Engineering first! – Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden und Anlagentechnik

08.06.2011

Einen hochkarätig besetzten Planerkongress mit rund 300 Teilnehmern veranstaltete der Dortmunder Pumpenhersteller Wilo gemeinsam mit dem Kongresspartner RWE am 19. und 20. Mai im Düsseldorfer Maritim Hotel. Weitere Veranstaltungspartner waren die Deutsche Energieagentur (dena) und die Fraunhofer-Gesellschaft.

Engineering first! – Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden und Anlagentechnik

Planerkongress 2011 (Foto: Wilo)

Unter dem Leitmotiv „Engineering First! – Ziele, Innovationen, Strategien, Ergebnisse“ wurde über aktuelle Aktivitäten und Optionen zur Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden referiert.

Megatrend Energieeffizienz als globaler Wachstumstreiber

Die einen sprechen von zunehmender Ökodiktatur, den anderen geht es zu langsam. Fakt ist, dass es mit weniger gehen muss: Energieeffizienz ist ein globaler Megatrend. Wer seitens der Industrie den Trend verpasst, wird es in Zukunft schwer haben. Was vielerorts als Herausforderung gesehen wird, versteht Wilo-Vorstandssprecher Oliver Hermes als globalen Wachstumstreiber und als Riesenchance für ein strategisch solide aufgestelltes Unternehmen mit der Bereitschaft, in innovative Technologien zu investieren. Insbesondere im Boom-Markt der energetischen Gebäudesanierung seien verlässliche Partner gefragt, die mit maßgeschneiderten Produktlösungen, Spitzenqualität und einem umfassenden Kundenservice den Weg in die Zukunft begleiten. Hermes erläuterte in diesem Zusammenhang die strategischen Weichenstellungen seines Unternehmens und die großen Investitionen im Bereich Forschung und Entwicklung für Hocheffizienzpumpen. Sein Unternehmen investiere massiv, um den Anspruch von Wilo an Innovationsführerschaft und exzellenten Kundenservice weiter auszubauen. Die Rekordwerte der Wilo SE bei Umsatz, EBIT sowie dem Konzernergebnis des letzten Jahres unterstreichen, dass Wilo mit seinem Engagement auf dem richtigen Weg ist.

Pumpentechnik für die Gebäude-Technologiestandards der Zukunft

Peter Stamm, Vertriebsleiter D-A-CH der Wilo SE, nannte als Beispiel die 2001 vorgestellte „Wilo-Stratos“. Sie ist die erste Hocheffizienzpumpe für Heizung, Klima- und Kälteanwendungen weltweit und die Grundlage für alle in den letzten zehn Jahren entwickelten Innovationen von Wilo. Mit dem Inkrafttreten der EU-Verordnung für Nassläufer-Umwälzpumpen zum 1. Januar 2013 wird ihre Technologie und Effizienz nur zwölf Jahre nach der ersten Präsentation zum europaweit verbindlichen Standard für die Gebäudetechnik. Denn durch besonders strenge und zum 1. August 2015 weiter verschärfte Vorgaben der neuen EU-Verordung unter der europäischen Ökodesign-(ErP-)Richtlinie an die Energieeffizienz von Nassläufer-Umwälzpumpen dürfen in der Europäischen Union ab diesem Zeitpunkt praktisch nur noch extrem stromsparende Hocheffizienzpumpen in den Verkehr gebracht werden. Mit den Baureihen „Wilo-Stratos“ und „Wilo-Stratos PICO“ habe Wilo hundertprozentig zukunftssichere Modelle im Programm, die sowohl die aktuellen Anforderungen der Energieeffizienzklasse A als auch alle kommenden Effizienzkriterien im Sinne der neuen EU-Verordnung für Nassläufer-Umwälzpumpen nicht nur erreichen, sondern teilweise weit übertreffen.

