Abwassertage bei der WILO SE, Werk Hof
Abwassertage bei der WILO SE, Werk Hof vom 20.- bis zum 21. Juni 2023 waren ein voller Erfolg. (Bildquelle: WILO SE)
Alle Vortragenden waren vor Ort und die Teilnehmer konnten sich gut mit den Experten Austauschen. Die komplette Veranstaltung wurde in ganz D-A-CH von unserem Lokalen Fernsehsender Oberfranken TV gestreamt und live übertragen.
Betreiber von Anlagen, Ingenieur-Büros, Hochschulen, Kläranlagen, Fachleute sowie Gastredner diskutierten über die aktuellen Themen dieser Branche. Die 11 Referenten berichteten über ihre Erfahrungen und Forschungsergebnisse und standen den Teilnehmern für alle Fragen aus ihrem Fachbereich zur Verfügung.
Marcus Neppl Vertriebsleiter Watermanagement eröffnete die Tagung, nach einer Kurzvorstellung des Konzerns ging er vor allem auf das Thema Herausforderungen und Megatrends in der Wasserwirtschaft ein. Herausforderungen, zu denen passende Lösungen gefunden werden müssen. Ein eingespielter Film über das Werk Hof untermauerte seine Aussagen, dass die smarten Abwassersysteme am Standort Hof gebaut werden. Er wünschte den Teilnehmern zwei spannende und informative Tage und übergab an Mario Hübner von WILO der an beiden Tagen durch die Veranstaltung führte. Es folgten 10 Experten, welche über den aktuellen Stand in der Wasserwirtschaft referierten.
Den ersten Fachvortrag hielt Dr.-Ing. Sebastian Wulff von der TU Berlin er referierte über das "DWA 120" - Beispiele aus Wissenschaft und Praxis. Was kann eine Universität zu einem DWA - Arbeitsblatt beitragen? Wir können beispielsweise klären, warum Ihre Ideen bei der einen Anwendung problemlos laufen und bei der nächsten Anlage viele Ausfälle und Serviceeinsätze zur Folge haben. Er erklärte: Aus Kooperationen mit Betreibern, Herstellern und anderen Forschungseinrichtungen kommen Ideen zusammen, die für den Einsatz in der Praxis getestet werden. Die Universität bietet das Ideale Umfeld, um solche Ideen zu testen, ohne eine Gefahr für den laufenden Betrieb darzustellen. Vor ihrem Einsatz werden sie mit den Kooperationspartnern in Pilotprojekten im realen Einsatz getestet, nachdem sie ausgiebige Test unter Laborbedingungen absolviert haben. So können Zulaufbedingen für trocken aufgestellte Pumpen oder getauchte Pumpen in Schachtpumpstationen, Mindestgeschwindigkeiten in Rohrleitungen, digitale Ansätze und vieles mehr auf Herz und Nieren getestet werden, bevor sie für den Betrieb in Pumpwerken vorgeschlagen werden.
Als nächstes referierte Mario Hübner von der WILO SE, Werk Hof sein Thema war - die smarte Abwasserpumpstation - Anspruch an Betriebssicherheit, Energieeffizienz und Konnektivität. Sein Schwerpunkt lag bei der smarten Abwasserpumpe Wilo-Rexa SOLID-Q mit Nexos Intelligenz.
Wir haben die intelligente Pumpenbaureihe speziell für die Anforderungen des modernen Abwassermanagements entwickelt und auf höchste Betriebssicherheit ausgerichtet. Die Systemlösung eignet sich zur Rohabwasser-Förderung in mittelgroßen Pumpstationen in Nass- oder Trockenaufstellung.
Für maximale Zuverlässigkeit sorgt die integrierte Verstopfungserkennung, die automatisch einen Reinigungsvorgang auslöst, sobald sie ein zum Blockieren neigendes Laufrad erkennt. Dank dieser Eigenschaften ist die smarte Abwasserpumpe selbständig in der Lage, Veränderungen in ihrem Betriebsumfeld zu erkennen und sich automatisch darauf einzustellen.
Die Wilo-Rexa SOLID-Q verfügt zudem über eine redundant ausgeführte Master-Slave-Steuerung. Die so genannte Nexos-Intelligenz mit integrierten SPS-Regelungsfunktionen ist auf das im Motorkopf verbaute Digital Data Interface (DDI) installiert. Die komplette Steuerungsintelligenz sitzt damit bereits im Aggregat und es wird keine zusätzliche externe Steuerung benötigt. Der zum System zugehörige, externe Frequenzumrichter wird bei der Inbetriebnahme komfortabel auf Knopfdruck durch die Pumpe parametriert. Der IE5-Permanentmagnetmotor dieser Maschine erzielt im Vergleich zur Asynchrontechnik höchste elektrische Wirkungsgrade über einen deutlich breiteren Lastbereich.
