70 Jahre LEWA
LEWA Hauptsitz. (Bildquelle: LEWA GmbH)
Als internationale Gruppe verfügt das Unternehmen mittlerweile über 14 Niederlassungen sowie 80 Vertretungen weltweit. Gemeinsam mit dem neuen Eigentümer Atlas Copco wird das Unternehmen das Pumpengeschäft in der Power and Flow-Division aufbauen. Zukunftstechnologien und -applikationen sollen noch mehr in den Fokus der Unternehmenstätigkeit rücken. So plant LEWA mit seinen energieeffizienten Pumpentechnologien und Lösungen fokussiert in Green-Growth-Märkte wie Wasserstoffwirtschaft und Kreislaufsysteme zu investieren. Zu diesem Zweck wird der Hauptsitz in Leonberg zum Innovation Campus ausgebaut.
Am 1. Februar 1952 gründeten die beiden 23-jährigen Ingenieure Herbert Ott und Rudolf Schestag, zwei Vertriebene aus dem Sudetenland, das Ingenieurbüro LEWAG (LEonberg WAsseraufbereitunG) mit dem Ziel, automatische Flüssigkeitsdosiergeräte für die Wasseraufbereitungstechnik zu entwickeln. „Die Anfänge des Unternehmens waren allerdings recht abenteuerlich“, so Stefan Glasmeyer, CSO bei LEWA. „Das von einem Verwandten zur Verfügung gestellte Startkapital von 3.000 DM war bald aufgebraucht und auch das einzige Firmenfahrzeug – ein Motorrad, mit dem die erste Auslieferung erfolgte – musste bald verkauft werden.“ Doch mit Hartnäckigkeit und Erfindergeist überwanden die jungen Unternehmer die Anfangsschwierigkeiten: Bereits 1954 meldeten sie das Patent für eine Kipphebelpumpe an, der eine Reihe weiterer Neuentwicklungen folgten.
Entwicklung zum Experten für Membrandosier-Pumpentechnik
Mit der Einführung einer regeltechnischen Sparte im Jahr 1959 stieg das Unternehmen in den Anlagenbau ein, Anfang der 1960er Jahre dann in die Membrandosier-Pumpentechnik für Prozessanwendungen, die bis heute ein Herzstück des Portfolios bildet. „Zu dieser Zeit zog das Unternehmen auch an seinen jetzigen Standort um und richtete eine Forschungsgruppe ein, um Innovationen strukturiert zu erarbeiten“, erklärt Dr. Martin Fiedler, COO der LEWA Gruppe. Aus dieser Tätigkeit entstand 1968 bereits ein Patent auf eine leckanzeigende vierlagige Sandwich-Membran aus PTFE, die selbst bei einer Beschädigung hermetisch dicht bleibt und bis heute eine wichtige Komponente in LEWA-Membranpumpen ist. Um die Präsenz des Unternehmens im Ausland zu verbessern, gründete LEWA ab Ende der 1960er Jahre zudem Vertriebsgesellschaften, die ersten 1968 in Österreich und den USA. Heute liegt die Zahl der Tochterunternehmen bei 14, hinzu kommen Vertretungen und Vertriebsbüros in mehr als 80 Ländern weltweit.
Mit Fokus auf die Kernkompetenz verbesserte LEWA seine Produkte kontinuierlich weiter: 1973 folgte mit der Patentierung der M500-Pumpenköpfe ein weiterer Meilenstein in der Unternehmensgeschichte. Dabei handelt es sich um Membranpumpenköpfe, die aufgrund einer neuartigen Membranlagensteuerung auch bei schwierigen Fluiden wie Suspensionen oder hochviskosen Flüssigkeiten maximale Betriebssicherheit bieten. Bis zum Anfang der 2000er Jahre gesellten sich drei weitere Pumpenmodelle dazu: „Seit 1984 haben wir LEWA triplex-Prozess-Membranpumpen im Portfolio“, so Glasmeyer. „Sie tragen den steigenden Umweltschutz- und Sicherheitsauflagen Rechnung.“ 1990 kamen mit der Serie LEWA ecodos Dosiermembranpumpen für den Einsatz im Niedrigdruckbereich hinzu, 2003 das innovative Baukastensystem der LEWA ecoflow-Pumpenserie mit Diaphragm Protection System (DPS) für den universellen und betriebssicheren Umgang mit gefährlichen, umweltbelastenden und hochviskosen Medien. Ein Jahr später lieferte LEWA mit der G4T sogar die größte Prozess-Membranpumpe der Welt nach Norwegen.
