Magnetpumpen von ITT Richter im CIP-Kreislauf

28.08.2001

In Méry-sur-Oise im Norden von Paris steht die erste und weltweit größte Nanofiltrationsanlage zur Aufbereitung von Flusswasser. Die Anlage ist vollkommen automatisiert, auch der CIP (clean in place) Kreislauf zur Reinigung der Membranen kommt praktisch ohne manuelle Eingriffe aus. Den störungsfreien CIP-Betrieb gewährleisten u.a. 30 kunststoffausgekleidete Magnetkupplungspumpen zum Dosieren und Fördern der Chemikalien.

Die Wasserversorgung der französischen Bevölkerung liegt überwiegend in der Hand privater Unternehmen. Einen großen Teil des Marktes bedient das 1853 gegründete Unternehmen VIVENDI.

Im Norden von Paris versorgt das Syndicat des Eaux d'Ile de France (SEDIF) 39 Gemeinden (800 000 Einwohner) ab dessen Werk in Méry-sur-Oise. Um die Produktionskapazität des Werkes in Méry-sur-Oise zu steigern, hat das Syndicat des Eaux d'Ile de France beschlos-sen, sich einer Technik zuzuwenden, die man noch nie zur Flußwasseraufbereitung angewandt hat: die Nanofiltration. Dieses Projekt, welches zwischen 1996 und 1999 umgesetzt wurde, hat es dem Unternehmen VIVENDI ermöglicht, seine weltweite Führungsposition auf dem Trinkwassermarkt zu beweisen. Seit 1999 produziert das Werk in Méry-sur-Oise täglich 140 000 m3 Trinkwasser. Dies bedeutet eine Weltpremiere auf dem Gebiet der Trinkwasseraufbereitung. Außerdem ist dies die bedeutendste Membranfiltrationsanlage der Welt.

Wasserqualität bestimmt Aufbereitungs-Technologie

Der Standort ergab sich, weil die Kapazität der alten Anlage in Méry-sur-Oise aufgestockt werden musste. Darüber hinaus war eine effektivere Aufbereitungstechnologie erforderlich. Hintergrund ist die zunehmend schlechtere Qualität des Rohwassers aus der Oise. Die Belastung des Wassers mit organischen Bestandteilen (hoher TOC-Gehalt) sowie Pestiziden u.a. aus der Landwirtschaft steigt seit Jahren kontinuierlich an. 1998 musste die alte Aufberei-tungsanlage wegen eines zu hohen TOC-Gehaltes sogar kurzzeitig gestoppt werden.

Für eine solche problematische Wasseraufbereitung bieten sich Membranverfahren in idealer Weise an.

Grundsätzlich wird bei allen druckbetriebenen Membranfiltrationsverfahren (Mikrofiltration – Ultrafiltration – Nanofiltration – Umkehrosmose) das Wasser aufgrund einer transmembranen Druckdifferenz durch eine Membran gepresst. Die Membran hält dann im Idealfall alle unerwünschten Wasserinhaltsstoffe zurück. Welches Verfahren zum Einsatz kommt, hängt von der Art und der Größe der abzutrennenden Inhaltsstoffe ab.

VIVENDI entschied sich für die Nanofiltration. Bei diesen Membranen liegt die molekulare Trenngrenze der Membranen zwischen der einer Umkehrosmose- und einer Ultrafiltrationsmembran, d.h. zwischen 300 und 2000 Dalton. Nanofiltrations-Membranen tragen zudem meist eine elektrische Ladung, wodurch sich spezielle Trennprobleme lösen lassen, wie z.B. das Auftrennen gleich großer, aber unterschiedlich geladener Moleküle.

Die Entscheidung erwies sich als richtig, so der verantwortliche Projektleiter Arnaud Douve-neau: "Mit Hilfe der Nanofiltration erreicht unsere Anlage in Méry-sur-Oise schon heute die strengen Anforderungen der EU bezüglich der Qualität von Trinkwasser – und das mit einem deutlich geringeren Einsatz von Chemikalien als in herkömmlichen Anlagen."

Ähnlich gute Ergebnisse könnte allein die Umkehrosmose bieten, doch kommt die Nanofiltra-tion mit deutlich weniger Energie aus und ist somit erheblich preiswerter. Trotzdem ist die Nanofiltration keine billige Technologie; aber durch den Einsatz speziell entwickelter Membranen für nicht-salzhaltige Wässer ist der Durchsatz in Méry-sur-Oise deutlich höher als mit konventionellen Membranen und die Betreiber kommen mit einem geringeren Druck aus – beides senkt die Betriebskosten, wie Arnaud Douveneau betont.

