Innovationen eröffnen neue Wege der Gebäude- und Anlagenplanung

17.06.2009

Einen hochkarätig besetzten Planerkongress veranstalteten der Dortmunder Pumpenspezialist WILO SE und der Energieversorger RWE Ende Mai 2009 in Bonn.

Innovationen eröffnen neue Wege der Gebäude- und Anlagenplanung

Einen hochkarätig besetzten Planerkongress veranstalteten der Dortmunder Pumpenspezialist WILO SE und der Energieversorger RWE Ende Mai 2009 im Maritim Hotel Bonn.

Die zweitägige Fachtagung stand im Zeichen neuer Lösungen für die integrierte Gebäude- und Anlagenplanung. Aktuell bietet das innovative Dezentrale Pumpensystem „Wilo-Geniax“ bisher nicht gekannte Potenziale bei Energieeffizienz und Komfort. Vor diesem Hintergrund informierten sich etwa 300 Architekten, Fachplaner und Energieberater über die neuesten Technologietrends und Planungsansätze. Als Referenten konnten die Veranstalter namhafte Vertreter unter anderem aus Baupraxis und Wissenschaft gewinnen.

Mit Innovation zu mehr Energieeffizienz

„Knapper werdende Ressourcen und steigende Umweltschutzanforderungen sind eine schwerwiegende Herausforderung für Politik, Industrie und Verbraucher. Sie bieten aber auch neue Chancen für innovative Technologien, die die Effizienz steigern und Umweltbelastungen senken.“ Unter dieser Prämisse verwies Prof. Dr.-Ing. habil. Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer Gesellschaft und Aufsichtsratsmitglied der WILO SE, auf den Innovationsstandort Deutschland, der eine Vielzahl zukunftsweisender Technologien der Energieerzeugung und -nutzung hervorgebracht habe. Besonders die intelligente Gebäudetechnik berge erhebliche Energiesparpotenziale, gerade im Bereich der Heiz- und Klimatechnik. Vor allem im Gebäudebestand sei eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz erforderlich, um die Einsparziele zu erreichen.

Vom Umlaufbeschleuniger zum Systemanbieter

Den stetig gestiegenen Stellenwert der Pumpentechnologie für die Energieeffizienz von Gebäuden hob Peter Stamm, Vertriebsleiter Deutschland der WILO SE hervor. Der Hersteller gilt als Innovationsführer im Pumpenbereich und hat in den vergangenen Jahrzehnten etliche Meilensteine in der Gebäudetechnik gesetzt. Hierzu zählen wegweisende Produktentwicklungen vom ersten Umlaufbeschleuniger (1928) bis zur ersten Hocheffizienzpumpe der Energieeffizienzklasse A für Heizung, Klima und Kälteanwendungen (2001). Letztere ermögliche – so Wilo-Vertriebsleiter Stamm – Stromeinsparungen von bis zu 93% gegenüber alten ungeregelten Standardpumpen, und dies bei überschaubaren Investitionskosten und kurzen Amortisationszeiten. Das habe beispielsweise ein wissenschaftlich begleitetes Austauschprojekt im Maritim Airport Hotel Hannover gezeigt. Damit sei allerdings das technisch Machbare – bezogen auf die Einsparpotenziale bei der Pumpe selbst – weitgehend ausgereizt.

Vor diesem Hintergrund sei den Wilo-Entwicklern vor einigen Jahren klar gewesen, dass der Weg zu noch mehr Effizienz und Energieeinsparung durch Pumpentechnologie nur über einen anderen Systemaufbau der Heizung selbst führen kann. Seither wurde die bahnbrechende Systemidee eines Dezentralen Pumpensystems mit sehr ambitioniertem Forschungsaufwand und in enger Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Instituten zur Marktreife gebracht. Mit dem zur ISH 2009 erstmals präsentierten Dezentralen Pumpensystem „Wilo-Geniax“ tritt Wilo – wie Stamm betonte – jetzt erstmals als Systemanbieter im Heizungsbereich auf.