Über 70 Prozent der von Wilo im letzten Jahr in Deutschland gelieferten Nassläufer-Umwälzpumpen waren bereits Hocheffizienzpumpen. Auch die zur ISH 2009 vorgestellte Innovation „Wilo-Geniax“ – das erste dezentrale, bedarfsgerechte Pumpensystem der Welt – sei auf einem guten Weg. „Wilo hat damit erstmals von der ‚Komponentenkompetenz Hocheffizienzpumpe’ kommend den ganzheitlichen Ansatz Systemtechnik belegt. Der Fokus liegt nicht mehr auf dem Stromverbrauch von Pumpen, sondern auf Einsparpotentialen von Primär- oder Heizenergie. Wir werden weiter ‚Best in Class’-Beiträge zur Gebäude-Energie-Effizienz leisten und die Erfolgsgeschichte fortsetzen“, so Stamm weiter.

Dazu gehört auch eine von Wilo mit auf den Weg gebrachte Initiative namens „Allianz für Gebäude Energieeffizienz“ (geea), die am 9. Mai von Stefan Kohler, dem Vorsitzenden der dena-Geschäftsführung, im Rahmen einer Pressekonferenz erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Kohler berichtete in seinem Referat über Ziele und Vorgehensweise der geea.

Wie die hochkarätigen Experten in ihren Vorträgen belegten, beherrscht der „Megatrend Energieeffizienz“ die Gebäudepraxis in nahezu allen Bereichen – von Forschung und Entwicklung über die Gesetzgebung auf europäischer bzw. Bundesebene bis hin zu intelligenten Finanzierungsmodellen unter Einbeziehung der erzielbaren Kostenentlastung.

Innovative Gebäudetechnik als Motor für Ökologie und Ökonomie

Dass der Bausektor trotz Konjunkturerholung weiterhin vor erheblichen Herausforderungen steht, betonte Prof. Dr.-Ing. habil. Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer Gesellschaft. Denn in 2009 und 2010 seien auch die Konjunkturpakete des Bundes mitverantwortlich für einen recht konstanten Geschäftsverlauf gewesen. Zukünftig stehe die Branche, die mit einem Jahresumsatz von 82 Mrd. Euro und etwa 700.000 Beschäftigten eine zentrale Bedeutung für die deutsche Wirtschaft habe, unter einem hohen Innovationsdruck, um im globalen Wettbewerb zu bestehen. Derzeit entfallen nur rund 0,1 Prozent aller Aufwendungen für Forschung und Entwicklung in Deutschland auf das Bauwesen, so Prof. Bullinger. Vor dem Hintergrund, dass sich Gebäude der Zukunft unter anderem durch Nachhaltigkeit auszeichnen müssten, komme innovativen Gebäudetechnologien besondere Bedeutung zu. Prof. Bullinger präsentierte in diesem Zusammenhang die Fraunhofer-Allianz Bau, in der 16 Fraunhofer-Institute ihr Know-how und ein Gesamtforschungsvolumen von 240 Mio. Euro gebündelt haben. Ein Beispiel für die hier entstandenen zukunftsweisenden Projekte sei das Fraunhofer inHaus-Zentrum, in dem zurzeit sieben Fraunhofer-Institute und 96 Wirtschaftspartner kooperieren, um neue Lösungen für Räume und Gebäude zu entwickeln, zu testen, zu demonstrieren und in den Markt zu bringen. So ist hier das Dezentrale Pumpensystem „Wilo-Geniax“ bereits vor seiner offiziellen Markteinführung zum Einsatz gekommen.