Automatische CIP-Reinigung

Ein wesentlicher Faktor für den auch wirtschaftlichen Erfolg der Wasseraufbereitung ist die kontinuierliche Überwachung und Reinigung der Membranen. Dies erfolgt in Méry-sur-Oise in einem vollautomatischen CIP-Prozess: Jede Membran ist mit Druck-, Strömungs- und Leitfähigkeitssensoren ausgerüstet, der Zustand der Membranoberflächen wird somit rund um die Uhr überwacht. Im 8-Wochen-Rhythmus nimmt die Steuerung jede der acht Membranlinien aus der Produktion heraus und die Reinigung mit Hilfe von Säuren, Basen und Detergentien beginnt.

Zum Dosieren dieser Reinigungs-Chemikalien kommen leckagefreie kunststoffausgekleidete Magnetkupplungspumpen von ITT Richter zum Einsatz. Zwar sind die momentanen Investitionskosten von Magnetkupplungspumpen etwas höher als bei konventionellen Kreiselpumpen, doch die hohe Betriebssicherheit dieser leckagefreien Pumpen war den Betreibern wich-tiger. Ausserdem: Auf mittlere Sicht sind Magnetkupplungspumpen wirtschaftlicher, weil es keine zu wartenden Gleitringdichtungen und Sperrsysteme gibt und der Überwachungsauf-wand minimal ist. Douveneau: "In der vollautomatischen Wasseraufbereitung ist nur wenig Personal tätig; die Zuverlässigkeit der Pumpen muss deshalb langfristig gewährleistet sein." Die installierten Mag-netkupplungspumpen der Baureihe MNK bieten folgende Vorteile:

  • Sicherheit für Personal und Umwelt durch hermetische Dichtheit
  • geringe Betriebs- und Servicekosten
  • leichte Integration in den vollautomatischen CIP-Kreislauf.

Pumpen zum Fördern von korrosiven, toxischen oder anderweitig kritischen Medien unterliegen bezüglich Betriebssicherheit, Dichtheit zur Atmosphäre und Standzeit selbstverständlich besonders strengen Maßstäben – gerade im Umfeld einer Trinkwasseraufbereitung. Die ho-hen Anforderungen sind denn auch ein wichtiger Grund für viele Betreiber, wellendichtungslose Pumpen und speziell Magnetkupplungspumpen zu installieren. Die Abdichtung des Mediumraums zur Atmosphäre hin übernimmt bei den MNK-Pumpen ein metallfreier Doppelspalttopf aus CFK/PTFE. Mit Spalttopfversionen für Temperaturen bis 90, 150 und 180°C sowie für Stillstands-Vakuum wird sowohl den betrieblichen Erfordernissen wie auch dem In-vestitionsbudget Rechnung getragen. Bei weniger korrosiven Medien ist die Spalttopfvariante CFK/PP ausreichend.

Da die rotierenden Magnete im metallfreien Spalttopf keine Wirbelströme induzieren und somit auch keine Wärme produzieren, wird zum einen keine Antriebsenergie nutzlos durch Wärmeeintrag in das Fördermedium verschwendet. Als weiterer Vorteil kommt hinzu, dass auch Medien mit Temperaturen nahe am Verdampfungspunkt sicher gefördert werden. Bei besonders problematischen Medien kann der Doppelspalttopf per Sensor auf Dichtheit zur Atmosphäre überwacht werden.

Selbst im Falle eines antriebsseitigen Kugellagerschadens könnte ein eventuell taumelnder Antriebsrotor den Spalttopf nicht schädigen: der Rotor würde durch den Anlaufring im metallischen Lagerträger sicher aufgefangen. Näherungs-Initiatoren und weitere aufwendige Überwachungseinrichtungen für den Rundlauf des Antriebsrotors sind damit entbehrlich – abgesehen davon, dass diese sowieso erst reagieren, wenn ein Kugellagerschaden bereits eingetreten ist.

Ausschlaggebend für die Auftragsvergabe der CIP-Dosierpumpen an ITT Richter war neben den positiven Erfahrungen im alten Anlagenbereich hauptsächlich ein technisches Charakte-ristikum der MNK-Pumpen: Sie sind durch ein spezielles Gleitlagerkonzept ( “SAFEGLIDE“) trockenlaufgeeignet. Hintergrund: Das Personal will aus Sicherheitsgründen die CIP-Leitungen immer vollständig leeren, wozu die installierten Pumpen ab einem bestimmten Zeitpunkt kurzzeitig trocken laufen müssen. Die nachgewiesene Trockenlauffähigkeit der Richter-Pumpen wurde so zum entscheidenden Faktor.