Georg Ruf – Leiter Abteilung Abwasser der Stadtwerke Bietigheim - Bissingen GmbH folgte auf diesen Vortrag und schilderte seine Erfahrungen mit diesem System. Abwasserförderung von Rohabwasser – vom Pilotprojekt zum störungsfreien Dauerbetrieb. Nachdem er die Stadtwerke vorgestellt hatte, zeigte er die Abwasserförderung der Gemeinde Pleidelsheim. Über Jahre hinweg wurden immer wieder Optimierungen durchgeführt da der Abwassertransport in den letzten Jahren bezüglich Feststoffanteil schwieriger geworden war. In seinen Ausführungen konnte man erkennen, dass es mehrmals in der Woche zum Blockieren der Abwasserpumpen kam. Er zeigte viele Entwicklungsstufen, welche durchgeführt wurden. Mit der
WILO Rexa SOLID-Q10-42 mit Nexos Intelligenz Ende 2018 kam man zu einem nahezu störungsfreien Betrieb. Über einen Link hat er sich live in die Pumpenanlage eingewählt und hier konnte man die aktuellen Daten der Maschine erkennen. Er sprach von weiteren Umrüstungen von Pumpwerken, die nach den heutigen Erfahrungen leichter zu entscheiden sind.
Nach der Kaffeepause folge Vortrag 5 von Jochen Heckel von der KROHNE Messtechnik. Sein Thema war das Intelligente Messventil für Durchfluss-, Druck- und Prozessregelung sichert eine smarte Abwasserableitung und effiziente Abwasserreinigung. In der Wasserwirtschaft war es in den letzten Jahrzehnten nicht als erstes von Interesse Energie zu sparen, doch das hat sich entsprechend geändert. Der Fokus richtet sich immer weiter auf das Thema Energieeffizienz und Einsparungen. Nicht zuletzt, weil man als öffentliche Versorger auch beispielhaft voran gehen möchte, einen Teil zum Energiewandel beizutragen um die neu gesteckten Ziele zu erreichen. Mehr und mehr finden also Technologien Einsatz, die bewährt sind, um den Prozess sicherzustellen, aber die Zusammensetzung dieser bewährten Parameter ist ein erster Ansatz, um in eine neue Richtung zu denken.
Ein intelligentes Messventil vereint Regelventil, Durchflussmessgerät, Druck- und Temperaturfühler sowie eine umfangreiche Rechenleistung in einem Gerät. Mit dem pneumatischen Antrieb hat man auch die Möglichkeit einen Druck vorzuhalten für eine bestimmte Zeit und diesen auch jederzeit aufzubringen, denn den Kompressor, den man ja immer benötigt, kann man im Falle eines BlackOuts jederzeit mit wenig Energie/Notstrom versorgen. Somit können jede Art von Regelaufgaben wie zum Beispiel Zulaufsteuerung einer Kläranlage oder eine intelligente Hochbehälterbefüllung realisiert werden.
Gaseinschlüsse in Druckleitungen behindern den Abwassertransport, weil Sie die Förderhöhe steigern, wodurch der Durchfluss sinkt, mitunter sogar zum Erliegen kommt. AIRVALVE hat sich seit über 20 Jahren auf die fachgerechte Be- und Entlüftung von Druckleitungen spezialisiert. In einem lebhaften Vortrag veranschaulichte Bernd Husemann, geschäftsführender Gesellschafter von AIRVALVE, wie strömungsbehindernde Gasansammlungen vermieden und Druckleitungen gleichzeitig vor Unterdruck und Druckstoß geschützt werden können.
Nach den Vorträgen wurde ein Gruppenfoto erstellt und 3 Werksführungen angeboten, die sehr gut angenommen wurden. In den Produktionshallen konnte die Fertigungstiefe der Pumpen und der Antriebstechnik begutachtet werden. Am Prüfstand standen aktuell mehrere Splitcase Pumpen mit Antriebsmotoren von 500 kW Nennleistung zum Besichtigen, welche demnächst ins Ausland geliefert werden. Ein Fachaustausch am Abend mit allenTeilnehmern und Referenten rundete den ersten Tag ab.