Internationalisierung nach Eigentümerwechsel
Nach der Übernahme des Familienunternehmens durch die Deutsche Beteiligungs AG (DBAG) im Jahr 2005 wurden Marktdurchdringung und Internationalisierung weiter vorangetrieben. Seit der Akquisition durch das japanische Hightech-Unternehmen NIKKISO Co. Ltd. im Jahr 2009 profitierte LEWA von Synergieeffekten, unter anderem durch Cross-Selling und gemeinsame Vertriebskanäle. 2010 brachte LEWA die ecosmart-Pumpe für kostensensible Anwendungen auf den Markt (die Serie wird 2022 um weitere Modelle ergänzt), worauf 2015 die Auslieferung des weltgrößten Chemical Injection Packages folgte. Ab 2016 kam es zu einer Expansion am Unternehmenssitz in Leonberg: „Durch den Bau von neuen Werkhallen wurde die Infrastruktur für das zukünftige Unternehmenswachstum geschaffen“, erläutert Fiedler.
In den folgenden Jahren erhöhte LEWA sukzessive die F&E-Quote und baute seine digitalen Services weiter aus, um Anlagenbetreiber bei der Umstellung auf die Produktion in der digitalen Fabrik zu unterstützen. So wurde ein Smart-Monitoring-System eingeführt, das Merkmalswerte sowie Key Performance Indicators von LEWA ecoflow und LEWA triplex Prozess-Membranpumpen ermittelt und sich besonders gut für kritische Anwendungen in der Chemie-, Pharma- oder Lebensmittelindustrie eignet. „Seit 2010 konnten wir ein kontinuierliches Wachstum verzeichnen, das die internationale Aufstellung der LEWA-Gruppe und die lokale Wertschöpfung weiter gestärkt hat“, erklärt Glasmeyer. Bis 2020 erzielte LEWA auf diese Weise eine Umsatzsteigerung um durchschnittlich 7 Prozent pro Jahr auf 251 Mio. Euro.
Fokus auf energieeffiziente, nachhaltige Applikationen
Aktuell stehen vor allem nachhaltige Applikationen im strategischen Fokus des Unternehmens: „Wir sehen hier großes Wachstumspotenzial, sowohl in Übergangstechnologien wie Gas, als auch in der Kreislaufwirtschaft oder regenerativen Energien wie Wasserstoff und deren Speichermöglichkeiten“, erläutert Dr. Philipp Trunk, Senior Strategy Manager bei LEWA. „Die Energieeffizienz unserer Pumpentechnologie und eine stärkere Digitalisierung und bleiben uns ebenfalls Anliegen und Herausforderung.“ Um die Chancen der neuen Märkte zu nutzen, baut LEWA, das als Unternehmensgruppe seit März zur Atlas Copco-Gruppe gehört, den Standort Leonberg weiter aus. In der Power and Flow-Division des neuen Eigentümers bildet die LEWA-Gruppe das Fundament für den Aufbau des Pumpengeschäfts. Dieses wird auch die NIKKISO Non-Seal Pumpen umfassen, für deren Vertrieb LEWA zuständig bleibt. Zudem wird am Hauptsitz gerade ein Innovation Campus eingerichtet, der alle Mitarbeiter und Funktionen, die für die Produkt- und Applikationsentwicklung bereits sehr eng zusammenarbeiten, auch räumlich näher zusammenführt. Durch das kreativitätsfördernde Umfeld will LEWA Produkte und Lösungen zukünftig schneller und umfangreicher am Markt positionieren.
Zukunftsfelder für LEWA-Technologien – eine Einschätzung von Dr. Philipp Trunk, Senior Strategy Manager bei der LEWA GmbH
Neue Märkte für energieeffiziente Pumpen
Im Bereich der Energieeffizienz steigen die Anforderungen an die Betreiber von Produktionsanlagen: Neben steigenden Lebenszykluskosten für weniger effiziente Aggregate kommt beispielsweise auch die Notwendigkeit hinzu, die eigene CO2-Bilanz langfristig und kontinuierlich zu verbessern. Daher wird die Energieeffizienz stärker als bisher zum Selektionskriterium für den verwendeten Pumpentyp. Niedrige Lebenszykluskosten und ein kleiner CO2-Footprint der LEWA-Pumpen wiegen zum Teil höhere Investitionskosten auf.
