Neue Energiestandards für Neubauten in China
China kann mit neuen Standards den Energieverbrauch in Neubauten im Vergleich zur bisherigen Norm um bis zu 80 Prozent senken. Das zeigt eine Studie, die die Deutsche Energie-Agentur (dena) in Zusammenarbeit mit dem Bundesbauministerium und dem chinesischen Bauministerium (MoHURD) erstellt auf der führenden Fachmesse für Gebäudeenergieeffizienz in China präsentiert hat.
Die Studie definiert vier Standards, die sich mit der in China verfügbaren Technik in verschiedenen Klimazonen und Gebäudetypen wirtschaftlich umsetzen lassen. Wie das Bauen nach den vorgeschlagenen Standards funktioniert, wird nun in mehreren Pilotprojekten demonstriert, darunter ein Wohnquartier in der Stadt Harbin und ein Wohnhochhaus in der Stadt Qinhuangdao. Das erste Pilotprojekt, eine Schule in Mianyang, ist bereits fertiggestellt. Seit Oktober 2010 lernen die Schüler dort in der energieeffizientesten Schule Chinas. Die Ergebnisse der Pilotprojekte sollen in die chinesische Gesetzgebung einfließen.
"China verfügt im Bausektor über eine große Energiequelle: Energieeffizienz", betonte Stephan Kohler, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung, bei der Übergabe der Studie an den chinesischen Vize-Bauminister Qiu Baoxing. "Angesichts des anhaltenden Baubooms sind die Einsparpotenziale enorm. Weniger Energieverbrauch bedeutet mehr Versorgungssicherheit, mehr Liquidität, mehr Innovation, mehr Komfort und auch mehr Klimaschutz. Gleichzeitig trägt Energieeffizienz auch zu dauerhaft bezahlbaren Wohnkosten für breite Bevölkerungsschichten bei."
Zentrales Ergebnis der dena-Studie: Bei den untersuchten Gebäudetypen könnte die meiste Energie durch den Einbau von Lüftungs- und Sonnenschutzsystemen eingespart werden. Weitere wichtige Maßnahmen sind bessere Standards für Gebäudedämmung und der Einbau von effizienter Heiz- und Kühltechnik. Die in der Studie definierten Effizienzstandards orientieren sich an den Klimazonen Peking und Schanghai sowie an den Gebäudetypen Wohnhaus und Bürohaus. Die von der dena vorgeschlagenen Standards geben einen Energieverbrauch vor, der zwischen 40 und 80 Prozent unter dem chinesischen Mindeststandard liegt. Damit hat die dena realistische Zielvorgaben erstellt, die dazu beitragen sollen, die chinesischen Energie- und Klimaschutzziele zu erreichen. Gleichzeitig können die neuen Standards als Bewertungsskala für ein Zertifizierungsverfahren der energetischen Gebäudequalität im chinesischen Markt genutzt werden.
Jeder Standard gibt Richtwerte für Dämmung, Heizung, Kühlung und Lüftung vor. Hinzu kommen Empfehlungen zur Qualitätssicherung beim Bau. Ausgangsbasis waren die Erfahrungen mit dem Bau energiesparender Gebäude in Deutschland. Bei der Übertragung auf den chinesischen Markt kam es vor allem darauf an, die klimatischen, wirtschaftlichen und technischen Bedingungen zu berücksichtigen. Chinesische Planer und Investoren können sich auf Grundlage der dena-Energiestandards für die Durchführung weiterer Pilotprojekte bewerben.
Der Gebäudebestand wächst in China jährlich um neun Prozent, zuletzt kamen über zwei Milliarden Quadratmeter Gebäudefläche in einem Jahr neu hinzu - das entspricht in zwei Jahren etwa der gesamten Gebäudefläche Deutschlands. Die energetische Beschaffenheit der Neubauten in China erreicht nur in seltenen Fällen die heute realisierbaren Effizienzstandards. Die aktuellen chinesischen Richtlinien sind mit der Wärmeschutzverordnung Anfang der 1980er Jahre in Deutschland vergleichbar. Pro Quadratmeter Wohnfläche wird in China durchschnittlich viermal mehr Energie für Heizung und Kühlung verbraucht als in Europa. Gleichzeitig nehmen die Anforderungen an den Wohnkomfort und damit auch der Energieverbrauch stetig zu.
Quelle: Deutsche Energie-Agentur GmbH