Verdunstungsenergie entzogen.“

Komplexes Energiemanagement und Monitoring

Um Wärme beziehungsweise Abwärme möglichst effizient zu nutzen, verfügt die ETA-Fabrik über verschiedene wassergebundene Temperaturnetze. „Die Haupttemperatur liegt bei 15 bis 20 Grad Celsius – das ist unser Kaltwassernetz“, beschreibt Philipp Schraml das Konzept. „Dann gibt es ein Warmwassernetz mit Temperaturen zwischen 30 und 40, maximal 50 Grad Celsius, sowie ein Heißwassernetz mit Temperaturen um die 80 Grad. Außerdem haben wir verschiedene Mischniveaus.“ Der GA-Kompressor ist mit allen Komponenten für eine Wärmerückgewinnung ausgestattet und speist die entstehende Abwärme ins Warmwassernetz ein. Die Wärme wird dann – je nach Bedarf – für die Fußbodenheizung im Bürotrakt, für die Aktivierung der Kapillarmatten zur Hallenheizung oder für Reinigungsprozesse genutzt. „Die Wärmerückgewinnung des Kompressors läuft über eine eigene Pumpe, so dass wir die Volumenströme und die Temperaturdifferenzen feststellen und überwachen können“, sagt Schraml. „Die Wärmemenge variiert je nach Lastzustand des Kompressors und liegt im Schnitt bei etwa 250 Kilowattstunden pro Monat.“

Komplexes Energiemanagement und Monitoring

Der Kompressor ist nur einer von vielen Messpunkten innerhalb der ETA-Fabrik. „Unsere Fabrik ist zwar eigentlich nicht so groß, aber es gibt deutlich mehr als 1000 Datenpunkte, die wir aufzeichnen“, verdeutlicht Schraml den Messaufwand im Vergleich zu industriellen Fabriken. „Wir sammeln die Daten von allen Maschinen, vom Gebäude und von der technischen Gebäudeausrüstung ein. Diese nutzen wir für unser Monitoring, um zu sehen, in welchem Status sich die Fabrik gerade befindet. Außerdem realisieren wir mithilfe dieser Daten die Regelung. Darüber hinaus besitzt jede Maschine einen Volumenstromsensor, so dass die Druckluftverbräuche getrennt ermittelt und aufgenommen werden können.“

Die Steuerung der kompletten Fabrik läuft über ein Hausautomationssystem. Dort wird zurzeit auch der Kompressor eingebunden. „Wir haben am Kompressor ein Profibus-Kommunikationsmodul verbaut, das wir in Kürze aufschalten werden“, blickt Philipp Schraml in die nahe Zukunft. „Über den Profibus laufen dann die Schaltung und das Monitoring. Dann können wir beispielweise zwischen verschiedenen Druckbändern wechseln, je nachdem, welche Verbraucher gerade laufen, und die Druckluftversorgung noch effizienter gestalten.“ Darüber hinaus sei man gerade dabei, am Kompressor elektrische Leistungszähler nachzurüsten. „In Kombination mit den Erzeugungsdaten Druck, Volumenstrom und Abwärme können wir dann den Wirkungsgrad verfolgen und die Leistungsdaten des Kompressors kontinuierlich überwachen.“

Bild: In der ETA-Modellfabrik auf dem Uni-Campus der TU Darmstadt wird seit Anfang 2016 der Produktionsprozess eines Standardwerkstücks aus dem allgemeinen Maschinenbau abgebildet und unter energetischen Gesichtspunkten optimiert. Dabei zielt das Projekt jedoch nicht allein auf die Effizienzmaximierung des Maschinenparks, der technischen Gebäudeausrüstung und der Gebäudehülle, sondern will auch Synergien zwischen den Teilbereichen ausschöpfen. (Fotos: Eibe Soennecken, Darmstadt)

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