Besondere Herausforderungen für die Immobilien des Bundes

Annette von Hagel von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Sparte Facility Management, stellte wichtige energierelevante EU-Richtlinien, nationale Gesetze und Verordnungen des Bundes vor, die für das Immobilienportfolio der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben relevant sind und bis 2020 schrittweise umgesetzt bzw. in Kraft treten werden. Dabei wies sie auf eine Besonderheit hin: „Die EU nimmt den Bund sowie die Länder als Eigentümer öffentlicher Bauten besonders in die Pflicht, indem sie die Vorbildfunktion einfordert. Deshalb werden die genannten Gesetze für die Öffentliche Hand bereits zwei Jahre früher, das heißt bis Ende 2018, schrittweise wirksam“, so von Hagel. Seit dem 1. Mai 2011 gelte durch das Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes beispielsweise nicht nur bei Neubauten, sondern auch bei bestehenden öffentlichen Gebäuden eine Verpflichtung, erneuerbare Energien anteilig zu nutzen. Von Hagel verwies auch auf die besondere Vorbildfunktion des Bundes für Baukultur und Nachhaltigkeit. Diese erstrecke sich auch auf die energetische Sanierung von Bundesbauten, insbesondere beim Einsatz innovativer Technologien und Materialien. Hintergrund sei auch das Energiekonzept der Bundesregierung von September 2010, das bis 2050 eine langfristige Senkung des Wärmebedarfs vorsieht, um einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen.

Perspektiven im deutschen Heizungsmarkt

Klaus Jesse, Präsident des Bundesindustrieverbands Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik e.V. (BDH), verwies auf den besonderen Beitrag, den energieeffiziente Innovationen vor allem im Gebäudebereich zur Senkung des Energieverbrauchs leisten können. Denn in Gebäuden wird über 40 Prozent der Endenergie in der EU verbraucht, der größte Teil davon für Raumwärme und Warmwasser. Allein in Deutschland gebe es erhebliche ungenutzte Potenziale. Denn laut einer Studie aus dem Jahr 2009 seien rund 77 Prozent der Heizanlagen unzureichend effizient. Auf dem insgesamt rückläufigen deutschen Markt für Heizungstechnik sei zudem lediglich in 23 Prozent der neuen Heizungsanlagen eine Einkoppelung erneuerbarere Energien erfolgt – in 2008 seien es noch 45 Prozent gewesen. Bis 2015 solle dieser Anteil – so das Ziel des BDH – gleichwohl auf 80 Prozent gesteigert werden. Jesse verwies zudem auf entscheidende Fortschritte bei der Technologieentwicklung. Inzwischen sei die Kombination von Brennwertheizungen mit Solartechnik etabliert, die Gas-Wärmepumpe und die dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung in Mikro-KWK marktfähig. Abschließend hob Jesse die Potenziale der BDH-Doppelstrategie „Effizienz und erneuerbare Energien“ hervor: Der CO2-Ausstoß lasse sich um 100 Mio. Tonnen reduzieren, der deutsche Energieverbrauch könne um 18 Prozent gesenkt werden. Durch zusätzliche Investitionen von 24 Mrd. Euro könnten darüber hinaus 300.000 Arbeitsplätze neu geschaffen werden. Für Hausbesitzer ergäbe sich zudem eine Entlastung von 30 bis 50 Prozent bei den Kosten für Heizung und Warmwasser.

Energiestrategie für Deutschland: Maßnahmen, Umsetzung

Stephan Kohler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur GmbH (Berlin) stellte Maßnahmen, Potenziale und Beispiele zur erfolgreichen Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudebereich vor. Hierbei ging er unter anderem auf den aktuellen Stand der Gebäudesanierung in Deutschland und bestehende Markthemmnisse ein. Detailliert erläuterte er die Marktinstrumente zur Steigerung energetischer Sanierungen wie etwa den Energieausweis oder das Effizienzhaus-Label.

Kohler stellte abschließend die neue Allianz für Gebäude Energieeffizienz (geea) vor. Es handelt sich um einen Zusammenschluss von bedeutenden Akteuren der Gebäude- und Energiewirtschaft. Das Ziel besteht in der Erschließung des Breitenmarktes für energetische Gebäudesanierungen. Die geea wird durch die dena koordiniert und wurde am 9. Mai anlässlich einer Pressekonferenz in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt.

