Prozesspneumatik mit kleinen Maßen und großer Sicherheit

16.06.2022
In der Prozess- und Verfahrenstechnik hat Pneumatik einen hohen Stellenwert, denn Druckluft ist einfach über Rohrleitungen zu verteilen, gut speicherbar, sauber und trocken. Die hohen Strömungsgeschwindigkeiten ermöglichen zudem einen schnellen Funktionsablauf. Um die benötigte Luftleistung sicher zu schalten, bieten sich Ventilblöcke oder Ventilinseln an.
Prozesspneumatik mit kleinen Maßen und großer Sicherheit

Auch große Luftleistungen lassen sich in kompakten Abmessungen unterbringen. (Bildquelle: Werner Bennek, Bürkert Fluid Control Systems)

Dank ihrer kompakten Abmessungen lassen sie sich gut vor Ort unterbringen, selbst in Ex-Bereichen und platzkritischen Anwendungen, wie die folgende Anwendung aus der Spezial-Chemie zeigt.

Am Standort Langelsheim im südlichen Niedersachsen stellt die Albemarle Germany GmbH zahlreiche hochwertige Chemieprodukte für die unterschiedlichsten Branchen her. Dazu zählen beispielsweise Lithiumsalze für die Batterieproduktion und metallorganische Stoffe für den Einsatz in der Pharma- oder der Chemieindustrie. Auch Spodumen-Konzentrate, die bei der Glas- und Keramikherstellung oder in metallurgischen Anwendungen Verwendung finden, sowie organische Salzlösungen, die in vielen Prozessen als Katalysatoren dienen, sind im Portfolio. Produziert wird auf modernen Anlagen, bei denen Druckluft eine wichtige Rolle spielt. „Bei unseren Batch- und Conti-Prozessen werden mehr als 85 % der Aktoren pneumatisch angesteuert“, berichtet Johannes Sommer, Head of Instrumentation & Electrician bei Albemarle. Für die Druckluftverteilung sorgen zahlreiche Ventile, die aufgrund der baulichen Gegebenheiten am Standort möglichst wenig Platz beanspruchen dürfen, auch wenn prozessbedingt oft recht große Luftleistungen zu schalten sind.

Standardisierung erleichtert Montage und Dokumentation
Im Zuge von Modernisierungsmaßnahmen wollten die Verantwortlichen bei Albemarle auch die pneumatischen Steuereinheiten optimieren, zum einen um den zur Verfügung stehenden Einbauplatz bestmöglich auszunutzen, zum anderen aber auch um durch Standardisierung Montage und Dokumentation zu vereinfachen. Es lag nahe, beim langjährigen Ventillieferanten Bürkert Fluid Control Systems geeignete Lösungen anzufragen und hier wurden die Chemiespezialisten auch schnell fündig. Zunächst fiel die Wahl auf die kompakten Ventilinseln vom Typ 8640. Sie sind durch ihren konsequent modularen Aufbau bzgl. pneumatischer und elektrischer Schnittstellen zur Lösung vielfältiger und komplexer Steuerungsaufgaben geeignet. Durch Anreihung der Pneumatikmodule mit unterschiedlicher Ventilanzahl sind 2 bis 24 Ventilfunktionen auf einer Ventilinsel realisierbar. Die einzelnen Ventile lassen sich zudem während des laufenden Betriebs austauschen (Hot Swap) oder nachrüsten. „Heute haben wir diese Ventilinseln in unterschiedlichen Ausbaustufen immer griffbereit auf Lager. Sie sind kompakt und wir können sie überall, wo wir sie brauchen, unkompliziert montieren. Zudem erleichtert uns die Standardisierung die Dokumentation“, fährt Sommer fort.

Die Schränke sind vom Aufbau und von der Bestückung standardisiert, so dass sich die Planungszeit stark reduziert und die Instandhaltung und Ersatzteilhaltung optimiert sind. Sie eignen sich gleichzeitig für betriebliche Steuerungs- und Überwachungsfunktionen, sowie für die Ausführung in funktionaler Sicherheit. „Diesen Standard haben wir selbst entwickelt und aktuell noch einmal optimiert“, fährt Sommer fort. Zudem finden in den Schränken bei Bedarf zusätzliche Geräte Platz, die am jeweiligen Einsatzort benötigt werden.

Hohe Luftleistungen im Ex-Bereich
Die unterschiedlichen Produktionsprozesse benötigen teilweise leichtentzündliche oder explosive Medien. Prinzipiell lassen sich „normale“ Ventilinseln zwar außerhalb des Ex-Bereichs positionieren. Meistens ist das aber nicht praxisgerecht, denn die Druckluft muss dann in den Ex-Bereich transportiert werden. Je länger die Leitungen zu den Aktoren werden, desto mehr nimmt die Luftleistung ab. Auch hierfür konnte Bürkert Fluid Control Systems passende Lösungen anbieten: ATEX-zertifizierte Schaltschränke, deren Innenleben auf die jeweilige Applikation abgestimmt ist. Für Langelsheim konstruierte der Fluidikexperte zwei Schaltschränke mit Abmessungen von 800 x 1200 x 400 mm bzw. 500 x 1000 x 300 mm (B x H x T). „Damit haben wir jetzt zwei standardisierte Lösungen, die wir je nach benötigter Luftleistung direkt im Ex-Bereich und damit nahe an der Aktorik montieren können“, erläutert Sommer. „Von der Entwicklung bis zur Zertifizierung der Schaltschränke bekommen wir dafür alles aus einer Hand. Die kompletten Schränke sind mit einem Zertifikat abgedeckt.“ Für den Anwender entfällt dadurch ein Großteil an Dokumentation wie z.B. Eigensicherheitsnachweise, Kompatibilitätsbetrachtungen, Verdrahtungspläne und Erwärmungsmessung.

In den ATEX-Schaltschränken für Albemarle sind je nach benötigter pneumatischer Verschaltung 3/2- und 5/2-Wege Hubanker-Magnetventile platzsparend untergebracht. Die Ventilinseln Typ 8640 sind je nach Bedarf bestückt mit den Magnetventil Typen 6524 und 6525. Diese bestehen aus einem Vorsteuer-Flipper-Magnetventil und einem Pneumatiksitzventil. Das Flipper-Wirksystem erlaubt das Schalten hoher Drücke bei geringer Leistungsaufnahme und mit kurzen Schaltzeiten. Die Ventile sind lückenlos anreihbar und benötigen dadurch wenig Einbauplatz. Auch große Luftleistungen lassen sich dadurch in kompakten Abmessungen unterbringen. Nachträgliche Erweiterungen sind einfach zu realisieren und auch hier lassen sich Ventile dank der pneumatischen P-Absperrung im Ventilgrundblock bei Bedarf im laufenden Betrieb austauschen. Insgesamt sind heute elf ATEX-Schaltschränke am Standort Langelsheim im Einsatz, weitere sind derzeit geplant. „Wir werden auch in Zukunft mit Bürkert zusammenarbeiten, denn die Produktqualität und Flexibilität hat uns überzeugt“, so Sommer abschließend.

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