Von der optimierten Hydraulik zur Energieeinsparung

Prof. Dr.-Ing. Rainer Hirschberg, Professor für technischen Ausbau und ressourcenschonendes Bauen im Fachbereich Architektur der FH Aachen, bezeichnete das neue Dezentrale Pumpensystem als „revolutionäre Idee für optimale Anlagenhydraulik, maximalen Heizkomfort und reduzierten Heizenergieverbrauch“. Er verdeutlichte die wichtigsten hydraulischen Unterschiede zwischen dem Standardsystem mit zentraler Pumpe und dem neuen Dezentralen Pumpensystem, das sich durch ein bedarfsgeführtes Heizwasserangebot auszeichnet. Während im konventionellen Systemaufbau die Heizwasserregelung über Drosselventile – mit entsprechenden Energieverlusten – vorgenommen wird, erfolge sie im Dezentralen Pumpensystem individuell raumbedarfsabhängig über die Drehzahlregelung der Pumpe direkt am Heizkörper.

Als einen zentralen Schlüssel zu mehr Heizkomfort und Energieeffizienz bezeichnete Prof. Hirschberg zudem den Entfall des manuellen hydraulischen Abgleichs: „Konventionelle Heizungssysteme sind oftmals nicht hydraulisch abgeglichen. Hydraulische Mängel in Heizungsanlagen führen aber insbesondere in mehrstöckigen Gebäuden zu ungleichmäßiger Wärmeverteilung.“ In der Praxis werde häufig versucht, dies durch überdimensionierte Pumpen oder durch die Anhebung der Vorlauftemperatur zu kompensieren, beides führe aber zu überhöhtem Energieverbrauch. Beim Dezentralen Pumpensystem erfolge der hydraulische Abgleich demgegenüber automatisch, so dass jede Heizfläche präzise und energieeffizient mit der benötigten Wassermenge für optimale Behaglichkeit versorgt wird.

Von der Angebots- zur Bedarfsheizung

Eine detaillierte technische Beschreibung von „Wilo-Geniax“ gab Dr. Thorsten Kettner, der für die Entwicklung und Markteinführung des neuen Dezentralen Pumpensystems verantwortliche Projektleiter bei der WILO SE. Es setzt auf Miniaturpumpen an den Heizflächen anstelle der Ventile. Eine zentrale Steuereinheit erkennt den Wärmebedarf der einzelnen Räume und versorgt die Heizkörper individuell mit Hilfe der „Geniax“-Pumpen. „Die herkömmliche ‚Angebotsheizung’ mit einer zentralen Heizungspumpe wird so durch eine ‚Bedarfsheizung’ abgelöst – gepumpt wird nur, wenn Wärme benötigt wird“, betonte Dr. Kettner. Das Dezentrale Pumpensystem erreicht im Durchschnitt rund 20% Heizenergieeinsparung gegenüber konventionellen Systemen mit Thermostatventilen. Diese wird erzielt durch eine bedarfsorientierte Vorlauftemperatur des Wärmeerzeugers, die automatische Durchführung des hydraulischen Abgleichs, eine Reduzierung der Heizdauer und Vermeidung von Temperaturschwankungen sowie den Entfall von Drosselverlusten.

Kein Buch mit sieben Siegeln

„Einsatzbereiche von ‚Wilo-Geniax’ sind Neubauten und auch die Nachrüstung von Altbauten, das System kann sowohl in Ein- und Mehrfamilienhäusern als auch in Nutzimmobilien wie Bürogebäuden eingebaut werden“, umriss anschließend Andreas Rösing, Verkaufsleiter Innovative Systeme der WILO SE, das breite Anwendungsspektrum des Dezentralen Pumpensystems. Dabei unterscheide sich „Wilo-Geniax“ bei der hydraulischen Planung nicht von konventionellen Systemen. Auch die Elektroplanung könne entsprechend der gängigen Verlegeregeln nach dem allgemein bekannten Stand der Technik vorgenommen werden. Für die gebäudespezifische Konfiguration des „Wilo-Geniax“-Systems durch den SHK-Fachhandwerksbetrieb stellt Wilo eine Projektierungssoftware zur Verfügung. „‚Wilo-Geniax’ ist kein Buch mit sieben Siegeln, sondern erfordert lediglich das bei SHK-Fachplanern und -Fachhandwerksunternehmen ohnehin vorhandene Know-how“, betonte Rösing. Um die Kunden bei den ersten Projekten zu unterstützen, biete Wilo auf Wunsch die Projektierung und Inbetriebnahme durch den eigenen Werkskundendienst an.

Ganzheitliche Systembetrachtungen in der Gebäudeplanung

Mit dem Thema „GreenBuilding“ hatte Dipl.-Ing. Dieter Leipoldt, geschäftsführender Gesellschafter der Ebert-Ingenieure GmbH & Co. KG in Nürnberg, den Reigen hochkarätiger Referenten am ersten Tag eröffnet. Er hob hervor, dass Nachhaltigkeit unter einem ganzheitlichen Systemblickwinkel mehr als Energieeffizienz ist und dass die weitere Optimierung des Nutzerkomforts zu den zentralen Herausforderungen der Planungs- und Baupraxis zählt.