Nach einem kurzen Rückblick des ersten Tages startete am zweiten Tag Tobias Duckheim von der WILO SE in Dortmund mit seinem Vortrag. Bei den ersten drei Vorträgen ging es hauptsächlich um die Rührtechnik in der Biologie und in der 4. Reinigungsstufe. Herr Duckheim zeigte auf, dass zur Auswahl von Wilo Produkten für die Abwasserreinigung umfassende produktspezifische Auswahlprogramme entwickelt wurden. Zusätzlich zu Einzelauslegungen können diese Programme mit einer übergeordneten Applikation gekoppelt und so die relevanten Größen der einzelnen Programme untereinander ausgetauscht werden. Der so entwickelte digitalisierte Design-Workflow ermöglicht die Auslegung effizienter Systeme sowie die Auswahl betriebssicherer und energieeffizienter Produkte.
Aufbauend auf diesen Vortrag folgte Manuel Wolter von der WILO SE mit seinem Vortrag. Die Auslegung von Tauchmotorrührwerken erfordert ein hohes Maß an fundierter Studien gepaart mit langjährigen Erfahrungen des jeweiligen Rührwerksherstellers. Durch die gemeinsame Nutzung des Rührwerkauswahlprogrammes kann unter Beachtung neuester Auswahlrichtlinien und Algorithmen eine Bearbeitung der kundenspezifischen Anfragen erfolgen. Für die zahlreichen verfahrenstechnische Anwendungen kann das jeweilige Rührwerk aus dem Wilo Portfolio zielorientiert ausgewählt und angeboten werden. Dies garantiert einen störungsfreien und zugleich effizienten Betrieb über mehrere Jahre.
Der letzte Programmpunkt im ersten Block wurde gemeinsam von Tobias Duckheim, Manuel Wolter und Mario Hübner vorgetragen. Das Thema hier waren die Energieeinsparpotentiale anhand realisierter Beispiele aus der Praxis. Zum einen wurde schon für den zweiten Block dieses Vormittags hingewiesen, hier stieg man kurz auf die PFAS – Stoffe ein. PFAS ist eine Abkürzung für per- und polyfluorierte Chemikalien. Diese Stoffgruppe umfasst nach letzten Schätzungen mehr als 10.000 verschiedene Stoffe. PFAS kommen nicht natürlich vor und werden seit den späten 1940ern hergestellt. Die vierte Reinigungsstufe wird in vielen Bundesländern intensiver angegangen. Mit einem neuen Förderprogramm sollen Kommunen beim Ausbau ihrer Abwasserinfrastruktur unterstützt werden. Das Bayerische Umweltministerium fördert in diesem Programm den Bau der vierten Reinigungsstufe mit einem Zuwendungssatz von 50 Prozent; bei Inbetriebnahme bis Ende 2024 sogar bis zu 70 Prozent. Im Förderprogramm antragsberechtigt sind nach Angaben des Umweltministeriums die Betreiber der in der bayerischen Spurenstoffstrategie genannten 13 Kläranlagen der ersten Priorität: Aschaffenburg, Ansbach, Augsburg, Bamberg, Coburg, Erlangen, Fürth, Kulmbach, Lindau, München II – Gut Marienhof, Nürnberg II Schweinfurt und Würzburg. Man ging im Vortrag auf die Besonderheiten des Rührmediums innerhalb der 4. Reinigungsstufe ein. Zeigte CFD – Simulationen im Kontaktreaktor und dazugehörige Optimierungsansätze. Es wurde die Abwasserreinigung der Kläranlage Arnstadt aufgezeigt in der wir die Implementierung einer Kennfeldbasierten Drehzahlregelung für die installierten Rührwerke vorstellten, durch diese Maßnahmen konnte der Strombedarf um 50% reduziert werden. Im letzten Beispiel wurde die Kläranlage Essen – Kettwig betrachtet, durch den Umbau auf effizientere Rührwerke und optimierter Drehzahlregelung konnten Einsparungen von 500.000.- Euro auf 10 Jahre aufgezeigt werden bei einem Energiepreis von 20 Cent / kWh, der heute nicht mehr ausreichend ist.
