Voith Hydro setzt mit erster horizontalen, sechsdüsigen Peltonmaschine neue Maßstäbe im Kraftwerk Gerlos 1
Sondertransport des 6,5 Meter breiten Turbinengehäuses von St. Pölten bis ins Tiroler Zillertal. (Bildquelle: Voith Hydro)
Bei der Peltonturbine, die sich besonders für Anlagen mit großen Fallhöhen eignet, wird das Triebwasser in einem Strahl mit sehr hoher Geschwindigkeit aus einer oder mehreren Düsen auf die Becher des Laufrads gelenkt. Peltonturbinen mit mehr als drei Düsen wurden bisher stets mit vertikaler Welle ausgeführt. Hauptgrund hierfür war, dass damit bislang ein höheres Wirkungsgradniveau als bei horizontaler Anordnung erreicht werden konnte. Voith Hydro hat diesen Nachteil nun erfolgreich ausgeräumt – wie jetzt im Kraftwerk Gerlos 1 unter Beweis gestellt wurde. Hier wird erstmalig ein vergleichbarer Wirkungsgrad zur vertikalen Anordnung erreicht. Dabei wurden die bisherigen vier vertikalen Peltonturbinen erfolgreich durch eine sechsdüsige horizontale Peltonmaschine ersetzt.
Anwendungsfälle
Neben diesem Anwendungsfall ist die Technologie besonders für Modernisierungen bestehender Wasserkraftanlagen interessant bei denen bereits ein- oder zweidüsige horizontale Einheiten verbaut sind. Denn ein Austausch der Turbine ist ohne größeren baulichen Aufwand möglich, was Baukosten und Umbauzeiten stark reduziert. Gleichzeitig besteht enormes Potenzial den Wirkungsgrad zu steigern. Durch eine damit einhergehende, potenzielle Reduzierung der Maschinenanzahl, kann ebenso eine Senkung zukünftiger Wartungskosten erreicht werden. Auch bei Neuanlagen punktet die neue Entwicklung, da sie gegenüber herkömmlichen Lösungen mit kleinerem Aushub bzw. mit kleinerer Grundfläche und weniger Bauvolumen auskommt. Damit verbunden ist auch eine verkürzte Installationszeit, die die Gesamtinvestitionskosten deutlich reduziert.
Kontinuierliche Entwicklungsarbeit
Die Dauer des Zusammenwirkens von Wasserstrahl und den Bechern des Peltonlaufrads ist äußerst kurz und beträgt oft nur wenige Millisekunden. Aus diesem Grund ist die Strömungssimulation von Peltonturbinen bei weitem die komplexeste und schwierigste aller hydraulischen Turbomaschinensimulationen. Bei Voith Hydro wurden die Methoden in den letzten Jahren so weiterentwickelt, dass beispielsweise auch die Gehäuseströmung untersucht werden kann. Dieser wichtige Fortschritt leistete auch einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung des neuen Konzepts.
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hat Voith Hydro Tausende von Peltonturbinen unterschiedlichster Größe und Leistung in alle Welt geliefert. Am Konzept der mehrdüsigen horizontalen Peltoneinheiten forscht das Unternehmen in Deutschland bereits seit Jahren intensiv. Unter der Bezeichnung „HP3+“ sind die daraus hervorgehenden Entwicklungen aller horizontaler Peltonturbinen mit mehr als drei Düsen zusammengefasst.
Voith Hydro Experten haben die Technologie im vergangenen Jahr auf einer führenden internationalen Wasserkraftkonferenz in Wien vorgestellt. Dieser Weltpremiere gingen umfangreiche Tests und Modellversuche im eigenen Forschungs- und Entwicklungszentrum in Heidenheim voraus. Erste Kunden setzen bereits auf die neuartige Konstruktion, darunter das führende Österreichische Energiewendeunternehmen Verbund.
Beeindruckender Transport
Vor Inbetriebnahme der neuen Maschineneinheit sorgte bereits der spektakuläre Transport des Maschinengehäuses für Aufsehen. Anfang April 2022 verließ dieser 54 Tonnen schwere Koloss das Werksgelände des österreichischen Voith Hydro Standorts in St. Pölten. Neben seinem Gewicht beeindruckten auch die Abmaße von knapp neun Metern Länge, über sechs Metern Breite und vier Metern Höhe. Die logistische Meisterleistung konnte durch einen Schwertransport über ganze drei Nächte vollbracht werden.
Quelle: Voith GmbH & Co. KGaA