Gleitlager: Trockenlauf ist nicht gleich Trockenlauf

Bei Magnetpumpen mit unbeschichteten SiC-Gleitlagern könnte allenfalls für einige Sekunden ein Trockenlauf akzeptiert werden – z.B. für eine Drehrichtungsprüfung, um festzustel-len, ob der Motor richtig angeschlossen wurde. Ein längerer Trockenlauf würde jedoch zu ei-nem sprunghaften Anstieg der Gleitlagertemperatur auf mehrere hundert Grad C und nachfolgenden Schäden in der Pumpe führen. Deutlich standfester sind die “SAFEGLIDE“ -Lager von ITT Richter: Die aus hochwertigem reinem Siliciumcarbid SiC gefertigten Lager besitzen zusätzlich eine nur wenige µm dicke, amorphe Kohlenstoff-Schicht, die ein diamantkristallartiges Gefüge annimmt.

Diese Beschichtung bewirkt eine Reduzierung des Reibwertes um 85%. Die Eigenschaften der Beschichtung sind beeindruckend:

  • chemisch universell beständig, nasschemisch nicht zu zerstören.
  • hoher Verschleißwiderstand
  • amorph, isotrop, gut haftend
  • hohe Härte (HV0,05 = 4000 bis 6000)
  • dabei trotzdem gute Elastizität
  • optimale Oberflächengüte
  • gute thermische Leitfähigkeit
  • thermisch beständig bis 300°C

“SAFEGLIDE“ vermeidet selbst bei minutenlangem Trockenlauf oder bei Mangelschmierung zuverlässig Schäden an der Pumpe. Statistische Auswertungen einer Vielzahl von Installationen zeigen, dass die Reparaturhäufigkeit von Magnetkupplungspumpen seit dem Einsatz von MNK-Aggregaten mit diesen Gleitlagern signifikant sinkt und die Verfügbarkeit der Pumpen sich entsprechend erhöht. In vielen Betrieben der chemisch-pharmazeutischen Industrie wur-de “SAFEGLIDE“ deshalb inzwischen als Standardausführung eingeführt.

Fazit

Mit der in Méry-sur-Oise installierten Technologie erfüllt VIVENDI die Auflagen des SEDIF bezüglich Versorgungssicherheit und Trinkwasserqualität. Arnaud Douveneau: "Mit dieser Anlage demonstrieren wir, was heute in der Trinkwasser-Technologie Stand der Tech-nik ist. Rund 800.000 Menschen in der Ile de France erhalten ein qualitativ besonders hochwertiges Trinkwasser, das zudem noch enthärtet ist." Solche Qualität hat natürlich ihren Preis: Rund 1 Milliarde Franc (150 Mio. Euro) kostete die Anlage. Doch die Vorteile sprechen für sich: Die Bürger erhalten ein Trinkwasser ohne Chlorgeschmack – und ein Weichwasser, das im Haushalt keine Kalkprobleme mehr bereitet (z.B. bleiben Geschirr und Sanitärinstallatio-nen von Kalk- rändern verschont).

Stichwort: Membranprozesse

Alle bekannten Lebensformen basieren auf der Trennung von Stoffen mit biologischen Membranen. Weil man davon ausgeht, dass die in der Natur vorkommenden Membranprozesse energetisch sparsam und effektiv sind, versucht die Forschung, die Vorgänge in der Natur zu verstehen und mit synthetischen Membranen in verfahrenstechnischen Prozessen umzusetzen.

Technische Membranen sind filigrane Gebilde, die im wesentlichen aus einem mehrlagigen Polymerfilm von der Gesamtdicke eines Haares (ca. 100 µm) bestehen, wobei die eigentli-che aktive Schicht nur ein Hundertstel dieser Dicke ausmacht. In der Praxis stehen heute Membranverfahren gleichrangig neben den klassischen Grundoperationen der thermischen Verfahrenstechnik, wie z.B. Destillation und Adsorption, und zeichnen sich durch ein enormes Zukunftspotential und eine hohe Entwicklungsgeschwindigkeit aus. Dabei reicht der Einsatz von der Rückgewinnung von Benzindämpfen über die Aufbereitung von Säuren und Laugen bis hin zur Entalkoholisierung von Bier. Auch die Brennstoffzelle basiert im wesentli-chen auf Membranprozessen. Einzelne Branchen wie die Lebensmittelindustrie, die Pharma-industrie und die Biotechnologie sind ohne Membranprozesse nicht mehr denkbar.

Über ITT Richter

ITT Richter Chemie-Technik, Kempen, ist fokussiert auf Pumpen, Armaturen sowie Mess- und Regelgeräte für korrosive und reine Medien. Herausragende Eigenschaft dieser Produkte ist die dickwandige Auskleidung aller mediumberührten Teile mit korrosionsbeständigen Hochleistungskunststoffen. Haupteinsatzgebiete sind die Verfahrenstechnik (Chemie, Pharma), Metallbearbeitung, Zellstoffproduktion, Gefahrstoff-Behandlung und andere Applikationen mit aggressiven Medien. Im Jahre 2000 erzielte ITT Richter mit 230 Mitarbeitern einen Umsatz von rund 60 Mio. DM.

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