Vor welchen Herausforderungen Bauherren, Planer und Hersteller heute und in Zukunft im Hinblick auf das „GreenBuilding“ stehen, veranschaulichte er anhand erster bereits realisierter Praxisbeispiele. In diesem Zusammenhang stellte er die Relevanz einer ganzheitlichen Betrachtung von Gebäuden über deren gesamten Lebenszyklus von Planung über Bau und Betrieb bis hin zum Abbruch und der Entsorgung dar. Ziel sei eine vorausschauende Planung in Kombination mit einer Quantifizierung und Qualifizierung von Nachhaltigen Gebäuden über spezielle Bewertungsverfahren und Kriterien zur Schaffung von mehr Transparenz und einer neuen Wertigkeit im Immobilienbereich. Derartige Ansätze verfolgen beispielsweise auf internationaler Ebene die LEED-Zertifizierung des amerikanischen Green Building Council und das neue deutsche Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB). Faktoren wie nachhaltige Bauverfahren und -materialien rücken den Menschen in den Mittelpunkt und berücksichtigen Nutzerkomfort und Raumqualität. Wichtig sei in jedem Fall, dass die Bewertung einer Immobilie auch für den Eigentümer oder Mieter nachvollziehbar wird und sich über die Zertifizierung der Mehrwert und die erhöhte Qualität objektiv beurteilen lassen. „Die Bewertung von nachhaltigen Gebäudekonzepten über die Energieeffizienz hinaus und die Vergleichbarkeit wird in den nächsten Jahren insbesondere für die Vielzahl an sanierungsbedürftigen Gebäuden im Bestand ein essentielles Thema – eine neue Chance für den durchgängigen Einsatz innovativer Technologien“, schloss Leipoldt.

Energiebedarfswerte garantieren

„Noch nicht gelöste Fragen zu den Wechselwirkungen und der sinnvollen Kombination verschiedener baulicher und anlagentechnischer Komponenten und ihrer jeweiligen Nutzung werden bei umfassenden Modernisierungen heute meistens übergangen, bewusst oder in mangelnder Kenntnis der Zusammenhänge. Ihre Berücksichtigung ist aber erforderlich, wenn es darum geht, eine möglichst realistische Einsparprognose für umfassende Modernisierungsmaßnahmen abzugeben“, betonte Prof. Dr.-Ing. Dieter Wolff, Leiter des Instituts für energieoptimierte Systeme (EOS) an der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel. Durch eine Energieanalyse aus dem Verbrauch (E-A-V) könnten zukünftig Verluste sowohl des Gebäudes als auch der Anlagentechnik getrennt durch eine monatliche Energieerfassung detektiert werden. Wolff verwies auf viele Felduntersuchungen nach diesem Verfahren (z.B. DBU-Brennwertkessel und DBU-OPTIMUS), die überraschende, zukünftig zu hebende Einsparpotenziale aufgezeigt haben. Die Nutzung der Brennwerttechnik und auch von regenerativen Energien könne sich beispielsweise in vielen Fällen als unwirtschaftlich herausstellen, wenn diese Investitionen nicht mit einer sorgfältigen Auslegung der Wärmeerzeugung, -verteilung und -übergabe einhergehen und auf zusätzliche Maßnahmen wie Dämmung und Raumbelüftung abgestimmt seien. „Um vor der Modernisierung eines Gebäudes realistische Einsparprognosen zu erhalten, ist es erforderlich, alle Komponenten des Gebäudes und der Anlagentechnik in einem ganzheitlichen Systemzusammenhang zu analysieren“, so Prof. Wolff.

Effiziente Wärmegewinnung aus Tiefengeothermie

Den Nutzen geothermischer Energieversorgung sowie die Effizienz und Perspektiven der Tiefengeothermie als interessantes Konzept für die Wärmeversorgung von Wohnbauten verdeutlichte Prof. Dr. rer. nat. Rolf Bracke, Vorstandsvorsitzender des nordrhein-westfälischen Geothermiezentrums in Bochum. Er stellte verschiedene Projekte zur Nutzung und Erforschung der Tiefengeothermie in Deutschland vor. Die zentrale Wärmegewinnung für eine Heizzentrale durch Sondenfelder und die Versorgung ganzer Wohngebiete über ein angeschlossenes Nahwärmenetz stelle eine ernst zu nehmende Alternative zur dezentralen Versorgung mit einzelnen Wärmepumpen und Erdsonden dar. Langfristig könne die zentrale Wärmegewinnung aus tiefer gelegenen Bodenschichten sogar effizienter und wirtschaftlicher sein.