Transition Technologies wie Gas/LNG
Bis zur ausreichenden Verfügbarkeit grüner Energiequellen müssen sinnvolle Zwischenlösungen etabliert werden. Es zeichnet sich ab, dass ein großer Teil der Kohlenutzung besonders über Gastechnologien abgefangen wird. Daraus ergeben sich neue Applikationsmöglichkeiten für Dosier- und Prozess-Membranpumpen.
Green-Growth-Markt Kreislaufwirtschaft
Die Wiederverwertungsrate im Rahmen von Kreislaufsystemen wächst derzeit stark, beispielsweise bei Plastik, Batterierohstoffen und Metallen.
Auch CO2 wird zunehmend im Kreis geführt; zusammen mit Wasserstoff ergeben sich neue Möglichkeiten der Nutzung als Speichertechnologie für direkt anfallenden grünen Strom aus Sonne und Wind. Es entstehen verschiedene synthetische Brenngase und Flüssigbrennstoffe. Die hierfür notwendige Infrastruktur wird in den nächsten Jahren aufgebaut und erweitert. Hier können robuste und flexible LEWA-Pumpen für die Fluidförderung eingesetzt werden. So wird ein wichtiger Baustein für den Ausgleich zwischen natürlicher Erzeugung und flexibler Nutzung grüner Energie darstellbar.
Auch höherwertige Kohlenwasserstoffe können als Ausgangsprodukte in der Petrochemie und Prozessindustrie auf diesem nachhaltigen Weg bereitgestellt werden. Fossile Ausgangsstoffe könnten so nach und nach substituiert werden. In diesem Feld entstehen derzeit ebenfalls zahlreiche Anwendungen, für die LEWA-Pumpen geeignet sind.
Aktueller Stand: Wo steht LEWA bezüglich effizienter Pumpentechnologien und nachhaltiger Anwendungen?
Der Innovation Campus in Leonberg: Die Mitarbeiter und Funktionen, die für die Entwicklung von Produkten und Applikationen verantwortlich sind, arbeiten bereits mit einer gemeinsamen Ausrichtung stärker zusammen. Nachhaltige Anwendungen werden im Hinblick auf den potenziellen Einsatz von LEWA-Technologien analysiert und das Unternehmensportfolio wird auf die Zukunftsmärkte ausgerichtet. Im Bereich der Digitalisierung sieht sich der Pumpenhersteller durch LEWA Smart Monitoring sowie die Kooperation mit Pilotkunden bei der Entwicklung neuer Services bereits gut gerüstet. Die räumliche Zusammenführung im Innovation Campus ist aufgrund von anstehenden Umbaumaßnahmen noch in Arbeit.
Hinsichtlich energieeffizienter Pumpentechnologien sieht sich LEWA ebenfalls gut positioniert: Aufgrund ihres Bauprinzips besitzen LEWA-Pumpen einen hohen Wirkungsgrad – sowohl absolut als auch über einen weiten Betriebsbereich. Sie haben dadurch eine besondere Stärke bei Teillastbetrieb sowie bei Lastwechseln in verfahrenstechnischen Anlagen und zeichnen sich durch Individualisierungsmöglichkeiten wie modulare Produktion oder Load & Fluid Flexibility (Pumpenskids, die mit verschiedenen Fluiden und bei wechselnden Lasten betrieben werden) aus. LEWA ist hier umfassende Kooperationen im Rahmen von Forschungsprojekten zur Energieeffizienz eingegangen (z.B. ENPRO-Projekt bei DECHEMA).
Die Pumpen können damit einen wesentlichen Beitrag zur Effizienz im Gesamtprozess leisten: In diesem Rahmen wird eine integrier- und standardisierbare Antriebs- und Steuerungstechnik immer wichtiger – genauer gesagt, eine zentrale Integration von Steuerung, Benutzeroberflächen und Condition Monitoring (Sicherheit, Alarme sowie Prozesssteuerung/Wartungsplanung). Mit dem Smart Monitoring hat LEWA bereits die Voraussetzung geschaffen, für den Betreiber ein Gesamtoptimum an Energieeffizienz zu erzielen.
Quelle: LEWA GmbH