Mehr Innovation durch Contracting

Die zunehmende Bedeutung des Lifecycle-Ansatzes gerade bei komplexeren Energiekonzepten hob Alfred Gayer, Geschäftsführer der RWE Energiedienstleistungen GmbH, im Rahmen des Planerkongresses hervor. So konzentriere man sich in bestehenden Anlagen vielfach nicht mehr allein auf den Austausch bestehender Technik, sondern zunehmend auf die Realisierung komplexerer Maßnahmenpakete. Als Beispiele nannte er die Nutzung von Abwärme aus produktionstechnischen Prozessen oder die Integration von Blockheizkraftwerken in bestehende Versorgungskonzepte. Solche umfassenden und ganzheitlichen Energiekonzepte steigerten – so Gayer – signifikant die Effizienz, allerdings auch die Investitionssummen und die Herausforderungen an die Planung. „Bei der Umsetzung solcher Projekte kommt daher dem Contracting – und vor allem der frühzeitigen und umfassenden Einbindung von Fachplanern – eine wachsende Bedeutung zu“, so der Experte für Energiedienstleistungen. Der dabei zum Tragen kommende Lifecycle-Ansatz betrachte die Investitions- und die Folgekosten eines Projektes und zeige Möglichkeiten zur Optimierung der Gesamtkosten über einen langfristigen Zeitraum auf: „Senken wir die Energieverbräuche nachhaltig um 20 Prozent, erlaubt uns dies eine nahezu doppelt so hohe Anfangsinvestition in effiziente und intelligent geplante Anlagentechnik“, so Gayer.

„Wilo-Geniax“: Energieeffiziente Option der bedarfsgerechten Wärmeversorgung der Zukunft

Eine Technologie, die heute und in Zukunft nachhaltige Impulse zur Energieeffizienz im Gebäudebereich geben kann, präsentierte abschließend Andreas Rösing von der Wilo SE mit dem Dezentralen Pumpensystem „Wilo-Geniax“. In Feldversuchen mit dem Fraunhofer Institut für Bauphysik seien Einsparungen gegenüber optimierten, herkömmlichen Systemen von 20 Prozent Primärenergie und zusätzlichen 50 Prozent elektrischer Energie nachgewiesen worden. Der TÜV Rheinland hat diese Untersuchungen bestätigt und zertifiziert. Inzwischen bewähre sich das innovative System, das mit dem bekannten Design-Preis „Red Dot Award“ ausgezeichnet wurde, in zahlreichen Neubau- und Sanierungsobjekten aller Gebäudekategorien. Zu den über 100 mit „Geniax“ betriebenen Objekten in Deutschland, die während Planung und Realisierung intensiv durch Wilo betreut wurden, kommen inzwischen zahlreiche Bauprojekte, die durch SHK-Fachhandwerker in Eigenregie ausgeführt werden. 2011 soll auch in anderen Ländern wie der Schweiz und Österreich die Markteinführung erfolgen. Vor dem Hintergrund der erheblichen Energiesparpotenziale und -notwendigkeiten ist Wilo optimistisch, dass sich dieses innovative System langfristig als Standard in der Baupraxis durchsetze.

Preisverleihung für den Geniax-Planerwettbewerb

Im Rahmen der Veranstaltung erfolgte auch die Preisverleihung zum „Geniax-Planerwettbewerb“, den die Wilo SE durchgeführt hatte. Dabei ging es um die meisten Quadratmeter beheizter Grundfläche in geplanten und ausgeführten Gebäuden, die mittels „Wilo-Geniax“ beheizt werden. In der Kategorie bis fünf Mitarbeiter gewann das Ingenieurbüro Hans Löffka aus Oersdorf, unter den Planungsbüros mit mehr als fünf Mitarbeitern setzte sich die Goldbeck Ost GmbH aus Treuen durch. Die siegreichen Teams können sich auf einen Segeltörn im Mittelmeer auf einer hochmodernen Segelyacht freuen.

Quelle: WILO SE

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