Chancen durch Energiegesetzgebung

Den Einfluss der nationalen und internationalen Energiegesetzgebung auf die Marktdurchdringung von Energieeffizienztechnologien beleuchtete Prof. Dr. Frank-Hendrik Wurm, Leiter Forschung und Entwicklung der WILO SE. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die weltweiten Anstrengungen, die Belastung der natürlichen Ressourcen zu reduzieren. Ein wichtiger Baustein sei die EU-weite Zielsetzung, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 % im Vergleich zum Jahr 1990 zu senken. „In vielen Studien wurde nachgewiesen, dass sowohl die Gebäudetechnik als auch die gesamte Pumpentechnik dieses Ziel maßgeblich unterstützen können“, so Prof. Wurm. Analysen zeigten beispielsweise, dass allein 12 % des gesamten Energieverbrauchs in der EU zum Antrieb der installierten Pumpen benötigt werden.

Um die Einsparpotenziale beispielsweise der modernen Pumpentechnologie konsequent ausschöpfen zu können, greifen zunehmend internationale und nationale Direktiven wie die Europäische Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD), die EU-Richtlinie 2005/32/EG („Energy using Products“, kurz „EuP-Richtlinie“) oder auch die aktuell novellierte Energieeinsparverordnung (EnEV) 2009. Hierdurch werde der Markterfolg technologisch exzellenter Produkte und Systeme gefördert, die Gesetzgeber leisteten damit einen wesentlichen Beitrag zur genannten „20-20“-Zielsetzung, so Prof. Wurm.

Darüber hinaus verwies er auf weitere Einsparchancen, die nochmals weit über die der technisch bereits sehr ausgereiften Einzelkomponenten wie der besonders stromsparenden Umwälzpumpen hinausgehen. Hierfür komme es darauf an, dass die Pumpentechnologie mit den übrigen Systemkomponenten optimal zusammenspiele. Vor diesem Hintergrund nehme Wilo mit dem Dezentralen Pumpensystem „Wilo-Geniax“ eine Vorreiterrolle ein, da hiermit erstmals der Gesamtenergieverbrauch der Heizung durch einen ganzheitlichen Systemansatz reduziert werde.

Innovative Konzepte für Energiedienstleistungen

Abgerundet wurde das zweitägige Programm durch weitere interessante Fachvorträge. So präsentierte Achim Südmeier, Vertriebsvorstand der RWE Rhein-Ruhr AG, mit „SmartHome“ ein innovatives Konzept für den Privatkundenmarkt zur Fernsteuerung intelligenter Haushaltsgeräte über zentrale Steuerungsgeräte, PC, Internet oder Mobiltelefon. Auch Schnittstellen zu Komponenten der Heizungsanlage wie der Pumpentechnik seien vorgesehen. Für den Geschäftskundenbereich warf er einen Blick auf den wachsenden Zukunftsmarkt Energiedienstleistungen und Facility Management. So werde dieser bis 2010 ein Volumen von 23 Mrd. Euro erreichen und sich damit im Vergleich zu 2007 fast verdoppelt haben. Darüber hinaus verwies Südmeier auf neue Kooperationsfelder zwischen Energiedienstleister und Planungsbüros. Letztere könnten beispielsweise im Rahmen von Contracting-Projekten mit der Durchführung von Effizienzuntersuchungen an Gebäuden oder der planerischen Begleitung beauftragt werden. In diesem Zusammenhang kündigte er die Gründung eines Planer-Netzwerkes für die gemeinsame Marktbearbeitung an.

Staatliche Förderprogramme als Chance

Stephan Kohler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (Berlin) stellte das integrierte Energie- und Klimaprogramm der Bundesregierung vor. Er erläuterte die Chancen und Herausforderungen, die sich hieraus für Architekten, Fachplaner und Energieberater ergeben. Ansatzpunkte seien unter anderem das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz, die ab Oktober 2009 geltende verschärfte Energieeinsparverordnung (EnEV 2009) und eine Reihe von Förderprogrammen zur energetischen Sanierung von Gebäuden.

Quelle: WILO SE

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