Im zweiten Block begann Herr Andras Harangozo von der Techfina SA aus der Schweiz. Sein Thema war Energie – und kosteneffiziente Spurenstoffellimination: Die Schweizer Erfolgsgeschichte. Techfina SA ist einer der führenden Schweizer Anlagenbauer zur Elimination von Mikroverunreinigungen aus dem Abwasser. Der Erfolg basiert auf der Zusammenarbeit mit Forschung (eawag, KOMS), mit Entwicklung (Pilotanlagen: Vorderes Renchtal, Barbengo), durch den Kontakt zu Verbänden (VSA, DWA) und mit zuverlässigen Partnern, die Schlüssel-Komponenten zur Ausrüstung von Kläranlagen liefern (z.B. WILO GVA -> Martin Systems). Sie verfügen über ein breites Spektrum an Verfahrenstechnik, welches jegliche Art von Abwasser behandeln kann. Mit Verfahrensspezialisten im Techfina-eigenen Team, welche energieeffiziente, nachhaltige Lösungen für die Problematik jeder einzelnen Anlage entwickeln. Sowie Inhouse-Engineering und -Konstruktion, die den Kunden maßgeschneiderte Lösungen liefern.
Im Anschluss konnten wir Frau Maria Thiel vom Kompetenzzentrum Spurenstoffe Baden-Württemberg KOMS gewinnen, welche über die Spurenstoffelimination auf kommunalen Kläranlagen in Deutschland referierte. Sie ging auf dieses Thema nochmals tiefer ein und meinte, die Umsetzung der gezielten Spurenstoffelimination auf Kläranlagen soll im Rahmen des „Vorsorgeprinzips“ dazu beitragen, das Risiko, welches durch anthropogene Spurenstoffe im Wasserkreislauf entsteht, zu verringern. Dieses Ziel wird auch in der nationalen Wasserstrategie ausgegeben. Nicht zuletzt durch die Novellierung der EU-Kommunalabwasserrichtlinie ist das Thema aktueller denn je. Eine wesentliche Aufgabe des Kompetenzzentrum Spurenstoffe Baden-Württemberg ist es, die Umsetzung der Spurenstoffelimination auf kommunalen Kläranlagen wissenschaftlich zu begleiten, durch neue Erkenntnisse aus Forschungsprojekten zu beschleunigen und Synergieeffekte auszunutzen. Die sogenannte vierte Reinigungsstufe trägt damit zu einem nachhaltigen Gewässer- und Umweltschutz bei.
Den letzten sehr interessanten Vortrag referierte Prof. Dr. Ing. Tobias Schnabel von der Hochschule Hof Die Energiekriese zieht nach wie vor ihre Kreise. Insbesondere energieintensive Verfahren wie die Membranfiltration und Ozonoxidation büßen dadurch Vorteile ein. Photonische Verfahren die direkt mit Sonnenlicht als Energielieferant betrieben werden können, sind eine spannende Alternative in Bezug auf die weitergehende Abwasserreinigung. Im Vortrag von ihm wurden die neuesten Erkenntnisse der Forschungsgruppe „Photonik und Wasser“ der Hochschule Hof vorgestellt und erste Applikationsversuche gezeigt. Die photokatalytische Oxidation sowie die simultane Abwasserreinigung und Stromerzeugung mittels Photobrennstoffzellen wurden anhand von Projektergebnissen verdeutlicht.
Die Schlussworte und die Verabschiedung übernahmen Marcus Neppl und Mario Hübner, nach einem gemeinsamem Mittagstisch und gutem Netzwerken, haben die Gäste die Heimreise angetreten. „Mit den Abwassertagen wollten wir aufgreifen, was die Branche und unsere Kunden brandaktuell bewegt und gleichzeitig Perspektiven und Lösungsansätze aufzeigen“. „Und das ist uns in diesen Tagen hervorragend gelungen. Die anwesenden Personen und die an den Bildschirmen und die positiven Resonanzen sprachen da für sich. Die Teilnehmer haben sich über den angeregten Austausch aller Beteiligten gefreut, was die Bedeutung dieses Seminars für unsere Branche zusätzlich unterstreicht.“
Doch: Was sagen die Teilnehmer?
Daniela Fröber, technische Leiterin der Kläranlage/Pumpwerke Selb:
Ein hervorragendes, eindrucksvolles Seminar mit vielen praktischen Hinweisen zur Optimierung der Verfahrenstechnik auf den Kläranlagen und Pumpwerken. Spannend vorgetragen, durch die sehr fachkundigen Referenten. Das Seminar hat mich unwahrscheinlich motiviert und habe dadurch viele neue Impulse bekommen. Man konnte sich bei guten Diskussionen, Gesprächen untereinander austauschen und neue Netzwerke miteinander bilden.
Quelle: WILO SE